Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dem Winde versprochen

Dem Winde versprochen

Titel: Dem Winde versprochen
Autoren: Florencia Bonelli
Vom Netzwerk:
Cousine, Señorita Béatrice?«, fragte er ungeduldig. »Und der kleine Víctor?«
    »Die Sache ist die … «, sagte Doña Bela eilig, aber Alcides unterbrach sie.
    »Darüber sprechen wir gleich, Exzellenz. Es geht ihnen gut, sehr gut«, fügte er schnell hinzu. »Kommen Sie bitte, wir gehen in den Salon, wo der Tee schon auf uns wartet.«
    »Ich hoffe, es ist Ihnen genehm«, sagte Doña Bela. »Der Tee«, erklärte sie und sah ihn unverwandt mit großen Augen an.
    »Efrén«, rief Blackraven, als sei er der Gastgeber, »bring diese Kisten in den Salon. Es sind Geschenke für die Damen.«
    Roger erklärte Doña Bela, das Porzellanservice stamme aus seiner kürzlich eingeweihten Porzellanfabrik in der Grafschaft Cornwall im Süden Englands.
    »Da ich weiß«, ging er sogleich zum nächsten Thema über, »dass die jungen Damen Schokolade lieber mögen als Tee, habe ich ihnen die beste mitgebracht, die es gibt, aus Jamaica.«
    Er reichte die Holzkiste mit dem geschätzten Inhalt Elisea, die sie mit unsicheren Händen und flatternden Lidern entgegennahm. ›Sie ist wunderschön‹, dachte er, obwohl er, als er genauer hinsah, feststellte, dass eine ungesunde Blässe die rosige Frische von ihren Wangen und das Karmesinrot von ihren Lippen genommen hatte. Doña Bela läutete energisch und tadelte die Sklavin, weil sie den Tee noch nicht serviert hatte.
    »Wir werden ihn im Arbeitszimmer von Don Alcides einnehmen«, sagte Blackraven bestimmt. »Wenn Doña Bernabela es erlaubt«, fügte er mit einer leichten Verbeugung hinzu.
    Roger Blackraven gehörte nicht zu den Männern, denen man etwas abschlug. Valdez e Inclán erhob sich gleichzeitig mit seinem Gast und folgte ihm in den Raum, den sie »Arbeitszimmer« nannten. Er wusste, dass die Abwesenheit seiner Cousine Béatrice und seines Schützlings Víctor Blackraven verärgerte und dass nur die Anwesenheit der Frauen ihn davon abgehalten hatte, die Contenance zu verlieren.
    Kaum war der Tee serviert, fragte ihn Valdez e Inclán: »Bist du schon lange hier?«
    »Drei Tage.«
    Alcides hob die Augenbrauen. Gewöhnlich kam Blackraven sofort nach seiner Ankunft in Buenos Aires vorbei.
    »Hattest du Probleme beim Zoll? England und Spanien sind ja jetzt im Krieg«, merkte er an.
    »Nein, ganz und gar nicht.«
    Es entstand ein Schweigen. Alcides wollte gerade etwas sagen, da donnerte Blackravens Stimme durch den Raum: »Du sagst mir jetzt sofort, wo meine Cousine und mein Patenkind sind. Auf der Stelle!«
    »Tja, Roger, die Sache ist die … «, hob Valdez e Inclán an, und
Blackraven spürte Alcides’ Angst. »Es geht ihnen gut, wirklich gut«, wiederholte er.
    Blackraven schaute nach unten, um das spöttische Lächeln zu verbergen. Er erinnerte sich immer noch an die erste Begegnung mit Valdez e Inclán, als er betrunken wie ein begossener Pudel in einem verrufenen Club in London saß, wo er gerade seinen letzten Penny verloren hatte. Blackraven hatte ihn auf Spanisch angesprochen und ihm angeboten, ihn nach Hause zu bringen. Somar hatte ihm noch geholfen, die Stufen hinaufzugehen und den Schlüssel in das Schlüsselloch zu stecken. An dem Abend hatte Blackraven auch Incláns Frau Bernabela kennengelernt, die damals noch blutjung war, und ihre kleinen Töchter Elisea und Marcelina, deren verzweifelte Blicke ihn rührten. Bevor er ging, hatte er Bernabela seine Karte gegeben.
    Valdez e Inclán war kein Spieler. Er hatte lediglich versucht, seine finanziellen Nöte durch die Karten zu lindern, aber ohne jede Erfahrung war er zum gefundenen Fressen für die Falschspieler geworden, die ihn ausnahmen. Eigentlich war er ein Mann von scharfem Verstand, wortkarg und ein aufmerksamer Beobachter. Blackraven bot ihm an, für ein paar einfache Dienste seine Schulden zu übernehmen, um ihm das Gefängnis von Newgate zu ersparen. Valdez e Inclán willigte ein. Unter seiner Anleitung erwies sich der Spanier als geschickter und wachsamer Verwalter, und bald zeigte sich, dass er noch eine weitere große Tugend besaß: Diskretion. Blackraven wusste dies bei vertrackten Angelegenheiten zu nutzen. Von Tag zu Tag wurde ihm Alcides Valdez e Inclán nützlicher und wichtiger.
    Man konnte die Beziehung zwischen den beiden nicht als Freundschaft bezeichnen. Blackraven benutzte Alcides so wie dieser sich Blackravens Stellung, seines Geldes und seines Talentes für Geschäfte bediente. Zwischen ihnen war eine perfekte Zweckgemeinschaft entstanden, in der jeder stets auf der Hut vor dem anderen war.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher