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Denn vergeben wird dir nie

Denn vergeben wird dir nie

Titel: Denn vergeben wird dir nie
Autoren: Mary Higgins Clark
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Die Tür war
geschlossen. Da sie ihn jede Minute zurückerwartete,
öffnete sie hastig die Tür und trat ein. Das Bett war nicht
gemacht, aber das übrige Zimmer war ungewöhnlich
ordentlich aufgeräumt. Rob war pingelig, was seine
Kleidung betraf; manchmal bügelte er Hosen nach, die
frisch aus der Reinigung gekommen waren, um die
Bügelfalte noch schärfer zu machen, aber mit den
getragenen Sachen ging er völlig sorglos um. Eigentlich
hatte sie erwartet, die Kleider, die er gestern und am
Donnerstag getragen hatte, auf dem Fußboden vorzu
finden, wo sie auf die Rückkehr Rositas warteten.
Rasch durchquerte sie das Zimmer und schaute in
seinem Bad im Wäschekorb nach. Auch der war leer.
Irgendwann zwischen Donnerstagmorgen, als Rosita aus
dem Haus gegangen war, und heute früh hatte Rob die
Kleider, die er gestern und am Donnerstag getragen hatte,
gewaschen und getrocknet. Warum?
Linda hätte gerne noch in seinem Schrank nachgesehen,
aber sie befürchtete, dass er sie dabei überraschen könnte.
Sie fühlte sich in diesem Augenblick einer Ausein
andersetzung nicht gewachsen. Sie verließ das Zimmer,
achtete darauf, die Tür wieder zu schließen, und lief über
den Flur hinunter in den Neuanbau, den sie und Vince
hatten machen lassen, um das Haus zu vergrößern.
Mit einem Mal meinte sie, die ersten Anzeichen einer
Migräne zu verspüren, ließ die Mappe im Wohnzimmer
auf das Sofa fallen, ging ins Badezimmer und öffnete den
Arzneischrank. Sie schluckte zwei Tabletten, und als sie
dabei in den Spiegel sah, erschrak sie beim Anblick ihres
Gesichtes, das blass und voller Angst war.
Sie trug ihren Jogginganzug, weil sie vorgehabt hatte,
nach der Arbeit an den Entwürfen eine Runde zu laufen.
Ihr kurz geschnittenes kastanienbraunes Haar wurde von
einem Band gehalten. Ihr Gesicht war ungeschminkt.
Unter ihrem prüfenden, kritischen Blick kam sie sich mit
den verräterischen Fältchen, die sich um Augen und
Mundwinkel gebildet hatten, älter als vierundvierzig vor.
Das Badezimmerfenster ging auf den Vorgarten und die
Auffahrt hinaus. Als sie einen Blick hinauswarf, sah sie
ein unbekanntes Auto auf das Haus zufahren. Einen
Augenblick später ging die Klingel. Sie wartete darauf,
dass Rosita ihr über die Gegensprechanlage mitteilen
würde, wer gekommen sei, aber stattdessen kam Rosita die
Treppe herauf und überreichte ihr eine Visitenkarte.
»Er möchte mit Rob sprechen, Mrs. Westerfield. Ich
habe ihm gesagt, dass Rob beim Joggen ist, und er hat
gesagt, er würde warten.«
Linda war fast zwanzig Zentimeter größer als Rosita, die
nur knapp einen Meter fünfundfünfzig maß, aber sie
musste sich fast an der kleinen Frau festhalten, als sie den
Namen auf der Karte las: Detective Marcus Longo.

5
    ELLIE HATTE DAS GEFÜHL, überall nur im Weg zu
stehen. Als der nette Polizeibeamte gegangen war, wollte
sie zu ihrer Mutter, aber Mrs. Hilmer sagte, der Doktor
habe ihr etwas gegeben, damit sie schlafen könne. Daddy
blieb fast die ganze Zeit in seinem kleinen Zimmer hinter
geschlossener Tür. Er sagte, er wolle allein sein.
    Grandma Reid, die in Florida wohnte, traf am späten
Samstagnachmittag ein, aber sie weinte die ganze Zeit nur.
Mrs. Hilmer und einige von Mommys Freundinnen aus
dem Bridge-Club saßen in der Küche. Ellie hörte, wie eine
von ihnen, Mrs. Storey, sagte: »Ich komme mir so
überflüssig vor, aber gleichzeitig habe ich das Gefühl, dass
Genine und Ted sich vielleicht weniger allein gelassen
fühlen, wenn wir in ihrer Nähe sind.«
Ellie ging nach draußen und kletterte auf die Schaukel.
Sie holte kräftig Schwung, bis die Schaukel immer höher
und höher schwang. Am liebsten wollte sie sich mit der
Schaukel überschlagen. Am liebsten wollte sie von ganz
oben hinunterfallen und auf dem Boden aufschlagen und
sich wehtun. Vielleicht würde es in ihr drinnen dann nicht
mehr so wehtun.
Es hatte aufgehört zu regnen, aber die Sonne ließ sich
nicht blicken, und es war kühl. Nach einer Weile gab Ellie
auf; die Schaukel wollte sich nicht überschlagen. Sie ging
ins Haus zurück und trat in den schmalen Gang vor der
Küche. Sie hörte die Stimme von Joans Mutter. Sie saß bei
den anderen Damen, und Ellie hörte, dass sie weinte. »Ich
war überrascht, dass Andrea so früh wieder gehen wollte.
Es war schon dunkel draußen, und ich habe kurz überlegt,
sie nach Hause zu fahren. Wenn …«
Ellie hörte Mrs. Lewis sagen: »Wenn Ellie ihnen bloß
erzählt
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