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Denk doch, was du willst

Denk doch, was du willst

Titel: Denk doch, was du willst
Autoren: Thorsten Havener
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gesprochen werden, entschieden sich die Verantwortlichen,ihre Botschaft mit drei Bildern deutlich zu machen: Auf dem ersten Bild, dem linken, wurde ein weinendes, krankes Baby abgebildet. Auf dem mittleren Foto wurde ein Kind, das aus einem Fläschchen Milch trinkt, gezeigt, und ganz rechts sah man dann, dass es einem satten Säugling richtig gutging, weil der wirklich proper aussah. Er strahlte den Betrachter fröhlich an. Sehr dumm war allerdings die Tatsache, dass die Menschen in Pakistan von rechts nach links lesen. Daran hatte man einfach nicht gedacht. Betrachtet man also die Werbung mit den Augen einer pakistanischen Mutter, dann sieht man das genaue Gegenteil von dem, was ein Mensch in Europa sieht. Die Botschaft lautet für einen Pakistani: Wenn du ein gesundes Kind hast und gibst ihm Milch, dann wird es krank werden. Die Welt ist das, wofür wir sie halten. Sie kennen diese Formel bereits aus den anderen Büchern. Sie gilt hier einmal mehr.
    Dass man die Welt mit den Augen des anderen sehen soll, erweist sich also in vielen Fällen als unverzichtbar. Diese Tatsache bildet die Grundlage jeder erfolgreichen Kontaktaufnahme und Kommunikation, und sie hat auch einen Namen: Rapport. Das Wort hat in diesem Kontext nichts mit einer militärischen Meldung oder einem allgemeinen Bericht zu tun. Es wird hier in einem anderen Sinn verwendet, in seinem ursprünglichen, denn es kommt aus dem Französischen und bedeutet «Beziehung» oder auch «Verhältnis». Es hat allerdings keine sexuelle Anmutung, sondern es bezeichnet eine Beziehung oder ein Verhältnis ganz allgemein. Das heißt: Sie müssen immer einen Rapport, eine Beziehung, zu einem anderen aufbauen, bevor Sie davon ausgehen können, dass er Ihnen überhaupt zuhörenwill. Glücklicherweise geht das in aller Regel sehr einfach. Unbewusst machen Sie es sofort und jedes Mal, wenn Sie mit einer Person sprechen und sich mit ihr auf einer Wellenlänge fühlen.
    Angenommen, Sie kommen mit einer Ihnen sofort sehr sympathischen Person in Kontakt. Die drückt sich besonders distinguiert aus. Das beeindruckt Sie. Und ob Sie es glauben oder nicht, innerhalb kürzester Zeit gleichen Sie Ihre Ausdrucksweise der Person an, die bei Ihnen so gut rüberkommt. Das funktioniert auch in die andere Richtung. Wenn Ihr Gegenüber ständig flucht, beginnen Sie ebenfalls, Ihr Sprachniveau runterzuschrauben. Da aber auch der andere sich Ihrem Sprachniveau ebenfalls anpassen will, treffen sich die Sprachebenen irgendwann ungefähr in der Mitte. Bestenfalls, wenn beide sehr gut harmonieren. Oder es endet alles in einem kleinen Spielchen von Macht und Einfluss.
    Seit ich das weiß, wundert es mich überhaupt nicht mehr, dass meine Kinder fluchen, nachdem sie mich dabei beobachteten, wie ich eine Lampe aufhängte oder einen Schrank aus einem schwedischen Möbelhaus aufzubauen versuchte. Das Phänomen wurde 2002 von den Professoren Kate G.   Niederhoffer und James W.   Pennebaker an der University of Texas in Austin mit Hilfe einer großangelegten Studie untersucht. Sie gaben ihr den Namen «Linguistic Style Matching» oder auch «LSM», sie nannten es also «Anpassung der Sprachniveaus». Niederhoffer und Pennebaker behaupteten sogar: «Wenn zwei Menschen eine Konversation beginnen, sprechen sie innerhalb weniger Sekunden gleich.» Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, wurden ausführliche Experimente mit Studenten durchgeführt. Wurdedie Aufgabe sehr förmlich formuliert, fiel die Antwort ebenfalls förmlich aus. Wurde die Aufgabe umgangssprachlich gestellt, fanden sich in den Ausführungen der Studenten auch lockere Formulierungen. Interessanterweise waren die besonders gut benoteten Antworten, die von Frauen und die von Studenten mit hohem sozioökonomischem Status, besonders stark angepasst.
    Die Forscher untersuchten auch die Briefwechsel berühmter Personen wie die von Sigmund Freud und Carl Gustav Jung. Ihr Ergebnis: Zu der Zeit, zu der sich die Schreibenden am besten verstanden und dem in ihrer Freundschaft Ausdruck gaben, wies auch der Sprachstil die meisten Übereinstimmungen auf. Auch nachdem Sie einen Film geschaut haben, wird sich Ihr Sprachniveau dem des Hauptdarstellers angeglichen haben. Und ebenso nachdem Sie dieses Buch gelesen haben, wird sich Ihr Sprachniveau meinem Schreibstil angepasst haben – keine Sorge, ich bleibe meistens sauber.
    Die Studie schließt mit einem sehr praktischen Fazit: Je harmonischer die Dialoge zwischen zwei Menschen geführt werden, desto
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