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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers
Autoren: Deon Meyer
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sonntags
     sehen, wenn du willst. Du kannst an der Tür klopfen, und wenn du nach Alkohol riechst, schlage ich sie dir vor der Nase zu.
     Wenn du betrunken bist, brauchst du gar nicht erst herzukommen.«
    »Anna …« Er spürte Tränen in sich aufsteigen. Das konnte sie ihm nicht antun, sie wußte ja gar nicht, wie entsetzlich grausam
     das war.
    »Erspar’s mir, Benny, ich kenne all deine Tricks. Soll ich dir deine Koffer raustragen, oder machst du das selbst?«
    »Ich muß duschen, ich muß mich waschen, ich kann doch so nicht rausgehen.«
    »Dann trage ich sie eben selbst«, sagte sie und nahm in jede Hand einen Koffer.
     
    Auf der Polizeiwache herrschte eine leicht verzweifelte Atmosphäre. Akten lagen in unordentlichen Stapeln, die paar Möbel
     waren alt, und die überholten Plakate an den Wänden verkündeten hohle Versprechen von Verbrechensprävention. Ein Porträt von
     Mbeki in einem schmalen, billigen Rahmen hing schief. Die Fliesen auf dem Boden waren farblos grau. Ein kaputter Ventilator
     stand in einer Ecke, Staub sammelte sich auf dem Metallgitter vor den Flügeln.
    In der Luft lag der drückende Geruch des Versagens.
    Thobela saß auf einem stahlgrauen Stuhl mit graublauem |28| Bezug, an einer Ecke quoll Schaumstoff heraus. Der Detective stand mit dem Rücken zur Wand. Er schaute seitlich durch ein
     schmutziges Fenster auf den Parkplatz. Er hatte schmale, herunterhängende Schultern und graue Strähnen in seinem Bärtchen.
    »Ich gebe das weiter an die Polizeizentrale in der Provinzhauptstadt. Die speisen es in die nationale Datenbank ein. So läuft
     das.«
    »Eine Datenbank für Flüchtlinge?«
    »Kann man so sagen.«
    »Wie groß ist diese Datenbank?«
    »Groß.«
    »Und dann stehen ihre Namen einfach so im Computer?«
    Der Detective seufzte. »Nein, Mr. Mpayipheli – die Fotos, das Vorstrafenregister, die Namen und Adressen der Familien und
     Freunde gehören auch zur Akte. Das alles wird mitgeschickt und weitergegeben. Wir gehen der Sache nach, wenn wir können. Khoza
     hat Familie am Kap. Rampheles Mutter lebt hier in Umtata. Irgend jemand wird sie treffen und …«
    »Fahren Sie nach Kapstadt?«
    »Nein. Die Polizei am Kap wird die Untersuchungen weiterführen.«
    »Was heißt das, ›die Untersuchungen weiterführen‹?«
    »Jemand wird losgehen und fragen, ob Khozas Familie von ihm gehört hat, Mr. Mpayipheli.«
    »Und dann sagen die nein und nichts weiter passiert?«
    Wieder ein Seufzen, diesmal tiefer. »Es gibt Dinge, die Sie und ich nicht ändern können.«
    »Das haben die Schwarzen auch über die Apartheid gesagt.«
    »Ich glaube, da gibt es schon einen Unterschied.«
    »Sagen Sie mir einfach, wie stehen die Chancen, daß Sie die beiden erwischen?«
    Der Detective stieß sich langsam von der Wand ab. Er zog seinen Stuhl unter dem Schreibtisch hervor und setzte sich mit gefalteten
     Händen. Er sprach langsam, wie jemand, der sehr |29| erschöpft war. »Ich könnte Ihnen sagen, daß die Chancen gut stehen, aber Sie dürfen mich nicht falsch verstehen. Khoza ist
     vorbestraft – er war bereits im Gefängnis: achtzehn Monate wegen Einbruchs. Dann der bewaffnete Überfall an der Tankstelle,
     die Schüsse … und jetzt die Flucht. Das ist ein Muster. Eine Spirale. Leute wie er hören nicht auf; ihre Verbrechen werden
     bloß immer schlimmer. Deswegen stehen die Chancen gut. Ich kann nicht sagen, daß wir sie
jetzt
erwischen. Ich kann nicht sagen,
wann
wir sie erwischen. Aber wir
werden
sie kriegen, denn sie werden sich immer wieder Ärger einhandeln.«
    »Was glauben Sie, wie lange dauert das?«
    »Das kann ich nicht sagen.«
    »Schätzen Sie!«
    Der Detective schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Neun Monate? Ein Jahr?«
    »So lange kann ich nicht warten.«
    »Sie haben mein größtes Mitgefühl, Mr. Mpayipheli. Ich verstehe, wie es Ihnen geht. Aber Sie dürfen nicht vergessen, Sie sind
     nur ein Opfer von vielen. Sehen sie sich nur all diese Akten an! In jeder davon steckt ein Opfer. Und selbst wenn Sie losziehen
     und mit dem PC reden, macht das keinen Unterschied.«
    »Dem PC?«
    »Dem Provincial Commissioner, dem Polizeipräsidenten der Provinzhauptstadt.«
    »Ich will nicht mit dem Provincial Commissioner reden. Ich rede mit
Ihnen

    »Ich habe Ihnen gesagt, wie es ist.«
    Er deutete auf die Unterlagen auf dem Tisch und sagte leise: »Ich möchte eine Kopie der Akte.«
    Der Detective reagierte nicht sofort. Eine Stirnfalte bildete sich auf seiner Stirn. Er dachte über
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