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Denkanstöße 2013

Denkanstöße 2013

Titel: Denkanstöße 2013
Autoren: Isabella Nelte
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Rom lebt und die Krise verschärft, statt sie zu beheben. Als Papst Benedikt XVI. hat er die große Chance verpasst, das Zweite Vatikanische Konzil mit seinen zukunftsweisenden Impulsen auch im Vatikan zum Kompass der katholischen Kirche zu machen und ihre Reformen mutig voranzutreiben. Im Gegenteil, immer wieder relativiert er die Konzilstexte und interpretiert sie gegen den Geist der Konzilsväter nach rückwärts. Ja, er stellte sich sogar ausdrücklich gegen das Ökumenische Konzil, das nach der großen katholischen Tradition die oberste Autorität in der katholischen Kirche darstellt :
    â€“Er hat außerhalb der katholischen Kirche illegal ordinierte Bischöfe der traditionalistischen Pius-Bruderschaft, die das Konzil in zentralen Punkten ablehnen, ohne Vorbedingungen in die Kirche aufgenommen.
    â€“Er fördert mit allen Mitteln die mittelalterliche Tridentinische Messe und feiert selber die Eucharistiefeier gelegentlich auf Latein mit dem Rücken zum Volk.
    â€“Er schürt ein tiefes Misstrauen gegenüber den evangelischen Kirchen, indem er nach wie vor behauptet, sie seien überhaupt keine Kirchen im eigentlichen Sinn.
    â€“Er realisiert nicht die in offiziellen ökumenischen Dokumenten (ARCIC) vorgezeichnete Verständigung mit der Anglikanischen Kirche, sondern versucht, konservative verheiratete anglikanische Geistliche unter Verzicht auf die Zölibatsverpflichtung in die römisch-katholische Kirche zu locken.
    â€“Er hat durch Ernennung antikonziliarer Chefbeamter (Staatssekretariat, Liturgiekongregation, Bischofskongregation u.a.) und reaktionärer Bischöfe in aller Welt die konzilsfeindlichen Kräfte in der Kirche gestärkt.
    Papst Ratzinger scheint sich durch seine »Fauxpas«, schlimmen Fehltritte, zunehmend von der großen Mehrheit des Kirchenvolkes in unseren Ländern zu entfernen, das sich ohnehin immer weniger um »Rom« kümmert und sich bestenfalls noch mit der Ortsgemeinde und einem guten Seelsorger und vielleicht auch noch mit dem Ortsbischof identifiziert. Der Papst wird in seiner antikonziliaren Politik allerdings voll unterstützt von der römischen Kurie, in der man die konziliar gesinnten Kräfte isoliert und eliminiert hat. In der Zeit nach dem Konzil hat man wieder einen sehr effizienten Propagandaapparat aufgebaut, der ganz im Dienst des römischen Personenkultes steht. Die modernen Massenmedien (Fernsehen, Internet und YouTube) werden systematisch, professionell und erfolgreich für die eigenen Interessen eingesetzt. Schaut man auf die großen Massenveranstaltungen, gerade bei Papstreisen, könnte man meinen, es stünde in dieser Kirche alles zum Besten. Aber entscheidend ist die Frage: Was ist hier Fassade und was Substanz? Vor Ort sieht es jedenfalls anders aus.
Zerfall der kirchlichen Strukturen
    Natürlich verkenne ich in keiner Weise die immense Arbeit, die in aller Welt vor Ort in Gemeinden geleistet wird: der unermüdliche seelsorgerliche und soziale Einsatz zahlloser Priester und Laien, Männer und vor allem Frauen; ich bin vielen solchen glaubwürdigen Glaubenszeugen in all den Jahrzehnten immer wieder begegnet. Wo stünde die deutsche Kirche heute ohne dieses unermüdliche Engagement? Wer aber dankt es ihnen? Wie viele von ihnen fühlen sich »von oben«, von römischer Politik, Theologie und Disziplin mehr behindert als gefördert! Aus aller Welt kann man Klagen vernehmen über den Zerfall traditioneller kirchlicher Strukturen, die durch all die Jahre und zum Teil durch Jahrhunderte aufgebaut worden waren.
    Auch ich ganz persönlich fühle mich betroffen. Ich denke an den drastischen Abbau der Seelsorge nicht nur in der Universitätsstadt Tübingen und in der gesamten Diözese Rottenburg-Stuttgart, sondern auch in meiner Schweizer Heimatstadt Sursee bei Luzern, wohin ich jedes Jahr im Sommer zurückkehre und wo ich auch nach wie vor der Eucharistiefeier vorstehe. Aber es bereitet mir immer weniger Freude als früher. Denn was musste ich im August 2010 feststellen? Hier eine triste Momentaufnahme:
    â€“Die Stadtpfarrei Sursee hatte durch die Jahrhunderte immer mindestens vier ordinierte Geistliche (»Vierherren«). Jetzt aber hat sie nicht einmal mehr einen einzigen ordinierten Pfarrer, sondern wird von einem Laientheologen und Diakon, Markus Heil , geleitet, der ein hervorragender Pfarrer wäre, aber als Verheirateter nun einmal nicht zum
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