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Der aufrechte Soldat

Der aufrechte Soldat

Titel: Der aufrechte Soldat
Autoren: Brian W. Aldiss
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Preston in »Wake Island«, den ich fünfmal im Kasernenkino gesehen hatte, so hatte sie auch die Forderung meines Vaters übergangen, während des Abends keinen Alkohol zu trinken. »Der verdirbt doch nur die Party.« Nein, ich bitte Sie, das hat er wirklich nicht gesagt; ich mußte mir das eingebildet haben. Aber der arme alte Papa war genau die Sorte Mensch, von der man sich vorstellen konnte, daß sie so etwas sagte. Glücklicherweise hatte Mutters Gespür für günstige Gelegenheiten gesiegt; sie hatte sich an den Burschen in der Post herangemacht, der einem alles besorgen konnte, und sich zwei Flaschen Vorkriegssherry beschafft, den sie nun fröhlich in gallegrüne Gläser einschenkte, wobei sie eine Vielzahl launiger Bemerkungen über ihre Beschwipstheit von sich gab. Mr. Jeremy Church, ängstlich darauf bedacht klarzustellen, was für ein fröhlicher alter Knabe er war, hatte eine Flasche braunroten Burgunder mitgebracht.
    »Wir sehen uns später noch«, sagte ich über die Schulter zu Sylvia und verlieh den Worten so viel sexuelle Zweideutigkeit, wie sie transportieren konnten.
    Ich schenkte mir das Gespräch über die allgemeine Knappheit und das Heldentum und versuchte mit meinem aus anderen Gründen zerzausten Haar auszusehen, als sei ich gerade von Wake Island gekommen. Nachdem ich mir bei Church mit einem Minimum an Konversation einen Burgunder geholt hatte, ging ich weiter, um einen Blick auf Henrietta Crane zu werfen.
    »Das Rätsel« trug verschiedene Kleidungsstücke zwischen Bluse und Biskuitteig – Westen, Spenzer, Büstenhalter, wer weiß was noch alles; die Kriegsverhältnisse bescherten diesem Typ Mädchen eine prächtige Gelegenheit, jede Art von muffiger Kleidung anzuziehen, die ihre Mutter vor fünfzig Jahren bereits abgelegt hatte. Der Teigkloß, offenbar nicht entstaubt, stieg langsam auf und nieder, als steckte jemand Fremder darin: Ja, ich konnte mich dazu zwingen, erregt zu sein. Ich setzte meine sexuellen Emotionen in Marsch, indem ich mir teigähnliche Vulven vorstellte. Der Schwanz reagierte mit einem schwachen, lethargischen Zucken in seinem Schlaf wie ein alter Hund, dem ein alter Knochen angeboten wird.
    Henrietta trank zusammen mit ihrer Mutter den dunkelbraunen Rotwein. Sie schnitten Grimassen und flüsterten miteinander. Ich ließ mich auf einer Armlehne des Sofas neben ihr nieder – mehr um der A-Kompanie willen als aus irgendwelchen persönlichen Gründen. Sie zog ihren Ellbogen wiederholt weg, so daß er auch nicht durch einen Zufall mit meinem Hintern in Berührung kommen konnte.
    »Ich bin ja froh, daß du heute abend kommen konntest, Henrietta – und deine Mutter natürlich. Hattet ihr keine Schwierigkeiten, während der Verdunkelung herzufinden?«
    »Du hast also nur diesen Achtundvierzigstunden-Urlaub, Horatio, oder nicht?« Das kam von ihrer Mutter, nicht von ihr, wobei sie aufsah und mir ihre Zahnprothesen präsentierte.
    »Das stimmt. Achtundvierzig Stunden. Das Übliche.«
    »Es sind zwei ganze Tage.«
    Ich schien einige schnelle Berechnungen anzustellen und murmelte halblaut: »Dreißig, dreiunddreißig. Vierzig, achtundvierzig … Ja, das stimmt, genau zwei Tage, tatsächlich!« sagte ich mit einem so großen gemimten Erstaunen, wie ich es zustande bringen konnte.
    »Und wohin gehst du, wenn du wieder zur Armee zurückkehrst? Es ist doch die Armee?«
    »Zum ersten Bataillon, den Second Royal Mendip Borderers.«
    »Nun, das ist doch die Armee, nicht wahr? Und wo wirst du stationiert?«
    »Das ist ein militärisches Geheimnis, Mrs. Crane, das zu enthüllen ich unglücklicherweise nicht in der Lage bin.« Ein Militärgeheimnis, das sorgfältig vor mir abgeschirmt wurde, hätte ich hinzufügen können. Während wir uns unterhielten, sah Henrietta Crane ständig ihre Mutter und nicht mich an, wobei ihre fetten Lippen schimmerten, als sie von dem Burgunder trank. Es gab die vage Hoffnung, daß sie, wenn ich lange genug warte te (sagen wir fünf Tage), wütend wurde und alle ihre moralischen Prinzipien über den Haufen warf; wenn ihre sittlichen Grundsätze der Menge ihrer Unterkleidung entsprachen – ich war überzeugt, daß eine solche Beziehung existierte –, dann war die Hoffnung wirklich vage, und mehr als nur eine Flasche von Churchs Burgunder wäre nötig.
    »Wirst du dann auch gleich aktiv kämpfen?« erkundig te Mrs. Crane sich. Ihr schwacher mittelenglischer Akzent verlieh dem Wort »kämpfen« einen ganz eigenen Klang, während in ihrer Stimme die
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