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Delirium

Delirium

Titel: Delirium
Autoren: Lauren Oliver
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Klimaanlage verursacht mir überall Gänsehaut und die Härchen auf meinen Armen richten sich auf. Großartig. Jetzt werden die Gutachter mich für ein pelziges Biest halten.
    Ich falte meine Kleider, auch den BH , zu einem ordentlichen Stapel zusammen und schlüpfe in den Kittel. Er ist aus superdünnem Plastik und als ich ihn um meinen Körper wickele und mit einem Knoten in der Taille befestige, bin ich mir vollkommen bewusst, dass man praktisch alles – auch meine Unterhose – dadurch sehen kann.
    Bald ist es vorbei.
    Ich atme tief durch und gehe durch die blaue Tür.
    Im Labor ist es noch heller – blendend hell, so dass die Gutachter mich erst einmal nur als jemand Blinzelnden wahrnehmen können, der einen Schritt zurücktritt und die Hand vors Gesicht hält. Vier Schatten treiben in einem Kanu vor mir. Dann gewöhnen sich meine Augen an das Licht und der Anblick verwandelt sich in die vier Gutachter, die hinter einem langen, niedrigen Tisch sitzen. Der Raum ist riesig und vollkommen leer, abgesehen von den Gutachtern und einem stählernen OP -Tisch, der in der Ecke an der Wand steht. Deckenlampen strahlen in Doppelreihen auf mich herab und mir fällt auf, wie hoch dieser Raum ist, bestimmt an die zehn Meter. Ich habe den starken Drang, die Arme vor der Brust zu verschränken, mich irgendwie zu bedecken. Mein Mund wird ganz trocken und mein Verstand wird genauso heiß, leer und weiß wie die Lichter. Ich kann mich nicht erinnern, was ich tun oder sagen soll.
    Zum Glück spricht einer der Gutachter, eine Frau, zuerst. »Hast du deine Bogen dabei?« Ihre Stimme klingt freundlich, aber das hilft nicht gegen die Faust, die sich tief unten in meinem Magen geballt hat und meine Eingeweide zerquetscht.
    O Gott , denke ich. Ich mach mir in die Hose. Gleich mach ich mir hier vor allen Leuten in die Hose. Ich versuche mir vorzustellen, was Hana sagen wird, wenn das hier vorbei ist, wenn wir durch die Nachmittagssonne spazieren, umgeben vom schweren Geruch nach Salz und sonnengewärmtem Asphalt. »Himmel«, wird sie sagen, »was für eine Zeitverschwendung. Wie sie dagehockt und mich angestarrt haben wie vier Frösche auf einem Baumstamm.«
    Â»Ã„h … – ja.« Ich trete näher und es fühlt sich an, als wäre die Luft fest geworden und leistete mir Widerstand. Als ich nur noch einen knappen Meter vom Tisch entfernt bin, strecke ich den Arm aus und reiche den Gutachtern mein Klemmbrett. Es sind drei Männer und eine Frau, aber ich stelle fest, dass ich ihnen nicht lange ins Gesicht sehen kann. Ich mustere sie kurz, dann ziehe ich mich wieder zurück, ohne mehr als den flüchtigen Eindruck von einigen Nasen, ein paar dunklen Augen, dem Aufblitzen einer Brille gewonnen zu haben.
    Mein Klemmbrett hüpft die Reihe der Gutachter entlang. Ich presse die Arme an die Seiten und versuche entspannt auszusehen.
    Hinter mir zieht sich eine Tribüne über die ganze Länge der Wand, etwa sechs Meter über dem Boden. Der Zugang führt durch eine kleine rote Tür hoch oben hinter den ansteigenden Reihen aus weißen Sitzen, die offensichtlich für Studenten, Ärzte, Praktikanten und Nachwuchswissenschaftler gedacht sind. Die Wissenschaftler des Labors führen nicht nur den Eingriff durch, sie kümmern sich auch um die anschließenden Nachsorgeuntersuchungen und behandeln oft auch andere schwierige Fälle.
    Mir wird bewusst, dass die Operation hier durchgeführt wird, in diesem Raum. Dazu dient wahrscheinlich der OP -Tisch. Die Angstfaust ballt sich erneut in meinem Magen. Obwohl ich oft daran gedacht habe, wie es wohl sein wird, geheilt zu sein, habe ich aus irgendeinem Grund nie über den eigentlichen Eingriff nachgedacht: den harten Metalltisch, die blinkenden Lichter über mir, die Schläuche und Kabel und den Schmerz.
    Â»Lena Haloway?«
    Â»Ja, das bin ich.«
    Â»Gut. Warum erzählst du uns zu Anfang nicht ein bisschen was über dich?« Der Gutachter mit der Brille beugt sich vor, breitet die Hände aus und lächelt. Er hat große quadratische weiße Zähne, die mich an Badezimmerkacheln erinnern. In seinen Brillengläsern spiegelt sich das Licht, so dass ich seine Augen nicht erkennen kann und wünschte, er würde die Brille absetzen. »Erzähl uns etwas über die Dinge, die du gerne tust. Deine Interessen, Hobbys, Lieblingsfächer.«
    Ich beginne meine vorbereitete
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