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Glaenzend

Glaenzend

Titel: Glaenzend
Autoren: Emma Green
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1. An ihrem Platz
    Die nächtlichen SMS meiner besten Freundin bedeuteten das Ende meines idyllischen Abends mit Gabriel. Auf leisen Sohlen habe ich das Schlafzimmer verlassen, um sie mit klarem Kopf noch einmal zu lesen, doch ich komme nicht zur Ruhe. Während mein Geliebter schläft wie ein Baby, beleuchte ich im Geiste Marions Nachrichten von allen Seiten. Die mysteriöse Verlobte ist also nicht bei der Geburt gestorben, wie ich gedacht hatte, sondern hat sich nach der Geburt ihres Sohnes umgebracht. Welche Frau würde so etwas tun? Als ob das noch nicht genug wäre, hat nun auch Silas etwas mit dieser morbiden Geschichte zu tun. Gabriels Bruder war Eleanors bester Freund, ihr Vertrauter, derjenige, dem sie noch geschrieben hat, bevor sie sich vor 13 Jahren umgebracht hat. Und derjenige, der mich bedroht und mir mein Leben seit Monaten zur Hölle macht. Ich hatte gedacht, er sei mein Freund, und nun entdecke ich ihn unter der Maske des geheimnisvollen Unbekannten, hinter dessen Geheimnis ich kommen wollte. Ich halte es keine Sekunde länger aus, ich muss ihn anrufen, um ihn zur Rede zu stellen. Hoffentlich hat Marion sich sofort aus dem Staub gemacht.
    „Du warst es, Silas.“
    „Endlich, Amandine! Ist dir jetzt klar, dass ich der Mann bin, den du brauchst?“
    „Vor allem ist mir jetzt klar, dass du ein mieses Dreckschwein bist!“
    „Das ist nichts Neues …“
    Bisher habe ich mich bemüht, im Flüsterton in das Telefon zu schreien, um Gabriel, der nebenan schläft, nicht aufzuwecken, doch nun beginne ich laut zu schreien:
    „Halt den Mund! Ich weiß, was du getan hast! Seit Monaten spielst du den sympathischen Typen, den zugänglicheren, netten und wunderbaren Zwillingsbruder, und jetzt stichst du mir ein Messer in den Rücken?! Botschaften, E-Mails, Fotos, grauenvolle Geschenke!“
    „Magst du die Beatles nicht?“
    „Ein blutbeflecktes Hochzeitskleid! Du bist ja krank im Kopf! Ich rufe jetzt die Polizei, das hätte ich schon vor langer Zeit tun sollen.“
    „Amandine, ich weiß, dass es schwierig zu glauben ist, aber ich habe es für dich getan. Du hörst nicht zu, du siehst nicht hin, ich möchte dir die Augen öffnen. Du weißt nicht, wo du hineingeraten bist.“
    „Offenbar in eine Familie von Verrückten. Ist dir bewusst, dass man das, was du getan hast, 'Morddrohung' nennt? Dass du dafür ins Gefängnis kommst?“
    „Nicht mit meinem Anwalt. Hör mir bitte zu: Ich liebe dich sehr, ich wollte dich nur warnen, dich dazu bringen, auf ihn zu verzichten. Du solltest ihm nicht zu nahe kommen.“
    „Kümmere dich lieber um dich selbst und dein krankes Hirn.“
    Ich presse das Telefon an mein brennend heißes Ohr und höre, wie Silas' Stimme am anderen Ende der Leitung bricht. Er räuspert sich und spricht schluchzend weiter.
    „Ich muss mich um Virgile kümmern. Jeden Tag, seit 13 Jahren. Und um die Erinnerung an Eleanor. Ich habe es ihr versprochen, das verstehst du nicht. Man bricht kein Versprechen, das man am Totenbett gegeben hat.“
    „Was zum Teufel hast du versprochen?“
    „Ich lege jetzt auf, Amandine. Es tut mir leid, dass ich dir Angst gemacht habe, ich werde es nie wieder tun. Jetzt bist du vorgewarnt. Du darfst nicht zulassen, dass Gabriel sich von seiner Vergangenheit abwendet.“
    „Sollte er das nicht eher selbst entscheiden?“
    Als einzige Antwort höre ich das Freizeichen. Meine Schläfen pochen. Silas hat einfach aufgelegt. Es muss etwa 4.00 Uhr morgens sein, ich laufe barfuß durch meinen neuen Salon und trage nur Gabriels weißes Hemd, das mir viel zu groß ist. Nur der Duft des zerknitterten Stoffes beruhigt mich ein wenig. Meine Augen haben sich langsam an die Dunkelheit gewöhnt, ich sehe mich um und betrachte das letzte Geschenk, das Gabriel mir gemacht hat. Ein Apartment nur für mich. Möbliert, dekoriert, bezahlt. Und noch dazu in meinem Lieblingsviertel.
    Ist er womöglich gerade dabei, mich zu kaufen? Ich muss mit ihm sprechen …
    Ich schleiche ins Schlafzimmer, schlüpfe unter die Decke und schmiege mich an den nackten, heißen Körper meines Geliebten. Er dreht mir den Rücken zu, ich weiß nicht, was ich ihm zuflüstern soll, um ihn aufzuwecken. Ich hauche ihm sanft ins Genick und küsse ihn zärtlich hinters Ohr. Er dreht sich langsam um, legt seinen muskulösen Arm um meine Schultern und drückt mich an sich. Ich lege meine Wange an seinen muskulösen Oberkörper und spüre, wie eine Träne seine und meine Haut benetzt. In seinem Halbschlaf merkt
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