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Der Anruf kam nach Mitternacht

Der Anruf kam nach Mitternacht

Titel: Der Anruf kam nach Mitternacht
Autoren: Tess Gerritsen
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man Eve Fontaine aufgefunden hat?«, fuhr Nick ihn an.
    Potter machte ein verbissenes Gesicht. »Nein, das will ich nicht hoffen!«
    »Was unternehmen Sie denn dagegen?«, schrie Nick.
    »Wir warten noch darauf, dass der Kerl, den Sie niedergeschlagen haben, endlich zu reden anfängt. Und wir untersuchen die andere Spur mit der Berkman-Gesellschaft.«
    »Durchsuchen Sie lieber das Gebäude.«
    »Das geht nicht. Wir benötigen van Dams Einverständnis, und im Moment ist er nicht zu erreichen.«
    Die Tür des Zimmers wurde plötzlich geöffnet, und Potter warf einen verärgerten Blick auf den eintretenden Tarasoff. »Sir«, sagte Tarasoff, »es gibt eine neue Entwicklung.«
    »Was denn nun schon wieder?«
    »Es kam soeben durch den Polizeifunk. Im Berkman-Gebäude gab es eine Schießerei.«
    Nick und Potter sahen einander an.
    »Eine Schießerei!«, wiederholte Nick. »Sarah ist …«
    »Wo ist van Dam?«, fuhr Potter dazwischen.
    »Ich weiß nicht, Sir. Er geht in seinem Zimmer immer noch nicht ans Telefon.«
    »Das reicht. Wir gehen, O’Hara.« Während die drei das Zimmer verließen, meinte Potter leise zu Nick: »Ich weiß nicht, warum ich meine Karriere für Sie aufs Spiel setze. Aber Sie haben Recht, wir müssen jetzt etwas unternehmen. Bis van Dam seine Einwilligung gibt, liegen wir alle längst im Krankenhaus.« Er warf Tarasoff einen scharfen Blick zu. »Diese Bemerkung war privater Natur, verstanden?«
    »Ja, Sir.«
    »Jetzt rufen Sie alle Kollegen über Funk zum Berkman-Gebäude.«
    »Soll ich versuchen, van Dam zu erreichen?«
    Potter zögerte, als er Nicks warnenden Blick bemerkte. »Nein«, antwortete er dann. »Im Moment wollen wir das als unser eigenes, kleines Geheimnis behalten.«
    Tarasoff sah seinen Vorgesetzten verwundert an, während er die Wagentür aufhielt. »Wie Sie wollen, Sir.«
    Nick rutschte auf den Rücksitz. »Wissen Sie, Potter«, sagte er, »Sie scheinen gar nicht so dumm zu sein, wie ich dachte.«
    Potter schüttelte finster den Kopf. »Vielleicht bin ich es doch, O’Hara«, erwiderte er. »Vielleicht bin ich es wirklich.«
    Mit einem dumpfen Aufprall landete Sarah auf dem Rücken.
    Verwundert stellte sie fest, dass sie noch am Leben war. Es kam ihr vor, als ob sie bereits Stunden um Luft ringend in der Dunkelheit lag. Der Kopf schwirrte ihr. Dann sah sie das Giebelfenster, und sie begriff, dass sie nur ein kurzes Stück heruntergefallen war. Jetzt lag sie auf einem anhängenden Dach.
    Kronens heftige Flüche brachten sie wieder zu sich.
    Er tauchte über ihr im Rahmen des zerborstenen Fensters auf. Schwankend kroch Sarah auf die Knie. Schwach zeichnete sich der Dachfirst gegen den Himmel ab. Die Morgendämmerung nahte, und es konnte nur Minuten dauern, bis sie auf ihrer Flucht über die Ziegel die beste Zielscheibe abgeben würde. Sie musste von diesem Dach verschwinden. Schleunigst. Schreie von der Straße her zeigten ihr an, dass man sie bereits entdeckt hatte.
    Vor ihr lag das nächste Dach, eine Fläche glatten Schiefers. Außer einem anderen Giebelfenster weiter oben und einer Antenne auf dem First konnte sie keinen Halt entdecken. Lediglich ein schmaler, geteerter Rand lief an dem Dach entlang. Sie würde es niemals hinauf schaffen.
    Ein loser Ziegel fiel scheppernd vom Dach und zerschellte auf dem Bürgersteig. Sie fuhr herum und sah Kronen, der aus dem zerbrochenen Fenster kletterte. Er war hinter ihr her.
    Im gleichen Augenblick fiel etwas klappernd über die Ziegel hinunter. Kronen fluchte. Seine Waffe war ihm entglitten und auf die Straße gestürzt. Er war jetzt im Begriff, sich auf das Dach rutschen zu lassen, auf dem sich Sarah befand.
    Zwischen Sarah und dem nächsten sicheren Dach lag nur der schmale Dachpappstreifen. Tränen traten ihr in die Augen. Wie durch einen Schleier entdeckte sie plötzlich ein schwarzes Kabel, das von der Antenne über das Dach herunterlief. Hoffentlich ist es stark genug, um Gewicht aushalten zu können, dachte sie verzweifelt.
    Sie griff nach dem Kabel und hangelte sich mühsam das Dach hinauf. Ihre Füße glitten aus, aber sie fing sich wieder. Mit letzter Kraft erreichte sie den First, als unter ihr ein Geräusch anzeigte, dass Kronen auf dem zweiten Dach angekommen war. Sein unflätiges Fluchen hallte von den Dächern wider.
    Sarah wagte nicht, sich umzudrehen. Ihre ganze Aufmerksamkeit war nach vorn gerichtet. Ihre Finger bluteten, ihre Füße waren aufgerissen und geschwollen. Die Antenne war noch einige Meter entfernt. Wenigstens
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