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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers
Autoren: Deon Meyer
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Umarmung und freundlichen Worten
     im großen
Kraal
willkommen hieß, aber der schmerzerfüllt über die süßen grünen Ländereien auf der zerbrochenen Erde schaute. Der den Kopf
     schüttelte, weil niemand etwas unternahm, denn sie waren alle blind seinen Absichten gegenüber. Er hatte sie doch nicht
so
erschaffen.
    Langsam ging er den Abhang hinauf zum Haus, blieb wieder stehen und schaute sich um.
    Sein Land, so weit er sehen konnte. Ihm wurde klar, daß er es nicht mehr länger wollte. Die Farm hatte keinen Nutzen mehr
     für ihn. Er hatte sie für Miriam und Pakamile gekauft. Damals war sie ein Symbol gewesen, ein Traum, ein neues Leben – jetzt
     war sie nichts als ein Mühlstein, eine Erinnerung an all das Potential, das nicht mehr länger existierte. Was sollte man mit
     eigenem Grund und Boden, wenn man nichts hatte?

6
    Aus der Wohnung im zweiten Stock in Mouille Point konnte man das Meer sehen, wenn man im richtigen Winkel zum Fenster hinausschaute.
     Die Frau lag im Schlafzimmer und Detective Inspector Benny Griessel stand im Wohnzimmer und betrachtete die Fotos auf dem
     Piano, als der Mann von der Spurensicherung und der Polizeifotograf hereinkamen.
    |33| Der Spurensicherer sagte: »Großer Gott, Benny, siehst du furchtbar aus«, und er antwortete: »Schmeichelei bringt dir gar nichts.«
    »Was haben wir hier?«
    »Eine Frau in den Vierzigern. Mit dem Kabel des Wasserkochers erwürgt. Keine Einbruchsspuren.«
    »Klingt bekannt.«
    Griessel nickte. »Gleicher Tathergang.«
    »Die dritte.«
    »Die dritte«, bestätigte Griessel.
    »Scheiße.« Das hieß, es würde keine Fingerabdrücke geben. Alles wäre abgewischt.
    »Aber die hier ist noch nicht reif«, sagte der Fotograf.
    »Weil ihre Putzfrau am Samstag kommt. Die anderen haben wir erst montags gefunden.«
    »Also treibt er’s Freitagnacht.«
    »Sieht so aus.«
    Als sie sich an ihm vorbei ins Schlafzimmer quetschten, schnupperte der Spurensicherer theatralisch und sagte: »Aber irgendwas
     riecht übel.« Dann sagte er leise, freundlicher: »Du solltest mal duschen, Benny.«
    »Mach einfach deine verdammte Arbeit.«
    »Ich sag’s ja nur«, sagte er und ging ins Schlafzimmer. Griessel hörte das Klicken, mit dem die Koffer aufsprangen, und der
     Spurensicherer sagte zum Fotografen: »Das sind die einzigen Mädchen, die ich heutzutage nackig zu sehen kriege. Leichen.«
    »Wenigstens reden die nicht dazwischen«, war die Antwort.
    Griessel brauchte keine Dusche. Er brauchte einen Drink. Wo konnte er hin? Wo sollte er heute nacht schlafen? Wo seine Flasche
     verstecken? Wann würde er seine Kinder wiedersehen? Wie sollte er sich auf seine Arbeit konzentrieren? Es gab einen Schnapsladen
     in Sea Point, der in einer Stunde aufmachte.
    Sechs Monate, dich zwischen uns und dem Alkohol zu entscheiden.
    Was glaubte sie, wie er das schaffen sollte? Indem sie ihn |34| hinauswarf? Indem sie noch mehr Druck auf ihn ausübte? Indem sie ihn zur Hölle schickte?
    Wenn du trocken bleibst, kannst du zurückkehren, aber dies ist deine letzte Chance.
    Er durfte sie nicht verlieren, aber er konnte auch nicht trocken bleiben. Er war am Arsch, komplett am Arsch. Denn wenn er
     sie nicht hatte, würde er auch nicht aufhören können zu trinken – konnte sie das denn nicht verstehen?
    Sein Handy klingelte.
    »Griessel.«
    »Schon wieder eine, Benny?« Senior Superintendent Matt Joubert. Sein Boß.
    »Gleicher Tathergang«, sagte er.
    »Irgendwelche guten Nachrichten?«
    »Noch nicht. Er ist ganz schön clever, dieser Wichser.«
    »Halt mich auf dem laufenden.«
    »Mach ich.«
    »Benny?«
    »Ja, Matt?«
    »Alles in Ordnung?«
    Schweigen. Joubert konnte er nicht anlügen – zu viel gemeinsame Geschichte.
    »Komm und rede mit mir, Benny.«
    »Später. Erst mal muß ich hier fertig sein.«
    Ihm dämmerte, daß Joubert irgend etwas wußte. Hatte Anna …
    Sie meinte es ernst. Diesmal hatte sie sogar Matt Joubert angerufen.
     
    Er fuhr mit dem Motorrad nach Alice, um einen Mann zu besuchen, der Waffen noch von Hand fertigte. So wie es ihre Vorfahren
     getan hatten.
    Im Inneren des kleinen Gebäudes war es dämmrig, und als seine Augen sich an die Beleuchtung gewöhnt hatten, sah er die Assegais
     durch, die gebündelt in Dosen standen, Schaft nach unten, die glänzenden Klingen nach oben gerichtet.
    |35| »Was machen Sie mit so vielen?«
    »Sie sind für Menschen mit Tradition«, sagte der Graubart, die Hände beschäftigt damit, aus einem langen Ast einen Schaft
     zu formen.
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