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Denn vergeben wird dir nie

Denn vergeben wird dir nie

Titel: Denn vergeben wird dir nie
Autoren: Mary Higgins Clark
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hätte, dass Andrea manchmal zu dieser Garage
ging, in dieses ›Versteck‹, wie die Mädchen es nennen.
Vielleicht wäre Ted noch rechtzeitig dort gewesen.«
»Wenn Ellie bloß …«
Ellie schlich mit vorsichtigen Schritten die Treppe hoch,
um nicht gehört zu werden. Grandmas Koffer lag auf
ihrem Bett. Das war merkwürdig. Schlief Grandma denn
nicht in Andreas Zimmer? Es war jetzt leer.
Vielleicht sollte sie selbst in Andreas Zimmer schlafen.
Dann könnte sie, falls sie heute Nacht aufwachte, so tun,
als ob Andrea jeden Augenblick zurückkommen würde.
Die Tür zu Andreas Zimmer war geschlossen. Sie
öffnete sie so leise, wie sie es immer am Samstagmorgen
getan hatte, wenn sie hineinspähte, um nachzuschauen, ob
Andrea noch schlief.
Daddy stand an Andreas Schreibtisch. Er hielt ein
gerahmtes Foto in der Hand. Ellie wusste, dass es das
Babyfoto von Andrea war, das mit dem Silberrahmen, auf
dem oben »Daddys kleiner Schatz« eingraviert war.
Sie beobachtete, wie er den Deckel der Spieldose
öffnete. Das war auch ein Geschenk, das er für Andrea
gekauft hatte, gleich nach der Geburt. Als Baby wollte
Andrea nie ins Bett – aber wenn Daddy die Spieldose
aufzog und mit Andrea im Arm durch das Zimmer tanzte
und leise den Text des Liedes mitsang, sank sie jedes Mal
schnell in den Schlaf.
Ellie hatte gefragt, ob Daddy sie auf die gleiche Art zum
Schlafen gebracht hatte, aber Mommy hatte gesagt, dass
das nie nötig gewesen sei. Vom Tag ihrer Geburt an sei
Ellie unkompliziert gewesen und von allein eingeschlafen.
Einige Worte aus dem Lied gingen Ellie durch den Kopf,
als die Melodie durch den Raum klang. »… Du bist
Daddys kleiner Schatz, wirst es immer sein… Du bist
mein Weihnachtsengel, mein Christbaumstern… Und du
bist Daddys kleiner Schatz.«
Sie sah, wie Daddy sich auf die Kante von Andreas Bett
setzte und zu schluchzen anfing.
Ellie schlich aus dem Zimmer und schloss die Tür so
leise, wie sie sie geöffnet hatte.

ZWEITER TEIL
DREIUNDZWANZIG JAHRE
SPÄTER

6
    FAST DREIUNDZWANZIG JAHRE ist es her, dass
meine Schwester Andrea ermordet wurde, und doch
kommt es mir immer noch so vor, als sei es erst gestern
geschehen.
    Rob Westerfield wurde zwei Tage nach der Beerdigung
verhaftet und des Mordes angeklagt. Praktisch allein
aufgrund der Informationen, die ich ihnen gegeben hatte,
konnte die Polizei einen Durchsuchungsbefehl für das
Haus der Westerfields und für Robs Auto erwirken. Sie
fanden die Kleider, die er in der Tatnacht getragen hatte,
und obwohl sie gründlich gereinigt waren, konnten im
Labor Blutflecken darauf identifiziert werden. Der
Wagenheber, der als Tatwaffe gedient hatte, wurde im
Kofferraum seines Wagens gefunden. Zwar hatte er
versucht, ihn abzuwaschen, aber einige Haare von Andrea
hatten noch an ihm geklebt.
    Rob sagte aus, er sei an dem Abend, an dem Andrea
ermordet wurde, ins Kino gegangen. Der Parkplatz beim
Kino sei voll gewesen, und er habe sein Auto an der
Tankstelle direkt daneben abgestellt. Die Tankstelle sei
geschlossen gewesen, aber er habe Paulie Stroebel
angetroffen, der noch in der Autowerkstatt gearbeitet
habe. Er habe kurz zu Paulie hineingeschaut und ihm
gesagt, dass er sein Auto dort stehen lassen und es gleich
nach dem Kino wieder holen würde.
    Er behauptete, dass Paulie, während er selbst im Kino
saß, mit seinem Wagen zum Versteck gefahren sein
müsse, Andrea umgebracht und dann das Auto wieder an
der Tankstelle abgestellt haben müsse. Rob gab an, dass er
das Auto mindestens ein halbes Dutzend Mal in die
Werkstatt gebracht habe, um Beulen und Dellen reparieren
zu lassen, und dass Paulie bei jeder dieser Gelegenheiten
einen Nachschlüssel hätte machen lassen können.
    Die Blutspuren an seinen Kleidern und an den Nähten
seiner Schuhe versuchte er damit zu erklären, dass Andrea
ihn angeblich um ein Treffen im Versteck gebeten habe.
Er sagte, sie habe ihn mit ständigen Anrufen belästigt und
ihn am Tatabend zur Essenszeit angerufen. Sie habe ihm
erzählt, dass sie mit Paulie Stroebel zu einer Fete gehen
würde und dass sie nicht wolle, dass er deswegen auf sie
böse sei.
    »Es war mir egal, mit wem sie ausgehen wollte«,
erklärte Rob bei seiner Aussage vor Gericht. »Sie war
verknallt in mich, nicht umgekehrt. Sie ist mir überallhin
gefolgt. Wenn ich in der Stadt war, dann kam sie zufällig
vorbeigelaufen. Wenn ich zum Bowling ging, dann spielte
sie auf einmal auf der Bahn neben mir. Einmal habe ich
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