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Dem Winde versprochen

Dem Winde versprochen

Titel: Dem Winde versprochen
Autoren: Florencia Bonelli
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Louis.«
    »Komme ich auch mit?«
    »Nein. Du bleibst hier und kümmerst dich um sie. Sie hat ein großes Talent, sich in Schwierigkeiten zu bringen.« Er stand auf und ging im Zimmer umher. Dann blieb er vor Somar stehen und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Du bist der Einzige, dem ich sie anvertrauen kann.« Im selben Moment bereute er, sich diese Schwäche erlaubt zu haben, und fuhr in gewohnt nüchternem Ton fort: »Ich weiß, es ist kein guter Moment, um fortzugehen, mit Enda Feelham und dem flüchtigen Maguire im Nacken, aber ich brauche Zeit, um nachzudenken. Außerdem muss ich eine Zuflucht für meinen Cousin und meine Cousine finden. Ich habe sie auf unverzeihliche Weise vernachlässigt.«
    Die Stunden vergingen. Melody fragte sich, was ihren Bruder dazu gebracht haben konnte, sich an einem derartigen Himmelfahrtskommando zu beteiligen. Sie gab sich die Schuld, weil sie durch ihr Engagement als Schwarzer Engel Tommy und Pablo beeinflusst hatte. Sie hätte sie nie bitten dürfen, ihr zu helfen, die Brenneisen aus der Real Compañía de Filipinas zu stehlen.
    Madame Odile hatte ihr den Narren in Erinnerung gerufen. »Wir wussten schon durch die Karten, dass mit dem neuen Mond eine Veränderung ins Haus steht«, hatte sie gesagt. »Der Turm verhieß nichts Gutes.«
    »Und der Teufel«, sagte Melody voller Angst. »Die Karten sagen Ereignisse voraus, die über uns kommen und unser Leben zerstören, ohne uns zu verraten, wie wir sie vermeiden können.«
    »Erinnere dich, dass die Karten dir den Weg gewiesen haben. Sie haben dir den Herrscher als Lösung für deine Probleme präsentiert.«
    »Ach, der Herrscher!«, schimpfte Melody.
    Sie hasste ihn aus mehreren Gründen – hauptsächlich, weil er zugelassen hatte, dass sich ihr Bruder in dieses kopflose Unterfangen stürzte, aber auch, weil er sie von allem ausgeschlossen hatte, als sei sie nur ein lästiges Hindernis und nicht in der Lage, eine vernünftige Lösung zu finden. Und er war vor allem eines: ein Lügner. Warum hatte er geschworen, sie seien ein Fleisch, wenn er ein zweites Leben führte, das er partout nicht mit ihr teilen wollte? Das Schlimmste war, dass sie sich immer wieder fragte, ob er die Verschwörer verraten hatte. Wenn er sich gut mit Álzaga stellen wollte, wäre es nur logisch, dass er ihn gewarnt hat.
    »Ich werde noch verrückt mit all den Mutmaßungen!«
    »Dann hör auf damit«, schlug ihr Madame Odile vor. »Du beschuldigst den Herrscher zu Unrecht. Dein Bruder hat dieses Unglück zu verantworten.«
    »Sie verteidigen ihn immer.«
    »Ich verteidige ihn, weil du übertreibst. Vielleicht hat er ja versucht, deinen Bruder aufzuhalten, und es ist ihm nicht gelungen. Soweit ich weiß, kann dein Bruder sehr halsstarrig sein, wenn er will. Außerdem, warum sollte er sich in das Leben eines Jungen einmischen, der alt genug ist, seine eigenen Entscheidungen zu treffen?«
    »Das sagt er auch. Trotzdem, er hätte es mir sagen müssen.
Ich
hätte Tommy aufgehalten.«
    »Melody, Liebes, du weißt, du hast keinen Einfluss auf deinen Bruder. Gar nichts hättest du erreicht. Außerdem musst du Verständnis dafür haben, dass der Herrscher dir das mit der Revolte verschwiegen hat. Er wollte nicht, dass du dir Sorgen machst.«
    »Roger hat es doch vortrefflich in den Kram gepasst, dass Tommy bei der Revolte mitmischt.« Madame sah sie erstaunt an. »Ja, und das Desaster, mit dem sie geendet hat, auch.«
    »Wovon sprichst du?«
    »Er musste Tommy aus dem Verkehr ziehen, weil er das Landgut meines Vaters haben wollte. Ich weiß es. Ich habe gehört, wie er es zu Álzaga gesagt hat.«
    »Melody!«, echauffierte sich Madame Odile. »Um Himmels willen, das wirst du doch nicht wirklich glauben? Denk doch mal nach: Ein Mann mit einem solchen Vermögen kann sich jede Estanzia kaufen, die er haben will. Warum sollte er sich wegen Bella Esmeralda die Hände schmutzig machen? Du bist töricht.«
    »Es gibt nicht so viele Estanzias von einer solchen Größe wie die meines Vaters. Und für seine neue Gerberei braucht Roger große Mengen an Vieh. Ich weiß nicht, was ich denken soll!«, sagte sie mutlos. »Ich kann ihm nicht vertrauen. Ich würde gern, Madame, aber ich kann nicht.«
    Sie legte den Kopf in Madame Odiles Schoß und weinte.
    »Mein Kind, du bist verwirrt, und das ist mehr als verständlich. Gestern hast du aus dem Mund dieser Schlange Details aus der Vergangenheit deines Mannes erfahren, die dich aufgebracht haben. Und dann heute dieser Tumult.
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