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Dem Winde versprochen

Dem Winde versprochen

Titel: Dem Winde versprochen
Autoren: Florencia Bonelli
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Warte, bis die Dinge sich ein wenig gesetzt haben, dann wirst du klarer sehen. Es ist nicht gut, Urteile zu fällen, wenn wir von Leidenschaften beherrscht werden.«
     
    Am nächsten Tag kehrte Melody gegen Mittag in das Stadthaus zurück. Sie hatte ein ungutes Gefühl, sie fürchtete sich vor der Begegnung mit Blackraven. Gilberta folgte ihr ins Schlafzimmer, und nachdem sie ihr eine ganze Reihe von Nebensächlichkeiten berichtet hatte, sagte sie ihr, Blackraven sei nach El Retiro abgereist. Melody, die gerade den Schrank öffnete, um frische Wäsche herauszuholen, sah, dass seine Jacken und Hosen fehlten. ›Na schön‹, dachte sie, ›jetzt spielt er den Beleidigten. Soll er doch.‹ Sie war überzeugt, früher oder später würde er zurückkehren und sie um Verzeihung bitten. Schließlich war sie diejenige, die man betrogen und verletzt hatte.
    Während des Mittagessens stellte sie fest, dass Jimmy blass und niedergeschlagen aussah. Monsieur Désoite versuchte ihn aufzuheitern, doch niemand wollte ihn so recht unterstützen. Béatrice machte ebenfalls einen betrübten Eindruck. Nach dem Essen zogen sich die Kinder zum Mittagsschlaf zurück, und die Erwachsenen verharrten in einem unangenehmen Schweigen.
    »Wenn Sie mich entschuldigen wollen«, sagte Désoite, »ich möchte vor der Abreise noch eine Übersetzung für Señor Moreno fertigstellen.«
    »Abreise?«, fragte Melody überrascht.
    »Ich werde es der Frau Gräfin erklären.« Béatrice wartete, bis ihr Bruder das Speisezimmer verlassen hatte. »Melody, Monsieur Désoite und ich müssen Buenos Aires schnellstmöglich verlassen.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Das kann ich mir denken. Ich denke, ich sollte dir alles von Anfang erklären. Das bin ich dir schuldig. Monsieur Désoite ist mein Bruder. Es tut mir leid, dass ich es dir nicht schon früher gesagt habe. Wir wurden als Kinder während der Revolution in Frankreich getrennt. Unsere Eltern sind genau wie viele andere Mitglieder des Adels unter der Guillotine gestorben.«
    »Oh! Wie furchtbar! Das tut mir sehr leid!«
    »Von da an verwandelte sich mein Leben und das meines Bruders in ein Martyrium. Wir waren ständig auf der Flucht, haben uns andere Namen zugelegt und in größter Armut gelebt. Bis seine Exzellenz mich fand und mich hierher in Sicherheit brachte. Es gibt immer noch Leute, die uns Schaden zufügen wollen, besonders meinem Bruder, der sehr schwer zu finden war. Am Ende ist es seiner Exzellenz gelungen. Er hat uns nach dreizehn Jahren wieder zusammengeführt.«
    »Ich kann mir vorstellen, wie glücklich ihr da wart. Aber warum müsst ihr Buenos Aires so plötzlich verlassen?«
    »Mister Traver war nicht der, für den er sich ausgegeben hat. Du wirst dich noch gut an die verhängnisvolle Nacht erinnern, als dein Leben in Gefahr war. Traver ist an den Río de la Plata gekommen, weil er uns auf der Spur war und meinen Bruder töten wollte. Wir wissen nicht, ob er vor seinem Tod noch Zeit hatte, seinen Auftraggebern mitzuteilen, wo wir uns befinden. Auch wenn es mich schmerzt, Buenos Aires zu verlassen, es ist eine Vorsichtsmaßnahme.«
    Melody fand es merkwürdig, warum ein so junger und harmlos aussehender Mann wie Monsieur Désoite einen solchen Wirbel verursachte. Sie fragte sich, wer er wohl tatsächlich war. In ihrer Neugier wäre sie beinahe so unvorsichtig gewesen, Señorita Béatrice zu fragen. Wenn Blackraven wieder einmal entschieden hatte, sie außen vor zu lassen, dann stand es ihr nicht zu, hinter seinem Rücken Nachforschungen anzustellen.
    »Ich hoffe, ihr findet einen Ort, wo ihr euch wohl und sicher fühlt«, sagte sie.
    Béatrice drückte fest Melodys Hand und sagte mit Tränen in der Stimme: »Es war mir eine große Freude, dass du mir deine Freundschaft geschenkt hast, Melody. Ich werde dir immer dankbar für das sein, was du für meinen kleinen Víctor getan hast, den ich sehr vermissen werde.«
    »Ich werde Ihnen ewige Dankbarkeit zollen, Señorita Béatrice, dass Sie mich und meinen Bruder aufgenommen haben, als wir in größter Not waren. Ich bin sicher, wir werden uns wiedersehen.«
    »Das ist alles sehr traurig«, seufzte Béatrice.
    »Wann reist ihr ab?«
    »Das hat seine Exzellenz noch nicht festgelegt. Er muss noch einige Dinge erledigen, bevor er auf eine so lange Reise gehen kann. Heute Nachmittag sollen wir uns mit ihm in El Retiro treffen, und irgendwann fahren wir zur Bucht Ensenada de Barragán, wo das Schiff auf uns wartet.«
    Melody verschlug es die
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