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Dem Gluecklichen Schlaegt Keine Stunde

Dem Gluecklichen Schlaegt Keine Stunde

Titel: Dem Gluecklichen Schlaegt Keine Stunde
Autoren: Anselm Gruen
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können wir nur stammeln. Wir sagen: „Es hat mich einfach überwältigt. Ich war ganz da. Ich war ganz weg.“ David Steindl-Rast, der österreichische Benediktiner und Eremit, sieht drei Eigenschaften in einem solchen Gipfelerlebnis. Das Erste ist, dass wir uns ganz vergessen. Wir meinen, es sei eine große Gnade, sich selbst annehmen zu können. Denn wir wissen, wie schwer es ist, wirklich zu sich ja zu sagen. Aber die Gnade aller Gnade würdedarin bestehen, sich selbst einmal vergessen zu können, einmal das Kreisen um sich selbst lassen zu können, einmal nicht mehr danach zu fragen, was es mir bringt, sondern einfach in dem sein, was ist. Unsere tiefste Sehnsucht geht danach, in der Anbetung einfach vor Gott niederzufallen, weil er Gott ist, von Gott so ergriffen zu sein, dass nichts anderes mehr zählt. Das Paradox dieser Erfahrung besteht darin, dass wir ganz präsent sind, wenn wir uns vergessen. Dann sind wir ganz im Augenblick, dann sind wir reiner Augenblick. Wir sind gegenwärtig. Und wir sind ganz wir selbst.

Ganz im Schauen
Ewiges Leben ist nicht in erster Linie das Leben nach dem Tod, sondern es ist eine eigene Qualität von Leben. Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass die Zeit verfliegt, dass sie brüchig ist, dass wir sie nicht festhalten können. Ewiges Leben ist ein Leben, das in der Zeit ist, aber doch über der Zeit steht, das nicht vergänglich und brüchig ist, sondern beständig, dauerhaft. Wir können in unserem Leben als Menschen die Ewigkeit nicht festhalten. Aber in dem Augenblick, in dem wir ganz im Schauen sind, in dem Zeit und Ewigkeit zusammenfallen, haben wir eine Ahnung von etwas Dauerhaftem, Beständigem, Ewigen, das nicht wieder zerfällt. In diesem Augenblick verstehen wir, was Ewigkeit ist. Und in solchen Augenblicken erfahren wir auch einen inneren Zusammenhang zwischen unserer begrenzten Lebenszeit und der Ewigkeit. In unsere begrenzte Zeit bricht immer wiederEwigkeit ein. Da berühren wir etwas, was die Zeit übersteigt und der Vergänglichkeit der Zeit nicht unterworfen ist. Das, was wir in solchen Erfahrungen nur ahnen, wird nach dem Tod für immer Wirklichkeit sein. In seinem „Cherubinischen Wandersmann“ hat Angelus Silesius das so ausgedrückt:
 
„Wenn ich in Gott vergeh’, so komm ich wieder hin,
Wo ich von Ewigkeit vor mir gewesen bin.“
 
Es wird keine langweilige, einfach nur ins Unendliche ausgedehnte Zeit sein. Vielmehr ist die Zeit dann aufgehoben in Ewigkeit.

Erlösende Hoffnung
Hoffnung hat jetzt und hier schon erlösende Kraft. Denn sie befreit mich schon hier von aller Angst und lässt mich daher die Gegenwart und meinen Alltag anders erleben. Ich bin frei, selbst lösend zu wirken und heilend auf andere zuzugehen. Ich selbst bin in der Lage, die Fesseln anderer zu lösen und befreiende Liebe in die Welt hinein zu tragen. Indem ich die Grenze des Todes als Einladung zu einem intensiven Leben hier und jetzt erfahre, kann ich gelassen und dankbar für jeden Augenblick sein.

Ein guter Geschmack
Wenn ich die Zeit totschlage oder sie mit hektischer Aktivität fülle, nütze ich niemandem. Wenn für mich alles langweilig ist, will niemand an meiner Langeweile teilhaben. Wenn ich ständig Hektik um mich verbreite, fliehen die Menschen vor mir. Denn sie wollen sich nicht von meiner Hektik anstecken lassen. Aber wenn ich die Zeit genieße, werden es auch die Menschen genießen, mit mir zusammen zu sein. Sie möchten dann etwas lernen von meiner Lebenskunst, im Einklang mit mir und dem Leben zu sein, mit der Kunst, das Wenige, das ich habe, zu genießen. Die Zeit bleibt immer dieselbe. Aber wenn wir die Zeit genießen, bekommt sie eine andere Qualität, für uns selbst und für die Menschen um uns herum. Wir geben ihr dann einen guten Geschmack.

Kostbar jeder Tropfen
Was unbegrenzt zur Verfügung steht, wird in aller Regel nicht sonderlich geschätzt. Was knapp ist, ist kostbar. Wir spüren, dass die Zeit kostbar ist. Sie ist zu schade, sie mit Nichtigkeiten zu füllen. Wer bewusst älter wird, hat eine besondere Beziehung zur Zeit. Und gerade der alte Mensch spürt, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleibt. Also ist die Zeit, die ihm geschenkt ist, wertvoll.
 
Wenn wir im Alter fähig werden, die Zeit zu genießen, ganz im gegenwärtigen Augenblick zu sein, dann wird sie nicht weniger werden, dann wird sie uns nicht durch die Finger rinnen. Sie wird uns in jedem Augenblick geschenkt. Und wir ahnen in der Zeit schon etwas von der Ewigkeit. Zeit
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