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Der Abgrund

Titel: Der Abgrund
Autoren: David Baldacci
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eingezogenem Kopf im Auto und beobachtete, wie die Männer in ihre Wagen stiegen und wegfuhren. Sobald sie an ihm vorbei waren, erhob sich Cove, wartete noch einen Augenblick ab und folgte ihnen dann. Er zog sich die Skimütze tiefer über den frisch geschorenen Kopf. Keine Rastalocken mehr, aber er hatte beschlossen, dass es an der Zeit war, sich davon zu trennen. Die Fahrzeuge hielten ein Stück vor ihm an, und auch Cove blieb stehen. Als er sah, wie die Gruppe wieder ausstieg, holte er seine Nikon aus seinem Rucksack und machte ein paar Fotos. Dann legte er die Kamera weg, zog ein Nachtfernglas hervor und justierte es. Er nickte zufrieden, als er die Männer einen nach dem anderen musterte.
    Er atmete tief ein und noch einmal langsam aus. Er ließ sein bisheriges Leben vor seinem inneren Auge Revue passieren, während die Gruppe in einem Gebäude verschwand. Auf dem College war Cove eine größere und schnellere Version von Walter Payton gewesen, des Paradebeispiels des guten Amerikaners aus Oklahoma. Jedes Football-Team überschüttete ihn mit Bargeld und sonstigen Vergünstigungen. Zumindest so lange, bis Kreuzbandrisse in beiden Knien infolge eines bösen Sturzes während eines Demonstrationsspiels vor Scouts großer Vereine ihn von der überragenden Top-Position der garantierten Nummer eins auf die eines Mannes mit völlig normalen Fähigkeiten herabgestuft hatten, an dem kein NFL-Trainer interessiert war. Millionen potenzieller Dollars hatten sich von einem Moment auf den nächsten in Nichts aufgelöst, genauso wie das süße Leben, das er bis zu diesem Zeitpunkt genossen hatte. Er hatte ein paar Jahre lang Trübsal geblasen und nach Entschuldigungen und Mitleid gesucht, während er immer tiefer abgestürzt war, bis es nicht mehr tiefer ging. Dann hatte er sie gefunden. Seine Frau war ihm von Gott höchstpersönlich geschickt worden, davon war er stets überzeugt gewesen. Sie hatte seinen elenden, von Selbstmitleid zerfressenen Kadaver vor dem Ende gerettet. Mit ihrer Hilfe hatte er sich wieder aufgerichtet und sich den geheimen Traum erfüllt, eines Tages wirklich und wahrhaftig zum G-Man zu werden.
    In der Bundespolizei war er von einer Abteilung in die andere gesprungen. Zu jener Zeit waren die Chancen für Schwarze noch sehr begrenzt gewesen. Cove war in die Undercover-Arbeit der Drogenbekämpfung gedrängt worden, weil seine Vorgesetzten ihm unverblümt mitgeteilt hatten, dass die meisten der »bösen Jungs« Leute seiner Hautfarbe waren. Du gehst wie sie, du redest wie sie, und du siehst wie sie aus, hatten sie gesagt. Und dem konnte er nicht einmal widersprechen. Die Arbeit war gefährlich genug, um niemals langweilig zu werden. Randall Cove hatte Langeweile schon immer gehasst. Und er schnappte während eines Monats mehr Gauner als die meisten Agenten während ihrer gesamten Laufbahn, und es waren große Fische, die wahren Verdiener, nicht die Kleingeldsammler auf den Straßen, die ständig in der Gefahr lebten, als Drogentote zu enden. Mit seiner Frau hatte er zwei wunderbare Kinder, und er dachte ernsthaft daran, sich aus dieser Welt zu verabschieden, wenn er den Boden unter den Füßen oder Frau und Kinder verlor.
    Er schreckte hoch, als die Männer aus dem Gebäude kamen, in die Autos stiegen und losfuhren. Cove heftete sich ihnen wieder an die Fersen. Er hatte noch etwas anderes verloren, das er nie wieder zurückbekommen würde. Sechs Männer waren gestorben, weil er Mist gebaut hatte, weil man ihn wie einen blutigen Anfänger hereingelegt hatte. Sein Stolz war verletzt, und er ärgerte sich schwarz. Und Cove musste ständig an das siebente Mitglied des ausgelöschten Teams denken. Der Mann hatte überlebt, obwohl er eigentlich hätte tot sein müssen. Anscheinend wusste niemand, warum er überlebt hatte, obwohl das Spiel gerade erst begonnen hatte. Cove wollte dem Mann in die Augen sehen und ihn fragen: Wie kommt es, dass Sie noch atmen? Er hatte keinen Zugang zu Web Londons Akte, und wie es schien, würde er in absehbarer Zeit auch keinen dazu erhalten. Ja, Cove gehörte zum FBI, aber zweifellos war jeder davon überzeugt, dass er zum Verräter geworden war. Undercover-Agenten lebten schließlich ständig in nächster Nähe des Abgrundes, nicht wahr? Angeblich waren sie allesamt potenzielle Fälle für die Klapsmühle. Es war eine undankbare  Arbeit, die er all die Jahre geleistet hatte, aber das war in Ordnung, weil er sie für sich selbst gemacht hatte und nicht für irgendjemanden
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