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Der Atem der Angst (German Edition)

Der Atem der Angst (German Edition)

Titel: Der Atem der Angst (German Edition)
Autoren: Alexa Hennig von Lange
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nicht.«
    Jens bewegte sich wieder zurück zur Säge. » Tut mir leid, Robert. Tut mir echt leid. Es war dumm von euch, dass ihr mich damals nicht gestoppt habt, als ich das Gewehr in die Hände bekommen habe. War ich denn nicht schon immer jemand, der sich nicht richtig im Griff hat? Ihr hättet euch und mich vor mir beschützen sollen.« Jens seufzte. » Dann wäre das alles nicht passiert.«
    Er schaltete die Säge an, das Band setzte sich in Bewegung. Er sah zu Robert hinüber, der noch immer keine Miene verzog, und brüllte: » Wenn du nicht willst, dass das Liebste, was du hast, stirbt, opfere dich!«
    Nun rührte Robert sich doch. Hilflos schaute er sich im ganzen Raum um, bis sein Blick auf Louis fiel und dort zur Ruhe kam. Er rief: » Ich liebe dich, mein Sohn.« Dann stieß er sich von dem Stuhl, auf dem er stand, ab und fiel in die Schlinge.
    » Nein!« Heidi sprang hinter dem Holzbalken hervor. » Robert! Nein!«
    Robert schwankte. Er versuchte, mit seinen Füßen Halt zu finden, den Stuhl am Kippen zu hindern, aber es gelang ihm nicht. Der Stuhl fiel nach hinten um. Die Säge kreischte. Jens griff sich eine Eisenstange und kam auf Heidi zu, die sofort ihre Waffe hochriss.
    Sie brüllte: » Bleib stehen!«
    Er kam noch näher.
    » Bleib stehen, habe ich gesagt! Oder ich schieße!«
    Heidi stand jetzt direkt vor Jens. Er hob die Eisenstange. Hinter ihm rotierte die Säge und zog den Baumstamm, auf dem Louis lag, immer näher an die Sägeblätter heran. Während ein paar Meter rechts von ihr Robert in der Schlinge zappelte. Was jetzt? Wen von den beiden sollte sie retten? Den Vater? Den Sohn? Warum, verdammt noch mal, hatte sie ihr Funkgerät ausgeschaltet?
    Sie nestelte an ihrer Jackentasche, um es hervorzuziehen, während sie mit der anderen Hand die Waffe hielt. Dieser Riese von Mann war noch fünf Schritte von ihr entfernt.
    Sie flüsterte: » Bleib stehen!«
    Er tat es nicht.
    Sie schoss!
    Das Funkgerät fiel herunter, in die Sägespäne. Jens umklammerte brüllend seinen Oberschenkel und wälzte sich am Boden. Heidi rannte hinüber zur Säge, schaltete sie ab. Louis blinzelte. Er blinzelte wie ein Neugeborenes fragend in den Raum. »Was ist? Wo bin ich? Mach mich los!« Hilflos wand sich Louis unter seinen Fesseln, die ihn am Baumstamm festhielten.
    Heidi rannte hinüber zu Robert und umklammerte seine Beine, um ihn hochzuheben. » Ich habe dich!«, rief sie. » Ich habe dich!«
    Heidis Arme zitterten vor Anstrengung. Über ihr röchelte Robert. Wie lange konnte sie ihn noch halten? Warum lag ihr Funkgerät jetzt da hinten in den Sägespänen? Dieser verdammte Henner sollte kommen!
    Robert hustete. Er versuchte, sich die Schlinge über den Kopf zu ziehen. Er röchelte und zappelte mit den Beinen. Warum machte er es Heidi jetzt noch schwerer? Sie konnte ihn sowieso kaum halten. Schließlich japste er: » Jens!«
    Heidi riss ihren Kopf herum. Wie ein Roboter, der nicht gestoppt werden konnte, robbte Jens über den Boden, hin zur Säge. Er wollte sie wieder anschalten. Da endlich hatte sich Robert befreit. Heidi ließ ihn herunter. Gerade als Jens die Hand am Schalter hatte, kam Henner durch die Tür gerannt und schoss ein weiteres Mal. Keuchend blieb Jens neben der Säge liegen. Sein schwerer Brustkorb hob und senkte sich. Heidi schaffte es nicht, ihren Blick von diesem Koloss zu lösen, als könne sie nicht glauben, dass es vorbei war. Erst als Henner ganz dicht neben ihr stand und liebevoll den Arm um sie legte, wurde sie etwas ruhiger.
    Von hinten kamen ihre Kollegen, die Robert halfen, Louis vom Baumstamm zu befreien und die beiden in wärmende Decken zu hüllen. Arm in Arm gingen sie an Heidi vorbei nach draußen, wo sie von Sanitätern versorgt wurden.
    Henner zog Heidi an sich, sodass sein langes Haar in ihrem Gesicht kitzelte. Er flüsterte anerkennend in ihr Ohr: »Du hast es geschafft.«

72 . EPILOG
    SIEBEN JAHRE SPÄTER
    LUKAS
    Die frühe Sommersonne drang durch die blau geblümten Vorhänge. Das Gezwitscher der Rotkehlchen, die draußen in den Bäumen mit ihren Flügeln schlugen, flatterte durch das angekippte Fenster ins morgendliche Kinderzimmer.
    Vorsichtig wurde die Zimmertür geöffnet. Eine junge Frau mit schulterlangem blondem Haar und wachen grünen Augen kam mit ihrem Mann auf Zehenspitzen ins Zimmer geschlichen. Maya und Louis blieben vor den Betten ihrer beiden schlafenden Zwillinge stehen und blickten zärtlich auf sie hinunter. Ihre beiden Jungs. Max und Bob. Heute feierten sie
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