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Dem Winde versprochen

Dem Winde versprochen

Titel: Dem Winde versprochen
Autoren: Florencia Bonelli
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was er sagte, bevor er starb, war, dass die Nachricht vom Schwarzen Skorpion stammte. Wir vermuten, dass er vor kurzem in Frankreich war. Vielleicht ist er immer noch hier.«
    »Wo wurde der Spion erwischt?«
    »In der Taverne ›Paille et Foin‹ in einem Vorort von Calais.«
    »Ich muss mehr über den Schwarzen Skorpion wissen.«
    »Viel mehr gibt es nicht. Wir vermuten, dass er Engländer ist und dem Adel angehört. Er ist der geschickteste und unberechenbarste Spion, mit dem ich je zu tun hatte«, sagte er mit einer für ihn ungewohnten Offenheit. »Er hat alle Angriffspläne gegen England zunichte gemacht, er hat Schiffe mit Goldladungen für den Kaiser abgefangen, er weiß über jeden Schritt der kaiserlichen Heere Bescheid, ganz zu schweigen davon, dass er während der Zeit des Terrors eine große Zahl französischer Aristokraten und Konterrevolutionäre vor der Guillotine bewahrt hat. Seit Jahren schon will ich ihn schnappen.«
    »Wenn der Schwarze Skorpion so raffiniert ist, wie Sie versichern,
dann ist er keiner von denen auf der Liste. Ich werde sie trotzdem aufbewahren.«
    Es war die längste Rede, die er je gehalten hatte. Fouché versuchte, die Intonation dieser eigentümlichen Stimme auszumachen. Er sprach Französisch, aber manchmal klang ein spanischer Akzent durch, und dann wieder glaubte Fouché, einen englischen Tonfall herauszuhören.
    »Welche Staatsangehörigkeit haben Sie?«
    »Die des Landes, das am besten für meine Dienste zahlt«, erwiderte der Auftragsmörder.
    »Zeigen Sie mir Ihr Gesicht.«
    »Nur wenige haben es gesehen und lange genug gelebt, um davon zu erzählen.«
    »Sie haben verlangt, dass ich persönlich die Vertragsbedingungen regele«, rief ihm der Polizeiminister in Erinnerung. »Sie müssen wissen, dass ich mich gewöhnlich nicht um solche Einzelheiten kümmere. Dafür habe ich meine Leute.«
    »Und ich bespreche meine Aufträge gewöhnlich nicht mit Schwachköpfen. Entweder tue ich das mit Leuten auf meiner Augenhöhe oder ich lasse es.«
    »Ich erwarte, dass Sie zumindest Ihr Gesicht enthüllen. Ich will wissen, mit wem ich es zu tun habe.«
    Die Kobra nahm den Dreispitz ab und zog die Kapuze herunter, die sein Gesicht vollständig bedeckte. Selbst in der Dunkelheit der Gasse war der Anblick für Fouché wie eine Ohrfeige. Seine Brust verkrampfte sich, und sein Herz raste. Er wich ungeschickt einen Schritt zurück und versuchte zu der Pistole zu greifen, die er unter dem Mantel trug. Im Nu hatte die Kobra ihn gepackt, ihm den Arm auf den Rücken gedreht und ihn auf die Pflastersteine gedrückt. Unvorstellbar, welche Kraft der Kerl hatte. Er hielt ihm einen Dolch ans Auge.
    »Sie haben mich hereingelegt«, beklagte sich Fouché.
    »Nein, ich habe Sie nicht hereingelegt«, versicherte die Kobra. »Ich
werde den Schwarzen Skorpion finden, wo auch immer er sich versteckt hält, und ihn töten. Zu gegebener Zeit werde ich Ihnen einen unwiderlegbaren Beweis schicken. Dann komme ich zurück und hole mir den Rest des Geldes.«
    Der Druck, der ihn auf dem Boden festhielt, ließ langsam nach, und Fouché konnte den Kopf heben. Vor ihm stand der Mann, der sich die Kobra nannte. Er hatte den Dolch immer noch in der Hand, und seine schwarze Silhouette zeichnete sich im Mondlicht ab. Fouché richtete sich auf.
    »Sie wissen, wie und wo Sie mir eine Nachricht zukommen lassen können.«
    »Wann höre ich wieder von Ihnen?«
    »An dem Tag, an dem ich zurückkomme und den anderen Teil der Zahlung von Ihnen fordere.«

Kapitel 2
    Buenos Aires, Freitag, den 3 .Januar 1806
    Roger Blackraven zog seine Taschenuhr heraus. Halb sechs, viel zu früh. In El Retiro würden alle noch schlafen. Die Leute in Buenos Aires standen gewöhnlich nicht bei Tagesanbruch auf. Sein Verwalter Pascasio Bustillo und dessen Frau Robustina waren typische Andalusier: dem Faulenzen, dem guten Wein und dem Klatsch zugetan. Eine Reihe von Lastern hatten sie aus Spanien mitgebracht, und am Río de la Plata waren noch weitere dazugekommen. Er würde sie entlassen. Er verstand nicht, warum er das nicht schon bei seinem letzten Besuch vor einem Jahr getan hatte.
    Es interessierte ihn, wie seine Felder in El Retiro gediehen. Er wollte die industrielle Landwirtschaft auf diesen fruchtbaren Böden vorantreiben, genau wie er es bei seinen Besitzungen in Antigua und Ceylon getan hatte. Auch wenn die Olivenmühle und die beiden Getreidemühlen auf dem Grundstück an den Ufern des Río de la Plata ihren Betrieb noch nicht
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