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Elantris

Elantris

Titel: Elantris
Autoren: Brandon Sanderson
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Elantris war wunderschön. Früher einmal. Man nannte es die Stadt der Götter: ein Ort voll Macht, strahlendem Glanz und Magie. Besucher wissen zu berichten, dass selbst die Steine in einem inneren Licht erstrahlten und die Stadt eigentümliche rätselhafte Wunder beherbergte. Nachts leuchtete Elantris wie ein gewaltiges silbernes Feuer, das man sogar noch von weit her sehen konnte.
    Doch so herrlich Elantris auch sein mochte, seine Bewohner übertrafen es noch: Mit ihrem glänzend weißen Haar und der beinahe metallisch silbernen Haut schienen die Elantrier genauso zu leuchten wie die Stadt selbst. In den Legenden heißt es, sie seien unsterblich gewesen, oder zumindest beinahe. Ihr Körper heilte schnell, und sie verfügten über ein großes Maß an Stärke, Klugheit und Schnelligkeit. Mit einem bloßen Wink konnten sie Zauber wirken. Die Menschen kamen aus ganz Opelon angereist, um von den Elantriern geheilt zu werden oder elantrische Speisen oder weisen Rat zu erhalten. Die Elantrier waren göttliche Wesen.
    Und jeder Mensch konnte zu einem Elantrier werden.
Man nannte es die Shaod. Die Verwandlung. Sie ereilte die Menschen willkürlich - gewöhnlich des Nachts, während der geheimnisvollen Stunden, in denen das Leben langsam zur Ruhe kommt. Die Shaod konnte einen Bettler, einen Handwerker, einen Adeligen oder einen Krieger treffen. Wenn sie sich ereignete, endete das Leben des Glücklichen und ein neues begann; er streifte seine alte, profane Existenz ab und zog nach Elantris. Elantris, wo er in Glückseligkeit leben, voll Weisheit herrschen und in Ewigkeit verehrt werden konnte.
Diese Ewigkeit ging vor zehn Jahren zu Ende.
Erster Teil – Elantris’ Schatten
     
Kapitel 1
    An jenem Morgen erwachte Prinz Raoden von Arelon früh, ohne sich auch nur im Geringsten bewusst zu sein, dass er bis in alle Ewigkeit verdammt war. Immer noch schlaftrunken setzte Raoden sich auf und blinzelte in das sanfte Morgenlicht. Durch die geöffneten Balkontüren konnte er in der Ferne die gewaltige Stadt Elantris sehen, deren kahle Mauern einen tiefen Schatten über die kleinere Stadt Kae warfen, in der Raoden lebte. Die Mauern von Elantris waren unglaublich hoch, doch Raoden konnte dennoch die Spitzen der schwarzen Türme erkennen, die sich dahinter erhoben und noch in ihrem Zustand der Zerstörung die niedergegangene Pracht erahnen ließen, die sich hinter den Mauern verbarg.
    Die verlassene Stadt wirkte dunkler als sonst. Raoden starrte sie einen Moment lang an, dann wandte er den Blick ab. Es war unmöglich, den riesigen elantrischen Mauern keinerlei Beachtung zu schenken. Trotzdem gaben sich die Einwohner von Kae alle Mühe, eben dies zu tun. Es schmerzte, an die ehemalige Schönheit der Stadt zu denken und sich zu fragen, wie sich der Segen der Shaod vor zehn Jahren in einen Fluch hatte verwandeln können ...
    Raoden schüttelte den Kopf und kletterte aus dem Bett. Es war ungewöhnlich warm für die frühe Stunde. Ihm war überhaupt nicht kühl, als er sich sein Gewand überwarf und anschließend zum Zeichen, dass er zu frühstücken wünschte, an der Dienstbotenklingel neben dem Bett zog.
    Auch das war eigenartig. Er war hungrig sehr hungrig. Beinahe heißhungrig. Bisher hatte er nie gern ausgiebig gefrühstückt, doch an diesem Morgen wartete er ungeduldig auf sein Essen. Letzten Endes entschloss er sich, jemanden zu schicken, der nachsehen sollte, warum das Ganze so lange dauerte.
»Ien?«, rief er durch die unbeleuchteten Gemächer.
    Keine Antwort. Die Abwesenheit des Seons veranlasste Raoden zu einem leichten Stirnrunzeln. Wo mochte Ien stecken?
Raoden entfernte sich vom Bett, wobei sein Blick erneut auf Elantris fiel. Im Schatten der gewaltigen Stadt wirkte Kae wie ein unbedeutendes Dorf. Elantris. Ein ungeheuerlicher Klotz wie aus Ebenholz; keine wirkliche Stadt mehr, sondern nur noch deren Leichnam. Ein leichter Schauder überlief Raoden.
Es klopfte an der Tür.
»Na endlich«, sagte Raoden und durchquerte das Zimmer, um die Tür zu öffnen. Draußen stand die alte Elao mit einem Tablett voll Obst und warmem Brot.
In dem Augenblick, als Raoden die Hände ausstreckte, um ihr das Tablett abzunehmen, entglitt es den Fingern des bestürzten Dienstmädchens und fiel polternd zu Boden. Raoden erstarrte, als das metallene Scheppern des Tabletts in dem morgendlich stillen Gang widerhallte.
»Gütiger Domi!«, flüsterte Elao, Entsetzen in den Augen, während ihre zitternde Hand den Korathianhänger an ihrem Hals
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