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Der 8. Februar (German Edition)

Der 8. Februar (German Edition)

Titel: Der 8. Februar (German Edition)
Autoren: Jeron North
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ein neuer aus Liegnitz von einer Wach- und Schließgesellschaft jeden Nachmittag mit dem Bus zu uns. Er musste seine Karte mehrmals während der Nacht in die Stechuhr stecken und fuhr am folgenden Morgen zurück. Er war nicht der einzige Wachmann, sondern er wurde nach ein paar Monaten abgelöst. Es gab ein Rotationssystem, damit sich die Männer nicht zu sehr eingewöhnten.
       Meine Eltern kauften die Kleidung, wie schon erwähnt, in Breslau bei Brenninkmeier, einem sehr großen Kaufhaus, ein. Das Spannendste für mich waren jedoch die Rolltreppen und Fahrstühle. Ich fuhr allein herauf und herunter, bis ich ermahnt wurde. Papa suchte die Kleider für uns Kinder aus. Ruth bekam immer die mit roten Farben, ich mit blauen. Ursula war noch zu klein und als sie größer war, gab es nichts mehr zu kaufen und auch kein Kaufhaus mehr. Zu dieser Zeit hatten wir eine Hausschneiderin, Fräulein Käthel aus Liegnitz, die ein paar Wochen in unserem Haus in Heidau lebte und nähte. Sie war praktisch ein Familienmitglied. Käthel war nicht verheiratet, schon etwas älter und hatte nur noch eine Mutter in Liegnitz.
       Als Kinder hatten wir wunderschöne Holzbaukästen, Puppen, Puppenwagen, ein Postspiel mit vielen Karten und Briefen mit Umschlägen. Aus dem Büro holte ich mir noch alte Vordrucke und die gummierten Umrandungen der Briefmarkenbögen, das Spiel wurde so authentischer. Ein Kasperle-Theater war sehr beliebt, wobei Papa oft der Puppenspieler war und aus Textbüchern spielte.
    „Kasper, ich komm dich holen,“ sagte der Teufel und der Kasper fragte zurück:
    „Was kommst du, nach Kohlen?“
    In Glockschütz war die Laterna Magica etwas Besonderes. Man konnte mit ihr Streifen, ähnlich den Dias, an die Wand projezieren und eine ganze Geschichten sehen. Wir sahen uns Märchen an, vielleicht auch erste Walt Disney-Geschichten. Etwa um 1938 bekamen wir in Heidau einen Filmprojektor, der aber nur von Papa an Sonn- und Feiertagen bedient wurde. Es gab leider auch nur acht verschiedene Filme. Papa sammelte an manchen Sonntagen ein paar Kinder nach der Kirche ein, brachte sie mit nach Hause und es gab eine Filmvorführung für uns alle. In Heidau gab es kein Kino und so hatten wir unseren Spaß eben zu Hause. Der letzte Film, den es gab, hieß „Der Führer auf dem Ober-Salzberg.“ Papa hatte ihn kaufen müssen, er war Geschäftsmann und es ging einfach nicht ohne. Der Film wurde in einem Regal im Büro aufbewahrt. Andere Geschäftsleute machten es genauso, denn der Schein musste gewahrt werden.
       Von Heidau aus gingen wir sonntags ohne Eltern in die Kindervorstellung um vierzehn Uhr nach Parchwitz. Manchmal nahmen wir auch die Räder, denn es gab ja sehr wenig Verkehr und wir waren sicher.
       Mein erstes Fahrzeug war aber ein blauer Wipproller, der am besten lief, wenn man mit etwas Anlauf aufsprang und zu wippen begann. Man musste mt dem hinteren Fuß immer wieder auf ein Pedal treten. Er hat mir viel Freude gemacht und nach kurzer Lernphase wurde ich richtig gut darauf, fiel aber trotzdem manchmal hin. Meistens versteckte Großmutter Pauline meinen Wipproller, wenn meine Knie aufgeschlagen waren. Einmal fand ich ihn nach Tagen in der Räucherkammer auf dem Dachboden wieder. Kaum waren die Wunden verheilt, kam der Roller wieder zum Einsatz. 
       Mit fünf Jahren bekam ich Ruths Mädchenfahrrad und lernte in unserem Hof fahren, indem ich immer um den von einer Mauer umgebenen Misthaufen herumfuhr. Ruth bekam ein neues Rad, sie war ja auch schon zehn Jahre alt, und behielt es für die folgenden Jahre. Unsere Eltern hatten auch Räder und im Sommer fuhren wir zusammen auf Straßen und Feldwegen, was mir immer viel Spaß bereitete, besonders weil ich zeigen konnte, wie gut ich schon fuhr.
    Selbst Großmutter Pauline hatte eines und fuhr damit jeden Freitag nach Parchwitz zum Einkaufen. Sie brachte dann neue Zeitungen und Illustrierte für Papa und sich selbst mit. Ich weiß nicht, warum sie die Illustrierten jahrgangsweise zu dicken Büchern binden ließ. Wer krank war, bekam auf Anforderung ein solches Buch und wir Kinder malten die Titelseiten mit Kopierpapier ab und übertrugen sie dann auf Zeichenpapier, wonach sie mit Buntstiften ausgemalt wurden. Oft waren es Porträts der Filmdiven. Durchpausen wurde uns von Großmutter verboten, die Bücher mussten sauber bleiben und durften nicht beschädigt werden.  

    Pauline
     
     

3. Die Schule und das Schaukelpferd
     
       Im Sommer 1939 wurde Papa von
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