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Der 8. Februar (German Edition)

Der 8. Februar (German Edition)

Titel: Der 8. Februar (German Edition)
Autoren: Jeron North
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Mama bekam, weil wir auf dem Nachhauseweg Erna Sekulsky geärgert hatten. Erna war ein Einzelkind und die Tochter einer Angestellten meines Vaters. Gisel und ich liefen hinter ihr her und drehten am Schloss ihres Schulranzens herum, was sie ärgerte. Daraufhin drehten wir noch mehr daran, bis sie schließlich weinend nach Hause rannte. Natürlich erzählte sie es sofort ihrer Mutter, die es am nächsten Tag Mama sagte. Mama verhaute mich dann ohne große Diskussion und Umschweife. Gisel hatte Glück und von zu Hause nichts abbekommen, es war nichts zu ihren Eltern durchgedrungen. Noch ein anderes Mal habe ich mir Mamas Ärger zugezogen und wieder den Hintern versohlt bekommen. Da bin ich mit einer Herde Kindern nicht etwa in unsere Erdbeeren gegangen, sondern über den Zaun geklettert, um bei Jungfers die besten Erdbeeren zu essen. Dabei hatte uns das Hausmädchen Maria gesehen und es Mama haargenau erzählt. Für mich war der Nachmittag vorbei, ich hatte wirklich einen so blauen Hintern, dass sogar Großmutter Pauline zu Mama sagte:  
    „Aber Klara, musste das sein?“
       Wir Schulkinder wurden von den Lehrern angehalten, alles noch Verwertbare zu sammeln und mit zur Schule zu bringen. Dort gab es einen Raum, in dem so einiges bis zur Abholung gelagert wurde, nämlich Papier, Lumpen, Metall und sogar Tierknochen und Zähne.
       Tonnen-Rollen war ein beliebter Sport. Wir holten uns leere Tonnen aus der Gerberei, sprangen mit nackten Füßen oben drauf und rollten so um die Wette. Die Tonnen hatten einen Durchmesser von fast einem Meter und man musste rückwärts laufen, damit sich die Tonne vorwärts bewegte. Auf einem glatten Boden war es natürlich leichter, aber wir hatten einen festgestampften Lehmboden und man musste bei jedem Schritt auf alles gefasst sein. Zu nah am Misthaufen zu rollen war auch nicht sehr beliebt. Verletzt wurde bei diesem Spiel keiner und so wurde es uns auch nicht verboten. Im Nachhinein glaube ich, war es eine gute Geschicklichkeitsübung für die Dinge, die noch kommen sollten. Man musste sich konzentrieren, balancieren, den Mitstreiter beobachten und im richtigen Moment abspringen, ohne sich wehzutun. Nur wenige Jahre später wurde ich Aufgaben gegenübergestellt, die diese Geschicklichkeiten forderten. Dann jedoch war es kein Spiel mehr.....
       Geländespiele machten wir den Großen nach. Die Kinder wurden in zwei Gruppen aufgeteilt und die eine Gruppe versteckte sich, die andere musste suchen. Wir trugen farbige Wollbändchen ums Handgelenk, um die Gruppenzugehörigkeit sichtbar zu machen. Wer also mehr Bändchen der anderen Gruppe erobern konnte, war der Sieger. Ich glaube, vollständig ließ sich dieses Spiel nie auflösen und gegen Abend gingen wir alle sang- und klanglos ohne Sieger nach Hause, denn wir hatten Hunger und mussten vor dem Dunkelwerden bei unseren Familien sein. Spaß hatten wir dennoch und an einem anderen Tag spielten wir es wieder.
    In den Sommermonaten fuhren oder gingen wir fast jeden Tag ins Parchwitzer Schwimmbad. Dort lernten wir bei der Bademeisterin Frau Schlie schwimmen. Gisel machte gleich im ersten Jahr mit ihren acht Jahren den Freischwimmer, ich dann ein Jahr später mit neun. Beim Freischwimmer musste man fünfzehn Minuten am Stück schwimmen, ohne den Beckenrand oder den Boden zu berühren. Der Schwimmkurs kostete fünf Reichsmark, eine Menge Geld. Wir galten damit schon als privilegiert, denn die meisten Kinder konnten ihn nicht machen, weil die Eltern nicht genug Geld hatten. Vielleicht sahen sie es aber auch als überflüssig an.
    Ruth hörte einmal, wie die Großmutter eines Schulkameraden zu einer Bekannten sagte:
    „Denk mal, der Jockel zahlt für die reiche Maiwald Ruth das Kino.“
    Ruth war zu der Zeit fünfzehn oder sechzehn Jahre alt. Sie sagte, es sei ihr nicht eingefallen, selbst zu zahlen, die Jungs hätten immer für die Mädchen gezahlt. Ich will damit sagen, dass wir uns nicht privilegiert vorkamen, obwohl unsere Eltern eine Fabrik, Grundbesitz und Autos besaßen und in den Augen der Dorfbewohner „mehr“ waren.
       Ein wirklich riskantes Spiel war Balkenlaufen. In Justs und unseren Scheunen gab es hohe Querbalken, auf denen wir Fangen spielten. Mir war nicht wohl dabei und ich packte meinen ganzen Mut zusammen, denn ich wollte nicht als Feigling ausgelacht werden. Wir bewegten uns in fünf Metern Höhe, es war sehr gefährlich und ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wer auf diese Idee gekommen war. Egal wie,
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