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Denn vergeben wird dir nie

Denn vergeben wird dir nie

Titel: Denn vergeben wird dir nie
Autoren: Mary Higgins Clark
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solch ein
furchtbares Verbrechen begehen konnte. Die Cavanaughs
gehörten zu den Stammkunden des Ladens, und die
Stroebels beteiligten sich an den aufgeregten Diskussio
nen, ob Andrea vielleicht mit jemandem in der Garage auf
dem Westerfield-Besitz verabredet gewesen sei.
    Alle waren sich einig, dass sie hübsch, aber ein bisschen
eigensinnig gewesen war. Am Abend ihrer Ermordung
sollte sie zusammen mit Joan Lashley bis neun Uhr
Hausaufgaben machen, war aber schon früher wieder
fortgegangen. Wollte sie sich noch mit jemandem treffen,
oder war sie auf dem Nachhauseweg überfallen worden?
    Als Anja Stroebel die Fotos auf dem Bett ihres Sohnes
sah, sammelte sie sie eilig auf und steckte sie in ihre
Handtasche. Als ihr Gatte sie fragend anblickte, schüttelte
sie den Kopf, um ihm zu bedeuten, dass er keine Fragen
stellen solle. Dann setzte sie sich neben Paulie und nahm
ihn in die Arme.
    »Andrea war so ein hübsches Mädchen«, sagte sie mit
sanfter Stimme, aus der man, wie immer, wenn sie
aufgeregt war, den deutschen Akzent deutlich heraushörte.
»Ich sehe sie noch vor mir, wie sie dir gratuliert hat, als du
im letzten Frühjahr so großartig den Ball gefangen und das
Spiel gerettet hast. Wie alle ihre Freunde bist du natürlich
sehr, sehr traurig.«
    Zuerst kam es Paulie so vor, als ob seine Mutter aus
weiter Entfernung zu ihm spräche. Wie alle ihre Freunde.
Was wollte sie damit nur sagen?
»Die Polizei wird sich zunächst alle vornehmen, mit
denen Andrea besonders eng befreundet war, Paulie«,
sagte sie langsam, aber bestimmt.
    »Ich habe sie auf eine Fete eingeladen«, sagte er
stockend. »Sie hat gesagt, dass sie mit mir hingehen
würde.«
    Anja war sicher, dass ihr Sohn sich noch nie zuvor mit
einem Mädchen verabredet hatte. Letztes Jahr hatte er sich
geweigert, auf das Fest der zweiten Klasse zu gehen.
»Dann mochtest du sie also gerne, Paulie?«
    Paulie Stroebel fing an zu weinen. »Mama, ich habe sie
so wahnsinnig geliebt.«
»Du mochtest sie, Paul«, sagte Anja unbeirrt. »Merk dir
das genau.«
Am Samstag meldete sich Paulie Stroebel auf der
Tankstelle zur Arbeit und entschuldigte sich ruhig und
gefasst dafür, dass er am Freitag nicht erschienen war.
Am frühen Samstagnachmittag lieferte Hans Stroebel
persönlich einen Virginiaschinken und Salate am Haus der
Cavanaughs ab und bat ihre Nachbarin Mrs. Hilmer,
welche die Tür öffnete, der Familie sein herzliches Beileid
zu übermitteln.

3
    »ES IST DUMM, dass Ted und Genine beide Einzelkinder
sind«, hörte Ellie Mrs. Hilmer am Samstag mehrfach
sagen. »Es macht die Sache leichter, wenn man in einer
solchen Zeit viele Verwandte um sich hat.«
    Ellie wollte gar nicht, dass mehr Verwandte um sie
herum waren. Sie wollte nur, dass Andrea wieder da wäre,
und sie wollte, dass Mommy zu weinen aufhörte, und sie
wollte, dass Daddy mit ihr redete. Er hatte fast kein Wort
mehr mit ihr gesprochen, seitdem sie ihm von ihrer
schrecklichen Entdeckung in der Garage erzählt hatte.
    Später, nachdem er beim Versteck gewesen war und
Andrea gesehen hatte und all die Polizisten gekommen
waren, hatte er gesagt: »Ellie, du hast doch gestern Abend
schon geahnt, dass sie zur Garage gegangen war. Warum
hast du uns denn nichts gesagt?«
    »Du hast mich nicht gefragt und mich gleich zu Bett
geschickt.«
»Ja, das stimmt«, gab er zu. Aber später hörte sie, wie er
zu einem der Beamten sagte: »Wenn ich nur gewusst
hätte, dass Andrea dort war. Vielleicht wäre sie um neun
Uhr noch am Leben gewesen. Vielleicht hätte ich sie noch
rechtzeitig gefunden.«
Jemand von der Polizei stellte Ellie Fragen über das
Versteck und wer sonst noch dort hingegangen sei. In
ihrem Kopf hörte sie Andrea sagen: »Ellie ist in Ordnung.
Sie wird uns nicht verpetzen.«
Ellie musste an Andrea denken und dass sie nie mehr
zurückkommen würde, und fing so heftig zu weinen an,
dass die Polizisten aufhörten, sie zu befragen.
Am Samstagnachmittag stand ein Mann vor der Tür, der
sich als Detective Marcus Longo vorstellte. Er führte Ellie
in das Esszimmer und schloss die Tür hinter ihnen. Er
machte einen freundlichen Eindruck. Er sagte, er hätte
einen kleinen Jungen, der genauso alt sei wie sie, und dass
sie sich richtig ähnlich sähen. »Er hat auch so blaue Augen
wie du«, sagte er. »Und genau die gleiche Haarfarbe. So
wie Sand, wenn die Sonne draufscheint.«
Dann sagte er, dass vier von Andreas Freundinnen
zugegeben hätten, öfter
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