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Der 8. Februar (German Edition)

Der 8. Februar (German Edition)

Titel: Der 8. Februar (German Edition)
Autoren: Jeron North
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der Wehrmacht einberufen und machte eine mehrwöchige Grundausbildung. Er hatte keine Wahl, es war allgemeine Pflicht. Im September fing der Krieg an und er nahm dann am Polenfeldzug als Fahrer eines Hauptmannes teil. Unser Opel Admiral wurde von der Wehrmacht beschlagnahmt und in Feldgrau umlackiert. Papa musste praktisch im eigenen Auto an die Front fahren, was ihm natürlich überhaupt nicht gefiel, eine Entschädigung für das Auto gab es nicht. Er kam nach zwei Wochen unverletzt zurück und ohne einen Schuss abgefeuert zu haben. Allerdings behielt man das Auto weiterhin ein, doch Papa wurde freigestellt, denn die Gerberei wurde zum kriegsunterstützenden Betrieb ernannt und er musste Kaninchenfelle gerben, die dann für Pelz- und Lederjacken der Bodentruppen der Luftwaffe verwendet wurden.
       Der Opel blieb im Besitz des Hauptmannes, der einen neuen Fahrer erhielt und in Frankreich zum Einsatz kam. Dort fuhr er auf eine Mine, wobei es keine Überlebenden gab.
    Alle männlichen Arbeiter wurden eingezogen, und Papa stellte polnischen Arbeiter ein, die freiwillig nach Deutschland kamen und Arbeit suchten. Sie fanden Beschäftigung in den Fabriken und in der Landwirtschaft. Papa behandelte sie immer gut und ließ sogar ihre Familien nachkommen. Schnell wurden mehrere Häuser auf unserem Grundstück errichtet und so neuer Wohnraum für sie geschaffen. Insgesamt arbeiteten einhundertachtzig Menschen in der Fabrik. Wir hatten auch Ziegen, was den Vorteil hatte, dass deren Milch nicht abgegeben werden musste. Ab dem ersten Kriegsjahr bekamen die polnischen Familien die Ziegenmilch. Die Frauen versorgten auch viele Kaninchen in den Ställen neben den Häusern.

    Die Maiwalds 1942
     
       Nach Ostern 1940 ging ich zur Schule und ich erinnere mich noch gut an den ersten Tag. Ich war aufgeregt! Der Weg war nicht sehr lang und Mama brachte mich hin. Danach übernahm Großmutter Pauline diese Aufgabe. Ich wollte nicht allein gehen; denn Ruths Unterricht begann früher und ich kannte kein anderes Kind in meinem Alter aus unserer Straße. Da kam zum Glück Gisel Just ins Spiel. Gesehen hatte ich sie schon einmal bei uns zu Hause, als sie mit ihrem Vater mitkam und sie Papa fragte:  
    „Gestatten Sie, dass ich einmal auf dem Schaukelpferd reite?“
    Ich war völlig überrascht von soviel Höflichkeit dieses Mädchens. Justs waren die Pächter des Gutshofes Pirl in der Nähe und an diesem Tag wurden Gisel und ich die besten Freundinnen.
    Ich machte meine Schulaufgaben immer am großen Tisch in Papas Büro und wenn ich fertig war, versuchte ich manchmal noch verschiedene Schriftarten nachzumachen, die ich in Zeitschriften fand. Mit dem Bleistift ging es nicht ganz so gut, wie ich wollte, aber am Schluss war ich zufrieden. Einmal bekam ich Federn und Tusche von Herrn Schulze aus Leipzig geschenkt. Da fühlte ich mich zum ersten Mal erwachsen oder zumindest wie ein Teenager, was für mich damals ziemlich das gleiche war. Einen Füllfederhalter hatte ich noch nicht, konnte es aber kaum erwarten, einen zu bekommen. Papa sagte, ich wäre noch zu klein dafür.
       Nur im tiefsten Winter spielten wir im Haus, ansonsten war das ganze Dorf seit Beginn meiner Schulzeit unser Spielplatz. Vorher waren die Spiele auf den Hof beschränkt, ich durfte aber auch im Garten meine kleine Welt aufbauen. Die Rasenbeete waren mit weißen Steinen eingefasst und die Kieswege so schön angelegt, dass ich dort mit meinem Puppenwagen spielen konnte. Außerdem gab es dort noch eine Schaukel aus grünen Rohren mit einem Holzsitz.
       Die pfiffige Gisel kam in der ersten Woche mit einem kleinen Hut zur Schule, doch danach ließ sie ihn zu Hause, vielleicht weil er ihr zu brav war. Wir hatten keine Uniformen und jeder wurde gekleidet, wie es sich die Eltern vorstellten und auch leisten konnten. Vom ersten Tag an saßen wir auf einer Bank nebeneinander und wurden bald unzertrennlich. Anderen fiel es auch auf, unserem Lehrer Lange zum Beispiel, der uns Max und Moritz nannte, wobei nie herauskam, wer von uns der Max und wer der Moritz war. Max und Moritz sind zwei Figuren, die von Wilhelm Busch erfunden wurden. Herr Lange war leider nur ein Jahr bei uns, weil er dann eingezogen wurde. Unsere Streiche waren nicht verabredet, sie müssen wohl mehr oder weniger unbewusst gewesen sein. Wir verstanden uns blind und konnten uns immer auf den anderen verlassen. Tatsächlich Schlimmes richteten wir nicht an, außer dass ich einmal eine Tracht Prügel von
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