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Dem Sieger eine Handvoll Erde

Dem Sieger eine Handvoll Erde

Titel: Dem Sieger eine Handvoll Erde
Autoren: Alistair MacLean
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Augenblick wurde ihre Windschutzscheibe getroffen. Jacobson duckte sich, aber es war zu spät. Er schrie auf, als zwei Kugeln sich in seine linke Schulter bohrten. Die allgemeine Verwirrung und den Lärm nutzte Mary, um die Wagentür zu öffnen und aus dem Wagen zu springen, so schnell ihr verkrüppelter Fuß es erlaubte. Keiner bemerkte, daß sie den Wagen verlassen hatte. Tracchia, von dem nur der obere Teil seines Kopfes hinter der Windschutzscheibe zu sehen war, schaffte es, den Aston freizubekommen und zu wenden. Mit aufheulendem Motor schoß er davon. Vier Sekunden später war ihm der Ferrari, in den Dunnet Mary schnell noch hereingezerrt hatte, bereits dicht auf den Fersen. Ohne sich um die Schnittwunden zu kümmern, die er sich dabei zuziehen konnte, hatte Harlow mit der Faust die zerschmetterte Windschutzscheibe durchschlagen. Dunnet benutzte vorsichtshalber den Griff seiner Pistole, um die Scherben aus dem Rahmen zu schlagen.
    Auf der rasenden Fahrt durch die gefährlichen Haarnadelkurven schrie Mary immer wieder angstvoll auf. Rory hatte den Arm ganz fest um seine Schwester gelegt, und obwohl er keinen Ton von sich gab, war er genauso von Angst geschüttelt wie Mary. Dunnet, der durch das Loch schoß, wo vorher die Windschutzscheibe gewesen war, sah auch nicht gerade glücklich aus. Harlows Gesicht war ruhig und unversöhnlich. Für einen unbeteiligten Betrachter mußte es aussehen, als säße ein Wahnsinniger am Steuer des Wagens; doch Harlow hatte den Wagen völlig unter Kontrolle. Zur Begleitmusik der kreischenden Reifen und des röhrenden Motors raste er die Serpentinen des Col de Tende hinunter, wie es noch niemand vor ihm getan hatte – und ganz sicher niemand nach ihm tun würde. Nach der sechsten Haarnadelkurve war er bis auf ein paar Meter an den Aston herangekommen.
    »Nicht mehr schießen!« brüllte Harlow. Er mußte brüllen, sonst hätte man ihn bei dem Höllenlärm, den der Motor in den unteren Gängen machte, nicht verstanden.
    »Warum?«
    »Weil wir noch nicht sicher sein können, auch zu treffen.«
    Der Aston schlitterte, nur noch eine Wagenlänge vor dem Ferrari, in eine scharfe Rechtskurve. Harlow beschleunigte, anstatt abzubremsen, steuerte scharf nach rechts, und der Wagen stellte sich mit kreischenden Reifen quer zur Fahrspur, scheinbar völlig außer Kontrolle geraten. Aber Harlow hatte sein Manöver genau berechnet – wenn auch haarsträubend knapp.
    Die eine Seite des Ferrari prallte mit voller Wucht gegen die Seite des Aston. Nach dem Aufprall wurde der Ferrari zur Straßenmitte geschleudert, während der Aston, hoffnungslos manövrierunfähig, auf den Straßenrand zurutschte. Und jenseits dieses Straßenrandes gähnte eine hundertachtzig Meter tiefe Schlucht.
    Harlow sprang genau in dem Augenblick aus dem haltenden Ferrari, als der Aston verschwand. Die anderen traten zu ihm. Alle vier blickten in den Abgrund hinunter.
    Der Aston fiel wie in Zeitlupe und überschlug sich auf seinem Weg in die Tiefe immer wieder. Dann verschwand er in der Dunkelheit, aber als er unten aufschlug, gab es einen scharfen Knall, und die riesige, orangefarbene Stichflamme, die aus dem Wrack schlug, schien fast bis zu ihnen heraufzureichen. Danach senkte sich absolute Stille über die Szene.
    Oben auf der Straße standen die vier regungslos, wie in Trance. Nach einer Weile schauderte Mary zusammen und vergrub ihr Gesicht an Harlows Schulter. Er legte den Arm um ihre Schulter und starrte, scheinbar ohne etwas zu sehen, in die Dunkelheit hinunter.
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