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Dem Sieger eine Handvoll Erde

Dem Sieger eine Handvoll Erde

Titel: Dem Sieger eine Handvoll Erde
Autoren: Alistair MacLean
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Tageszeitung und je ein englisches und amerikanisches Motormagazin und als freier Mitarbeiter für einige andere Blätter hatte er sich in kürzester Zeit einen Namen als einer der wenigen hervorragenden, auf Autorennen spezialisierten Journalisten gemacht, die es auf der ganzen Welt gibt. Daß er das in knapp zwei Jahren geschafft hatte, war eine außergewöhnliche Leistung. Er war derart erfolgreich gewesen, daß er bei einer beträchtlichen Anzahl seiner weniger begabten Kollegen Neid, Mißfallen, ja sogar echten Zorn hervorgerufen hatte.
    Und es brachte ihm eben bei diesen Kollegen auch keine Sympathien ein, daß er sich, wie sie sagten, ›wie eine Klette an das Coronado-Team gehängt‹ hatte. Es gab zwar keine geschriebenen oder ungeschriebenen Gesetze für eine solche Verhaltensweise, denn bisher hatte sich noch kein freier Journalist offiziell zu einem bestimmten Team bekannt, aber nun, da er es als erster getan hatte, sagten seine Kollegen plötzlich, daß man so etwas nicht täte. Sie vertraten die Auffassung, daß er über alle Wagen und alle Fahrer gleichermaßen fair und unvoreingenommen berichten müsse, und ihre Mißbilligung wurde auch nicht geringer, als er ihnen vernünftig und mit unangreifbarer Genauigkeit nachwies, daß er genau das tat. Was seine Kollegen am meisten verbitterte, war, daß er ausgerechnet über das Coronado-Team, das zur Zeit das beste der Welt war, sämtliche Informationen aus erster Hand bekam. Und es wäre schwer zu leugnen gewesen, daß die Anzahl der Artikel, die er – abgesehen von den aktuellen Berichten – über das Team, hauptsächlich jedoch über Harlow geschrieben hatte, zusammen einen ganz ansehnlichen Band gefüllt hätten. Und die Tatsache, daß es ein Buch gab, das er gemeinsam mit Harlow herausgebracht hatte, verschlechterte die Laune seiner Kollegen noch um ein weiteres.
    »Ich fürchte, du hast recht, Alexis«, sagte MacAlpine. »Das heißt, ich weiß, daß du recht hast, will es aber nicht einmal mir eingestehen. Alle zittern vor ihm. Ich auch. Und jetzt das!«
    Sie blickten über die Boxen zu Harlow hinüber, der vor dem Verschlag auf einer Bank saß. Ohne sich darum zu kümmern, ob er beobachtet wurde oder nicht, goß er gerade wieder Brandy aus der inzwischen fast leeren Flasche in seinen Schwenker. Man mußte seine Hände gar nicht sehen, um zu wissen, daß sie noch zitterten: Obwohl das Toben der aufgebrachten Menge allmählich schwächer wurde, war der Lärm laut genug, um eine normale Unterhaltung fast unmöglich zu machen, und trotzdem konnte man das Klirren deutlich hören, mit dem der Flaschenhals gegen den Rand des Glases schlug. Harlow nahm einen großen Schluck und saß dann, die Ellbogen auf die Knie gestützt, regungslos da und starrte auf die verbeulten Überreste seines Wagens.
    »Und bis vor zwei Monaten trank er keinen Schluck Alkohol«, sagte Dunnet.
    »Was wirst du tun, James?«
    »Jetzt?« MacAlpine lächelte schwach. »Ich werde Mary besuchen. Ich denke, daß sie mich jetzt zu ihr lassen werden.« Sein Blick begann scheinbar ziellos umherzuwandern, streifte Harlow, der gerade wieder das Glas an die Lippen hob, glitt weiter zu den rothaarigen Rafferty-Zwillingen, die beinah so unglücklich aussahen wie Dunnet, und blieb an Jacobsen, Tracchia und Rory hängen, die alle die gleichen finsteren Gesichter machten und alle in die gleiche Richtung blickten. MacAlpine seufzte noch einmal tief zum Abschied, drehte sich um und ging davon.
    Mary MacAlpine war zweiundzwanzig Jahre alt. Trotz der vielen Stunden, die sie in der Sonne verbracht hatte, hatte sie eine blasse Haut, große braune Augen, schimmernde blauschwarze Haare, die sie aus der Stirn gebürstet trug, und das bezauberndste Lächeln, das man je am Rande einer Grand-Prix-Piste gesehen hatte. Und dieses Lächeln war nicht gewollt bezaubernd, es war einfach so. Jeder im Team – sogar der wortkarge und ständig schlechtgelaunte Jacobson – war auf irgendeine Weise in sie vernarrt, ganz zu schweigen von einer beträchtlichen Anzahl von Männern, die nicht zum Team gehörten. Mary wußte und akzeptierte diese Tatsache mit gelassener Selbstsicherheit, die sich allerdings weder in Belustigung noch in Herablassung ausdrückte. Herablassung war ihr völlig fremd. Sie betrachtete die Aufmerksamkeit, die andere ihr schenkten, lediglich als Antwort auf die Aufmerksamkeit, die sie wiederum ihnen schenkte. Obwohl sie ein sehr helles Köpfchen hatte, war Mary MacAlpine in vieler Hinsicht noch
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