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Der Angstmacher

Der Angstmacher

Titel: Der Angstmacher
Autoren: Jason Dark
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Konzentration. Ein beinahe böser Schatten lag auf dem Gesicht, und ihr Mund hatte sich verzerrt, weil die Lippen nach unten gebogen waren. Ellen Salier wunderte sich. Sie wollte ihre Tochter ansprechen, brachte es aber nicht fertig, denn etwas von dieser Melodie kam zu ihr rüber. Sie konnte nicht genau sagen, was es genau war, aber Ellen spürte einen Druck in der Brust.
    Sofort danach beschleunigte sich ihr Herzschlag, und das Gefühl einer bohrenden Angst breitete sich aus.
    Eine plötzliche Furcht, wie Ellen sie selten erlebt hatte. Eine Existenzangst, die an ihrer Seele schabte und ihr den Schweiß ausbrechen ließ.
    Sehr langsam nur hob sie den Kopf und starrte gegen die Harfe, deren Saiten ein regelrechtes Wellenmeer bildeten, grünlich schimmernd, gleichzeitig mit dunklen Schatten umgeben, die ein Gebilde nachzeichneten.
    So etwas wie ein Gesicht, mehr schon eine finstere Fratze, durch die Bewegungen der vibrierenden Saiten verzerrt, unkenntlich gemacht, dann wiederkehrend.
    Sally zupfte weiter. Sie befand sich in einem regelrechten Rausch, aus dem keine Flucht mehr gelang.
    »Aufhören! Aufhören!« Es waren Ellens Schreie, die durch den Raum gellten. Sie sprang aus dem Sessel hoch und deutete auf ihre Tochter.
    »Hör sofort auf, Sally!«
    Das Mädchen hörte nicht. Es zupfte weiter wie besessen. Ihre Hände zitterten, die Finger befanden sich in permanenter Bewegung, sie spielte keine Melodie mehr, denn jetzt hörte sich der weiche Klang der Harfe schon schrill an.
    Es war furchtbar, und das Gesicht zeigte sich auf den Saiten, als wollte das Böse aus dem Instrument hervorspringen.
    Statt dessen sprang Ellen Salerauf ihre Tochter zu. Sie schlug schwer die rechte Hand auf Sallys Schulter, schüttelte das Mädchen durch und brüllte es noch einmal an, endlich mit dem verdammten Spiel aufzuhören.
    Sally gehorchte.
    Urplötzlich sprangen ihre Finger von den Saiten weg, als wären diese heiß geworden. Sie ging selbst einen Schritt zurück, schaute in das entsetzte Gesicht der Mutter, deren Haut eine leichenblasse Farbe bekommen hatte. »Was… was ist denn?«
    Ellen Saler ließ sich Zeit mit der Antwort. Sie rang nach Luft. »Da… da fragst du noch?«
    »Ja, ich weiß nicht…«
    »Du hast gespielt.«
    Sally nickte. »Das sollte ich doch — oder?«
    Ellen mußte laut auflachen. Dabei deutete sie auf die Harfe. »Aber wie du gespielt hast, Mädchen, darauf kommt es mir doch an. Du… du warst einfach wie besessen…«
    Sally überlegte. »Besessen?« murmelte sie. »Ich… ich soll besessen gewesen sein?«
    »Genau so ist es.«
    »Ja«, sagte sie nach einer Weile des Nachdenkens. »Ich war tatsächlich wie in einem Rausch. Plötzlich kam es über mich. Ich konnte es nicht stoppen, ich mußte spielen. Mir war, als hätte ich einen Befehl bekommen, dem ich nicht widerstehen konnte.«
    »Das habe ich bemerkt«, erwiderte Ellen Saler mit einem skeptischen Blick auf die Harfe. »Das habe ich sogar sehr genau bemerkt, und ich kann mir nichts erklären. Du etwa?«
    Sally hob die Schultern.
    »Hast du das Gesicht nicht gesehen?«
    Sally staunte. »Welches Gesicht?«
    »Dort.« Ellen wies auf die Saiten. »Dort hat es sich abgezeichnet. Als sich die Saiten in Bewegung befanden, habe ich den Schatten entdeckt. Und er war ein Gesicht.«
    Sally versuchte zu lächeln, weil sie ihrer Mutter nicht glaubte. »Nein, das ist unmöglich. Wie sollte ein Gesicht…?«
    »Es war ein Gesicht, Mädchen!« Ellen holte tief Luft. »Ich habe mich nicht getäuscht!« Sie sah so aus, als wollte sie gegen das Instrument treten, zog das Bein aber noch zurück.
    »Ich hasse dieses Instrument. Ich hasse es jetzt schon. Es ist nicht normal!«
    »Nicht normal?« wiederholte Sally und hielt die Harfe mit beiden Händen fest. Sie demonstrierte damit, daß sie nicht mildem einverstanden war, was ihre Mutter vorhatte.
    »Ja, in ihr steckt etwas Böses!« Ellens Augen waren groß geworden, die Lippen schimmerten blaß. »Etwas sehr, sehr Böses«, wiederholte sie.
    »Ich habe für die Harfe nicht viel bezahlt. Jetzt weiß ich auch den Grund. Der Handler war froh gewesen, sie loszuwerden. Glaub mir Kind, darin wohnt der Teufel!«
    »Das kann doch nicht sein!« flüsterte Sally. »Du bist ja von allen guten Geistern verlassen, Mutter.«
    »Nein, Kind, nicht ich. Sie, deine Harfe, ist von den guten Geistern verlassen worden. Auf ihr lastete etwas Schreckliches. Ein Fluch oder der Bannstrahl der Hölle. Ich will dir etwas sagen.« Sie kam sehr nahe
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