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Der Anruf kam nach Mitternacht

Der Anruf kam nach Mitternacht

Titel: Der Anruf kam nach Mitternacht
Autoren: Tess Gerritsen
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genannter Zerhacker zwischengeschaltet, um eine Überprüfung des Anschlusses unmöglich zu machen. Van Dam wurde von jemandem beherrscht, der keinen Namen und kein Gesicht besaß. Und doch war es ein angenehmes Arrangement. Er befand sich in Sicherheit. Er hatte sein Haus, sein Geld, musste seinen eleganten Lebensstil nicht aufgeben. Und das alles für ein paar Informationen …
    Jetzt allerdings entwickelten sich die Ereignisse viel zu schnell und auf eine sehr beunruhigende Weise, die er kaum noch kontrollieren konnte. Wenn das Schlimmste tatsächlich eintraf, würde er dann überhaupt noch die Zeit zur Flucht finden?
    Van Dam war so sehr in Gedanken versunken, dass ihm die Schritte im Korridor nicht auffielen. Das plötzliche Klopfen an seiner Tür ließ ihn herumfahren.
    »Ja?«
    »Lagebericht, Sir. Kann ich hereinkommen?«
    Van Dam atmete erleichtert auf und rief zur Tür: »Hören Sie, Tarasoff hat mich soeben deswegen angerufen. Falls keine neue Entwicklung vorliegt …«
    »Doch, Sir.«
    Instinktiv legte van Dam die Sperrkette vor die Tür, ehe er sie einen Spalt weit öffnete.
    Im selben Augenblick wurde die Tür aufgestoßen und krachte ihm ins Gesicht. Van Dam stolperte ins Zimmer zurück. Der Schmerz raubte ihm fast die Besinnung.
    Er bemühte sich, klar zu sehen. Ein Mann stand im Türrahmen neben der zersplitterten Kettenhalterung, ein Mann, der vollkommen schwarz angezogen war. Ein Mann, der eigentlich tot zu sein hatte. Van Dams umnebelter Blick nahm noch etwas anderes wahr … Er sah direkt in die runde Öffnung eines Schalldämpfers.
    Drei Kugeln schmetterten van Dam zu Boden.
    »Das war für Eve«, sagte der Mann.
    Sarah hockte zitternd und mit angezogenen Knien auf dem Fußboden. Vor Kälte klapperten ihr die Zähne. Der Raum war ungeheizt. Um sie herum war völlige Dunkelheit. Nur über ihr schimmerte das Mondlicht schwach durch eine winzige Dachluke. Wie spät mochte es sein? Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren.
    Sie wurde in einem großen Lagerraum im vierten Stock eines alten Gebäudes gefangen gehalten. Die einzige Fluchtmöglichkeit war die fest verriegelte Tür. In der Luft hing der Geruch von Kaffee.
    Sie zuckte zusammen, als sich Schritte näherten und in dem angrenzenden Raum verschwanden. Gleich darauf blitzte Licht durch die Ritzen der Tür. Zwei Männer waren nebenan, die sich leise auf Holländisch unterhielten. Der eine war Kronen, die andere Stimme sprach zu leise, als dass Sarah sie hätte erkennen können. Sie schrak verängstigt zusammen, als der Riegel vor der Tür zurückgestoßen wurde und grelles Licht sie blendete. Sie konnte nur zwei Silhouetten erkennen. Dann schaltete Kronen das Licht in ihrem Raum ein. Was sie jetzt sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren.
    Der über ihr stehende Mann hatte kein Gesicht.
    Seine Augen hatten keine Wimpern mehr, waren blass und leblos wie Stein. Doch als er seinen Blick langsam über Sarah gleiten ließ, regte sich doch so etwas wie Leben in seinem Gesicht. Plötzlich wurde ihr klar, dass sie eine Maske anstarrte, eine ausdruckslose, fleischfarbene Maske, die das ganze Gesicht bedeckte und nur die Augen und den Mund freiließ. Einige wenige weiße Haarbüschel bedeckten den fast kahlen Schädel. Um den Hals hatte der Mann einen grellroten Schal geschlungen.
    Der Blick seiner wimpernlosen Augen ruhte auf ihrem Gesicht. Noch ehe er sprach, wusste sie, wer vor ihr stand. Das war der Mann, den man Magus, den Zauberer nannte, der alte Mann, den Geoffrey hätte töten sollen.
    »Mrs. Simon Dance«, sagte er mit krächzender Stimme. Wahrscheinlich hatten auch seine Stimmbänder in dem Feuer Schaden genommen. »Stehen Sie auf, damit ich Sie besser sehen kann.«
    Sarah krümmte sich zusammen, als er ihr Handgelenk ergriff. »Ich wünschte, Sie würden mich in Ruhe lassen«, flüsterte sie. »Ich weiß nichts. Wirklich nichts.«
    »Weshalb haben Sie dann Washington verlassen?«
    »Es war der CIA. Man hat mir etwas vorgemacht …«
    »Für wen arbeiten Sie?«
    »Für niemanden!«
    »Warum sind Sie dann in Amsterdam?«
    »Weil ich Geoffrey – ich meine Simon – zu finden hoffte. Bitte, lassen Sie mich frei!«
    »Sie freilassen? Warum sollte ich?«, höhnte er.
    Sarah versagte die Stimme. Sie konnte den Mann nur anstarren, unfähig, sich ein Argument auszudenken, warum er sie gehen lassen sollte. Alle Bitten dieser Welt würden ihr nichts nützen. Er würde sie töten.
    »Wo ist Ihr Mann?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Sie haben Eve und
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