Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dem Feuer zu nah

Dem Feuer zu nah

Titel: Dem Feuer zu nah
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
sie wieder im Hellen stand. „Sind Sie ein Farmerjunge, der nebenbei als Anwalt arbeitet, oder ein Anwalt, der auf der Farm aushilft?”
    „Im Moment komme ich mir vor wie beides. Die letzten paar Jahre habe ich in Hagerstown gelebt.” Er passte seine Schritte ihren an. „Vor einigen Monaten bin ich wieder hergezogen. Ich habe allerdings häufig in der Stadt zu tun und kann deshalb Shane und Devin nicht so zur Hand gehen, wie ich es möchte.”
    „Devin?” Sie blieb vor der Scheune stehen, wo die Sonne hell und warm schien. „Ach ja, der Sheriff. Bryan hat ihn bereits erwähnt. Er lebt auch hier auf der Farm, nicht wahr?”
    „Er übernachtet hin und wieder hier”, antwortete Jared. „Er lebt in seinem Büro.”
    „Der Kampf gegen das Verbrechen? In einer Stadt mit zwei Ampeln?”
    „Devin nimmt seinen Beruf ernst.” Jared sah dorthin, wo Bryan um Shane herumtanzte, während dieser die Kühe zurück auf die Weide trieb. „Haben Sie noch einmal über den Nachlass Ihres Vaters nachgedacht?”
    „Nachlass. Was für ein ernstes Wort. Ja, ich habe darüber nachgedacht. Ich muss zuerst einmal mit Bryan darüber sprechen.” Jared zog eine Augenbraue hoch, und sie fuhr mit leiser Stimme fort: „Wir sind ein Team, Mr. MacKade. Er hat ein Mitspracherecht. Heute Nachmittag haben wir ein Baseball-Match, und ich will ihn vorher nicht damit belasten. Sie werden meine Antwort am Montag erhalten.”
    „Fein.” Jared schaute über ihre Schulter, und das verärgerte Glitzern in seinen Augen lockte bei Savannah ein Lächeln hervor.
    „Lassen Sie mich raten. Ihr Bruder starrt wieder auf meinen Po.”
    Verblüfft sah Jared sie an. „Das merken Sie?”
    Ihr Lachen klang sehr ungekünstelt und ansteckend. „Frauen merken so etwas immer. Manchmal lassen wir es euch Männern durchgehen, das ist alles.” Sie rief ihren Sohn herbei. „Komm, Bryan. Du hast vor dem Spiel noch eine Menge zu tun.”
    Auf dem Weg durch den Wald schwärmte Bryan ihr unaufhörlich von den Kätzchen, dem bevorstehenden Match und den Tieren auf der MacKade-Farm vor.
    Er ist glücklich, dachte Savannah. Und er war in Sicherheit. Sie hatte es geschafft. Ganz allein. Fast hätte sie laut geseufzt und ihrem Sohn verraten, dass sie sich Sorgen machte. Manchmal war es so schwer, die richtige Entscheidung zu treffen.
    „Warum läufst du nicht vor, Bry? Erledige deine Aufgaben und zieh dich für das Spiel um. Ich glaube, ich setze mich hier noch für eine Weile hin.”
    Er blieb stehen, kickte einen Kieselstein fort. „Warum sitzt du so oft hier draußen?”
    „Weil ich gern hier bin.”
    Er sah ihr aufmerksam ins Gesicht. „Wir ziehen also nicht wieder um?”
    Sie bückte sich und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. „Nein, wir bleiben hier.”
    Er strahlte. „Cool.”
    Dann rannte er davon. Savannah setzte sich auf einen umgestürzten Baumstamm, schloss die Augen und versuchte an gar nichts zu denken. Aber so viele Dinge beschäftigten sie – Erinnerungen, Fehler, Zweifel. Sie verdrängte sie und konzentrierte sich auf die Stille und den Ort in ihrem Inneren, an dem es keine Sorgen gab.
    Das war ein Trick, den sie als Kind gelernt hatte. Damals, als das Leben zu verwirrend gewesen war, um sich ihm zu stellen. Die langen Fahrten im klappernden Pick-up, die endlosen Stunden in übel riechenden Ställen, die lauten Stimmen, der Hunger, das Babygeschrei, die Kälte in den schlecht geheizten Zimmern, all das war nur zu ertragen gewesen, wenn sie sich für einige Minuten in ihr Inneres zurückzog. Entscheidungen fielen plötzlich leichter, neue Zuversicht stellte sich ein.
    Fasziniert, so als wäre er einem rätselhaften Geschöpf des Waldes begegnet, beobachtete Jared Savannah. Sie saß vollkommen reglos, das exotische Gesicht absolut entspannt. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn ein Schmetterling oder ein Vogel auf ihrer Schulter gelandet wäre.
    Diese Wälder hatten immer ihm gehört, waren sein geheimer Zufluchtsort gewesen. Dass sie hier saß, kam ihm nicht wie ein unerlaubtes Eindringen vor. Es störte ihn nicht. Es überraschte ihn auch nicht, denn irgendwie schien er geahnt zu haben, dass er sie hier finden würde, wenn er zum richtigen Zeitpunkt nach ihr suchte.
    Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er den Atem anhielt und nicht einmal zu blinzeln wagte, aus Furcht, sie könnte sich in Luft auflösen und niemals wieder hierher zurückkehren.
    Langsam schlug sie die Augen auf und blickte geradewegs in seine. Einen Moment brachte keiner von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher