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0289 - Kassandras Tiefseefluch

0289 - Kassandras Tiefseefluch

Titel: 0289 - Kassandras Tiefseefluch
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Erinnerungen durchfluteten sie. Hekate, in der sich die Macht aller Orthos-Götter versammelte, und die dennoch nicht in der Lage war, den Untergang der Stadt zu verhindern. Flammen über Troja. Klirren der Waffen, Kriegsgeschrei. Der Dhyarra-Kristall! Die Flucht auf dem Schiff des Ajax. Odysseus, der Listenreiche, von Dämonen besessen. Der gewaltige Rammstoß, der das Schiff des Lokrers traf. Und Zamorras triumphierender Blick, als das Schiff mit Kassandra in den Fluten versank…
    Der Racheschwur! Dann der Todesschlaf… Der Schlaf, der eine kleine Ewigkeit währte. Wie lange? Hundert Jahre? Tausend? Mehr? Kassandra vermochte es nicht zu sagen. Während sie in der Totenstarre lag, war der Ablauf der Zeit für sie nicht von Bedeutung. Und dann war der Ruf gekommen.
    Der Ruf der Gorgone…
    Stheno war es, die nach ihrer Schwester Euryale rief! Die dritte, Medusa, war einst vom Helden Perseus erschlagen worden. Stheno und Euryale, die beiden anderen schlangenhaarköpfigen Gorgonen, waren spurlos verschwunden. Doch jetzt rief Stheno nach Euryale. Und irgendwie berührte er auch die totschlafende Kassandra. Sie begann zu erwachen. Es währte seine Zeit. Daß Stheno von Zamorra vernichtet wurde, wußte Kassandra nicht. Es berührte sie auch nicht. Mit den Gorgonen hatte sie nichts zu schaffen. Aber sie wurde geweckt.
    Euryales Verbleib interessierte sie nicht. Sie fragte sich, ob Zamorra noch lebte, dem die Götter Unsterblichkeit gewährt haben mußten. Denn ihr zweites Gesicht hatte ihn ihr auch in fernster Zukunft gezeigt. Und damals hatte sie gewußt, daß sie ihn eines Tages in der Zukunft wiedersehen würde - tot oder lebend.
    Ihr Erwachen dauerte Wochen, Monate. Ihr suchender Geist durchforschte das auf dem Grund liegende Wrack des Lokrer-Schiffes. Ajax' Gebeine waren längst zerfallen. Aber der Dhyarra-Kristall konnte nicht zerfallen. Er währte ewig.
    Doch Kassandra fand ihn nicht.
    Der mächtige Kristall, um die die Götter gestritten hatten, war verschwunden!
    Dafür gab es nur eine Erklärung. Jemand war gekommen, während Kassandra schlief, und hatte ihn geraubt. Jemand, der gewußt haben mußte, daß sich der Dhyarra hier unten befand. Ein Mensch war gekommen… oder ein Gott? Denn normale Menschen vermochten zu Kassandras Zeit den Dhyarra-Kristall nicht zu berühren.
    Woher sollte sie wissen, daß das jetzt anders war? Nur eines war geblieben: Nur Menschen, deren Parakräfte stark ausgeprägt waren, vermochten einen Dhyarra zu bedienen. Aber diesen Dhyarra bezwangen nicht einmal die Götter.
    Dennoch war er fort.
    Kassandra wußte, daß sie ihn zurückbekommen mußte. Denn sonst wäre alles vergeblich gewesen. Der Kampf um Troja, Leid und Tod… längst war ihr Verstand vom Wahnsinn umlodert. Kassandra, die dämonische Seherin, begriff die Zusammenhänge nicht mehr. Sie begriff auch nicht, daß der Ablauf der langen Zeit alles verändert hatte.
    Auch sie! Sie, die Hekates Energien nicht verkraftet hatte, die darüber dem Wahnsinn verfallen war, war stärker geworden, und immer noch wuchs in ihr die Kraft. Sie erprobte sie. Sie erschuf ein Wesen, das unter Wasser zu leben vermochte, und sie sandte es aus, die Welt zu erkunden. Die Welt der Oberfläche! Und Kassandra vermochte zeitweise durch die Augen dieses Geschöpfes zu sehen, das durch ihre magische Kraft gigantische Größe erreichte. Das vielarmige Geschöpf trieb der Oberfläche des Wassers entgegen und schickte sich an, nicht nur zu erkunden, sondern auch das Grauen zu verbreiten.
    Denn noch vermochte Kassandra sich nicht selbst zu bewegen. Ihr Geist war wach, ihr Körper brauchte noch seine Zeit.
    Und ihrem Geist entflammte der Haß auf einen Mann, der Zamorra genannt wurde…
    ***
    Im Château Montagne dem prachtvollen Schloß an der Loire, das von Festungsmauern umgeben war wie eine Trutzburg, saßen sich Professor Zamorra und Ted Ewigk gegenüber. Der alte Diener Raffael hatte zwei Flaschen eines uralten, erlesenen Weines aus den unergründlichen Kellern geholt, und drei Menschen machten sich daran, diesem Wein langsam und genüßlich, aber sicher den Garaus zu machen. An goldgefaßten Pokalen nippten sie und erfreuten sich an dem edlen Tropfen, der älter war als Ted Ewigk.
    Der Geisterreporter, der über ParaFähigkeiten verfügte, lächelte Nicole Duval und Zamorra an. »Aus Troja kommst du, Zamorra? Aus der Vergangenheit? Erzähl mal - vielleicht läßt sich eine Story daraus machen. Nicht über deine Abenteuer, meine ich, sondern über
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