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Denn vergeben wird dir nie

Denn vergeben wird dir nie

Titel: Denn vergeben wird dir nie
Autoren: Mary Higgins Clark
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weil
sie sie mitgebracht hatte, aber sie hatte gesagt: »Ellie ist in
Ordnung. Sie wird uns nicht verpetzen.« Ellie war richtig
stolz gewesen, als Andrea das gesagt hatte. Andererseits
hatte sie Ellie kein einziges Mal an der Zigarette ziehen
lassen.
Ellie war sicher, dass Andrea gestern Abend früher von
Joan weggegangen war, weil sie sich mit Rob Westerfield
treffen wollte. Ellie hatte gehört, wie sie vorher mit ihm
telefoniert hatte, und als sie auflegte, hatte sie fast
geweint. »Ich hab Rob erzählt, dass ich mit Paulie auf die
Fete gehe«, sagte sie, »und jetzt ist er stinksauer auf
mich.«
Ellie musste an dieses Gespräch denken, während sie
ihre Cornflakes zu Ende aß. Daddy stand am Herd. Er hielt
eine Tasse Kaffee in der Hand. Mommy hatte wieder
angefangen zu weinen, aber fast lautlos.
Plötzlich schien Daddy überhaupt erst aufzufallen, dass
Ellie auch in der Küche war: »Ellie, ich glaube, es wäre
besser, wenn du in die Schule gehst. Ich bringe dich in der
Mittagspause hin.«
»Darf ich jetzt rausgehen?«
»Ja. Aber bleib in der Nähe vom Haus.«
Ellie holte ihre Jacke und schlüpfte schnell zur Tür
hinaus. Es war der fünfzehnte November, und die Blätter
waren feucht und glitschig unter den Füßen. Am Himmel
hingen schwere Wolken, und es sah wieder nach Regen
aus. Ellie wünschte, sie würden zurück nach Irvington
ziehen, wo sie früher gewohnt hatten. Hier war es so
einsam. Ihr Haus und das von Mrs. Hilmer waren die
beiden einzigen in ihrer Straße.
Daddy hatte gerne in Irvington gewohnt, aber sie waren
hierher gezogen, fünf Ortschaften weiter, weil Mommy
ein größeres Haus mit einem größeren Garten haben
wollte. Das konnten sie sich leisten, als sie weiter in den
Norden von Westchester County zogen, in eine Stadt, die
noch nicht zu einem Vorort von New York geworden war.
Wenn Daddy sagte, dass er Irvington vermisse, wo er
aufgewachsen war und wo sie bis vor zwei Jahren
gewohnt hatten, dann hielt ihm Mommy immer entgegen,
wie groß das neue Haus sei. Darauf pflegte er zu erwidern,
dass sie in Irvington einen unbezahlbaren Blick auf den
Hudson und die Tappan-Zee-Brücke gehabt hätten und
dass er nicht fünf Meilen fahren musste, um eine Zeitung
oder ein Brot zu kaufen.
Das Grundstück war ringsum von Wald umgeben. Das
große Haus von Mrs. Westerfield befand sich direkt hinter
dem von Ellies Eltern, aber dazwischen war der Wald.
Ellie blickte zum Küchenfenster, um sicherzugehen, dass
niemand sie gesehen hatte, und rannte los.
Fünf Minuten später war sie am anderen Ende des
Waldes angelangt und lief über die Wiese zum Eingang
des Westerfieldschen Anwesens. Mit einem beklommenen
Gefühl rannte sie die lange Auffahrt entlang und um die
Villa herum – eine winzige Figur, die in der zunehmenden
Düsterkeit des herannahenden Sturms zu verschwinden
schien.
Es gab einen seitlichen Eingang zur Garage, der nie
abgesperrt war. Trotzdem konnte Ellie die Klinke nur mit
Mühe hinunterdrücken. Schließlich schaffte sie es und
betrat den dämmrigen Raum. Die Garage bot Platz für vier
Autos, aber das einzige, das Mrs. Westerfield nach dem
letzten Sommer zurückgelassen hatte, war der Van.
Andrea und ihre Freundinnen hatten sich ein paar alte
Decken zum Sitzen mitgenommen. Sie saßen immer an
der gleichen Stelle, ganz hinten, hinter dem Van, sodass
sie nicht gesehen werden konnten, wenn jemand zufällig
durch das Fenster schaute. Ellie wusste, dass Andrea sich
dort verstecken würde, falls sie hier war.
Sie wusste nicht, warum, aber plötzlich hatte sie Angst.
Sie musste sich praktisch zwingen, einen Fuß vor den
andern zu setzen und sich dem hinteren Teil der Garage zu
nähern. Aber dann sah sie hinter dem Van ein Stück
Decke hervorschauen. Andrea musste hier sein! Die
Mädchen hätten niemals die Decken auf dem Boden liegen
gelassen; sie legten sie immer zusammen und versteckten
sie im Schrank mit den Putzsachen, bevor sie die Garage
verließen.
»Andrea …« Leise rief sie ihren Namen, damit Andrea
nicht erschrak. Wahrscheinlich schlief sie, dachte Ellie.
Ja, sie schlief. Obwohl es in der Garage dämmrig war,
konnte Ellie Andreas lange Haare erkennen, die unter der
Decke hervorschauten.
»Andrea, ich bin’s.« Ellie kniete sich neben Andrea und
zog die Decke von ihrem Gesicht.
Andrea trug eine Maske, eine schreckliche
Gespenstermaske, die ganz verschmiert und klebrig
aussah. Ellie beugte sich vor, um sie wegzuziehen, und
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