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Depression: Erkennen, verhindern, bewältigen

Depression: Erkennen, verhindern, bewältigen

Titel: Depression: Erkennen, verhindern, bewältigen
Autoren: Christian Stock
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diesem Thema sind gespalten. Die einen halten das Burn-out-Syndrom für ein ganz neues Phänomen der heutigen Zeit, das durch die Komplexität des modernen Lebens immer mehr zunimmt und noch nicht ausreichend verstanden wird. Die anderen halten den Begriff „Burn-out“ nur für eine Mode und sehen darin nichts anderes als eine Spielart der Depression (also keine eigenständige Erkrankung). Immerhin empfiehlt inzwischen selbst eine Fachgesellschaft wie die DGPPN (Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde) eine Depression zusätzlich mit dem „Risikofaktor“ Burn-out (in diesem Fall die Ziffer Z 73.0) zu verschlüsseln, wenn eine erhöhte berufliche Überbelastung höchstwahrscheinlich im Zusammenhang damit vorliegt oder vorgelegen hat.
    Blicken wir einmal auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Krankheitsbilder:
    Es ist richtig, dass die beiden Krankheitsbilder viele sehr ähnliche Symptome haben, die sich teilweise überlappen. Besonders in der Spätphase ist eine Depression vom Burnout kaum noch zu unterscheiden. Zumindest in diesem Punkt sind sich die Fachleute einig.
    Einem Burn-out geht aber meistens eine Phase erhöhter Aktivität voraus, weil der Betroffene sehr stark dem Leistungsprinzip („höher, schneller, weiter“) folgt. Das heißt, es besteht vorher ein hohes Selbstwertgefühl und eine erhöhte Leistungsbereitschaft. Dadurch überschreitet ein Burn-out-Kandidat über einen längeren Zeitraum seine eigenen Grenzen und seine Kräfte. Es wäre somit die Krankheit der „Macher und Leistungsträger“.
    Ein von einer Depression Betroffener würde eher weniger von sich überzeugt sein und ein geringeres Selbstwertgefühl haben (siehe Stichwort: „erlernte Hilflosigkeit“ auf Seite 20). Das Gefühl der inneren Leere kann daher schon viel früher bestehen und stellt sich nicht erst nach völliger Verausgabung ein. Das Leistungsprinzip würde einen depressiven Patienten eher wenig interessieren. Eine Depression ist oft unabhängig von äußeren Ereignisse.
    Der Betroffene kann meist nicht sagen, warum er depressiv ist, es gibt keinen eindeutigen Auslöser. Beim Burn-out sind es meistens die Rahmenbedingungen, die gepaart mit hohem Ehrgeiz irgendwann zur Erschöpfung führen. Man kann den Auslöser relativ schnell identifizieren. Daher sagen manche Autoren, dass das Burn-out immer „kontextbezogen“ (meist arbeitsbedingt) ist, während eine Depression von innen heraus, „kontextunabhängig“ sein kann. Ein „Ausbrenner“ kennt aus der Zeit vor dem Burn-out und dem übermäßigen Energieverbrauch lange unbeschwerte Lebensabschnitte. Ein Depressiver kann auch vorher schon ohne anhaltende Belastungen zur Melancholie geneigt haben. So zumindest die sehr stark vereinfachende Betrachtung.
    Ein Burn-out ist oft auf einen bestimmten Lebensbereich beschränkt (z. B. die Arbeit). Der Betroffene kann sich am Anfang noch ausreichend von den Stressoren distanzieren und Ausgleich finden (z. B. in Hobbys). Eine Depression betrifft hingegen alle Lebensbereiche, sowohl Beruf als auch Privatleben. Wie schwierig und künstlich hier die Unterscheidung ist, sieht man daran, dass auch beim Burn-out früher oder später die anderen Lebensbereiche zwangsläufig mit betroffen sind.
    Trotzdem wird gerne die Metapher gebraucht, dass bei einem Millionengewinn im Lotto das Burn-out schnell vorbei sei, während der Depressive sich selbst daran nicht erfreuen könne und weiter in seiner Depression verbleibe.
    Die Unterschiede in der Entstehung sind wichtig für die Behandlung, weil ein depressiv Erkrankter vor allem eine Stimmungsaufhellung und eine Antriebssteigerung benötigt. Der von Burn-out Betroffene benötigt gerade das Gegenteil, also eine Ausbalancierung seiner Kräfte, die sogenannte „Work-Life-Balance“, viel Entspannung und Ruhe. Eine erneute Antriebssteigerung und übersteigerte Aktivität würden den Burn-out nur unnötig verstärken. Ein Urlaub hilft einem Burn-out-Patienten, sich zu distanzieren und innezuhalten, ist also eine Art „Puffer“, um sich zu regenerieren und neu zu sortieren. Ein Depressiver nimmt seine Depression mit in den Urlaub, d. h., es tritt höchstwahrscheinlich keine Veränderung ein. Während der Burn-out-Patient viel Ruhe, Erholung und Schlaf benötigt, würden vermehrter Schlaf und viel Ruhe eine Depression wahrscheinlich noch mehr verstärken. Ein Depressiver benötigt viele kleine Aufgaben, die seiner Existenz wieder einen Sinn geben; er
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