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Denkanstöße 2013

Denkanstöße 2013

Titel: Denkanstöße 2013
Autoren: Isabella Nelte
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Rom schlicht nicht akzeptiert wurden. Daher haben auch jetzt manche Katholiken den Verdacht, die Bischöfe möchten durch ein »Gespräch« in erster Linie den großen Druck vom Kessel nehmen, um weiterhin Reformen hinauszuschieben.
    Nicht weniger begründet ist der Verdacht, dass, wie schon oft, die übliche vatikanische Geheimdiplomatie auf die deutschen Bischöfe – wie früher auf die österreichischen anlässlich ihres hoffnungsvoll begonnenen »Dialogs für Österreich« (1997) – Druck ausgeübt hat, um das Dialogunternehmen möglichst abzubremsen, wenn nicht gar zu stoppen. Diese neue Dialogoffensive des deutschen Episkopats würde ohnehin mehr überzeugen, wenn sie mit Entscheidungen für bestimmte Reformen verbunden wäre, über die schon seit Jahren und Jahrzehnten »Gespräche« geführt werden. Die katholischen Laien wollen jedenfalls einen verbindlichen Dialog mit konkreten Resultaten, wovor sich mancher Bischof aber fürchtet.
    Das ist erstaunlich angesichts des Befundes, dass nach dem von der Bischofskonferenz selber in Auftrag gegebenen Trendmonitor »Religiöse Kommunikation 2010« nur noch 54 % der Katholikinnen und Katholiken sich der Kirche verbunden fühlen, mehr als zwei Drittel davon in kritischer Weise. Ja, im Jahre 2010 dürften insgesamt 250000 Menschen aus der katholischen Kirche der Bundesrepublik ausgetreten sein, ungefähr doppelt so viele wie im Vorjahr; es gab auch mehr Übertritte zur evangelischen Kirche (Angaben des Religionssoziologen Michael Ebertz, Katholische Hochschule Freiburg).
    Wie auch immer: Ich stelle mich dem Dialog und lege in »Ist die Kirche noch zu retten?« eine sorgfältig ausgearbeitete und auf jahrzehntelanger theologischer Arbeit und kirchlicher Erfahrung gegründete Agenda für ein solches Zukunftsgespräch und entsprechende Entscheidungen vor. Vor fünfzig Jahren habe ich Ähnliches nach der Ankündigung des Zweiten Vatikanischen Konzils mit dem Buch »Konzil und Wiedervereinigung. Erneuerung als Ruf in die Einheit« (1960) getan. »Agenda« (lat.: »was zu tun ist«): nicht zu verstehen nur als Notizbuch, in das die zu erledigenden Dinge pro memoria eingetragen sind, sondern als Aktionsprogramm dringend anzupackender Aufgaben. Wie schön wäre es doch, wenn meine heutigen Forderungen allen Widrigkeiten zum Trotz einen ähnlichen Erfolg hätten wie die damaligen, deren kühne Vorschläge zuallermeist durch das Konzil in Erfüllung gegangen sind. Auch heute brauchen wir nicht noch jahrelange Diskussionen und Reflexionen, sondern kühne Entscheidungen und mutige strukturelle Reformen.
    Sollte das gegenwärtige »Zukunftsgespräch« aber ergebnislos bleiben, so wird, davon bin ich überzeugt, diese Agenda auf der Tagesordnung der katholischen Kirche bleiben. Und dafür hat sich für mich die Mühe gelohnt.
So kann es nicht weitergehen.
Zum gegenwärtigen Stand der Kirche
    Â»So kann es doch nicht weitergehen mit unserer Kirche! ›Die da oben‹, ›die in Rom‹ machen noch die ganze Kirche kaputt!« Solche erbitterten, empörten und verzweifelten Sätze konnte man in den vergangenen Monaten in Europa wie in Amerika oft hören, am eindrücklichsten auf dem Zweiten Ökumenischen Kirchentag in München im Mai 2010.
    Â»Die Alternativen sind: Resignation, gewollte oder jedenfalls mit wenig Bedauern hingenommene Schrumpfung zu einer kleinen Gemeinschaft ݟberzeugter Christen‹ oder Wille und Mut zu einem neuen Aufbruch«, formulierte Alois Glück , der klarsichtige und mutige Vorsitzende des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken nach jenem Kirchentag und drückte damit Sorge und Hoffnung vieler, und gerade der engagiertesten Kirchenmitglieder aus. Aber bei den katholischen Bischöfen fand er erst später ein Echo. Viele von ihnen wollen offenkundig weitermachen wie bisher. Deshalb die Frustration, der Zorn, oft die Verzweiflung gerade bei den loyalsten Katholiken, die das Zweite Vatikanische Konzil noch nicht vergessen haben.
    Dabei steckt die katholische Kirche in der tiefsten Vertrauenskrise seit der Reformation, und niemand kann es übersehen: In ihrem Zentrum steht – das muss man auch in Deutschland sehen – Joseph Ratzinger , der gegenwärtige Papst, der zwar aus dem Land der Reformation stammt, aber seit drei Jahrzehnten im päpstlichen
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