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Dem Sieger eine Handvoll Erde

Dem Sieger eine Handvoll Erde

Titel: Dem Sieger eine Handvoll Erde
Autoren: Alistair MacLean
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drückte die Klinke nieder. Ohne Erfolg. Die Tür war von außen verschlossen, und ihre massive Beschaffenheit schloß jeden Versuch, sie gewaltsam öffnen zu wollen, von vornherein aus. Und Harlow hatte außerdem nicht die Absicht, irgendwelche Spuren zu hinterlassen. Mit einem schnellen Blick sah er sich in der Garage um. Links von ihm hing an zwei Wandhaken eine leichte Holzleiter, die wahrscheinlich dafür gedacht war, die Reinigung der großen Oberlichter zu ermöglichen. In einer Ecke lag ein schlampig zusammengerolltes Abschleppseil auf dem Boden.
    Harlow hob das Seil auf, nahm die Leiter von den Haken, schlang das Seil um die oberste Sprosse und legte die Leiter an die Querstrebe. Dann ging er zur Tür und machte die Lichter aus. Mit der brennenden Taschenlampe in der Hand stieg er die Leiter hinauf und setzte sich mit gespreizten Beinen auf die Querstrebe. Er packte die Leiter, ohne das Seil loszulassen, und ließ sie hinunter, bis ihr unteres Ende sicher auf einem der Haken saß. Mit Hilfe des Seils ließ er das andere Ende der Leiter bis zu dem dafür bestimmten Wandhaken hinunter, löste mit einem Ruck das Seil von der Sprosse, rollte es zusammen und warf es in die Ecke, in der er es gefunden hatte. Gefährlich schwankend richtete er sich auf, bis er aufrecht auf der Querstrebe stand, schob seinen Kopf und seine Schultern durch das offene Oberlicht, zog sich hinauf und verschwand in der Nacht.
    MacAlpine und Dunnet waren die einzigen Gäste in der Hotelbar. Sie saßen schweigend da, bis der Ober ihnen die bestellten Whiskys brachte. MacAlpine hob sein Glas und lächelte freudlos.
    »Das war wirklich ein fabelhafter Tag heute. Mein Gott, bin ich müde.«
    »Du hast dich also entschlossen, Harlow weitermachen zu lassen«, sagte Dunnet.
    »Dank Jacobson. Er ließ mir ja keine andere Wahl.«
    Harlow, der die hellerleuchtete Hauptstraße entlangrannte, blieb plötzlich stehen. Die Straße war menschenleer, abgesehen von zwei großen Männern, die ihm entgegenkamen. Harlow zögerte, blickte sich rasch um und drückte sich dann in einen weit zurückversetzten Ladeneingang. Regungslos stand er da, bis die beiden Männer vorbei waren: Nicola Tracchia, Harlows Team-Genosse, und Willi Neubauer. Die beiden waren ganz in ihre leise und offensichtlich sehr ernste Unterhaltung vertieft. Keiner von ihnen bemerkte Harlow. Harlow trat aus der Nische, schaute sich vorsichtig nach beiden Seiten um, wartete, bis Tracchia und Neubauer um die nächste Ecke verschwunden waren, und rannte wieder los.
    MacAlpine und Dunnet tranken ihre Gläser leer. MacAlpine warf Dunnet einen fragenden Blick zu. »Nun, ich denke, wir können uns die Sache nicht ersparen«, sagte Dunnet.
    »So ist es«, meinte MacAlpine. Beide Männer standen auf, nickten dem Barkeeper zu und gingen.
    Harlow, der jetzt eine langsamere Gangart angeschlagene hatte, ging über die Straße auf das Hotel zu. Anstatt den Haupteingang zu benutzen, bog er in ein schmales Gäßchen ein, wandte sich nach rechts und begann, immer zwei Sprossen auf einmal nehmend, die Feuerleiter hinaufzuklettern.
    Seine Füße fanden ebenso sicher Halt wie die einer Bergziege. Sein Gesicht zeigte keinerlei Gefühlsregung. Aber in seinen klaren Augen standen Konzentration und Berechnung.
    Es war das Gesicht eines entschlossenen Mannes, der genau wußte, was er tat.
    MacAlpine und Dunnet standen vor der Tür von Zimmer 412. MacAlpines Gesicht zeigte eine seltsame Mischung aus Wut und Besorgnis. Dunnets Miene drückte merkwürdigerweise nur Gleichgültigkeit aus. Vielleicht verbarg sich dahinter auch etwas anderes, aber Dunnet war ein sehr verschlossener Mann, und es war sehr schwer zu erkennen, was er wirklich dachte. MacAlpine hämmerte an die Tür. Keine Reaktion. Er warf einen wütenden Blick auf seine abgeschürften Knöchel, blickte kurz zu Dunnet hinüber und startete einen erneuten Angriff auf die Tür. Dunnet äußerte sich nicht – weder mit Worten noch durch Mimik.
    Harlow erreichte die Plattform des vierten Stocks. Er schwang sich über das Geländer, machte einen langen Schritt auf ein nahegelegenes offenes Fenster zu, erreichte es sicher und stieg in das dahinterliegende kleine Zimmer. Auf dem Boden stand ein offener Koffer, dessen Inhalt in heillosem Durcheinander überall verstreut lag. Auf dem Nachttisch befanden sich eine Lampe mit einer schwachen Birne, die die einzige Lichtquelle des Zimmers war, und eine halbleere Whiskyflasche. Während MacAlpine sich draußen an der
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