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Delirium

Delirium

Titel: Delirium
Autoren: Lauren Oliver
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weißt doch, dass das nicht funktioniert. Guck dir an, wie es früher war. Die ganze Zeit über Chaos, Kämpfe und Krieg. Den Leuten ging es schlecht.«
    Â»Ich hab doch gesagt, ich nehm’s zurück.« Sie lächelt mich an, aber ich bin immer noch sauer und sehe weg.
    Â»Außerdem«, fahre ich fort, »haben wir sehr wohl eine Wahl.«
    Normalerweise erstellen die Gutachter eine Liste mit vier oder fünf genehmigten Treffern und man darf sich daraus jemanden aussuchen. So sind alle zufrieden. In all den Jahren, seit der Eingriff durchgeführt und die Ehen vermittelt werden, gab es weniger als zwölf Scheidungen in Maine und weniger als tausend in den gesamten Vereinigten Staaten – und in fast all diesen Fällen stand entweder der Ehemann oder die Ehefrau im Verdacht, Sympathisant zu sein, weshalb die Scheidung nötig war und vom Staat genehmigt wurde.
    Â»Eine beschränkte Wahl«, verbessert sie mich. »Wir dürfen aus Leuten wählen, die für uns ausgewählt wurden.«
    Â»Jede Wahl ist beschränkt«, gebe ich giftig zurück. »So ist das Leben.«
    Sie macht den Mund auf, wie um etwas zu erwidern, aber stattdessen fängt sie einfach an zu lachen. Dann nimmt sie meine Hand und drückt sie, zweimal kurz, zweimal lang. Das ist unser altes Zeichen, eine Gewohnheit, die wir in der zweiten Klasse entwickelt haben, wenn eine von uns Angst hatte oder aufgeregt war, eine Art auszudrücken: Keine Sorge, ich bin hier .
    Â»Schon gut. Jetzt werd nicht gleich aggressiv. Es gibt nichts Besseres als die Evaluierungen, okay? Lang lebe der Tag der Evaluierung.«
    Â»Das klingt schon besser«, sage ich, aber ich bin immer noch nervös und ärgerlich. Die Schlange schiebt sich langsam vorwärts. Wir durchqueren die Eisentore mit ihrer verworrenen Krone aus Stacheldraht und betreten die lange Auffahrt, die zu den verschiedenen Laborkomplexen führt. Wir gehen auf Gebäude 6C zu. Die Jungen gehen zu 6B und die Schlangen führen langsam voneinander weg.
    Als wir weiter nach vorne kommen, trifft uns jedes Mal, wenn die Glastüren aufgleiten und sich summend wieder schließen, ein Schwall klimatisierter Luft. Es fühlt sich herrlich an, als würde man einen Moment lang von Kopf bis Fuß in eine dünne Schicht Speiseeis getaucht, und ich drehe mich um und hebe meinen Pferdeschwanz an. Ich wünschte, es wäre nicht so verdammt heiß. Zu Hause haben wir keine Klimaanlage, nur große, unförmige Ventilatoren, die immer mitten in der Nacht den Geist aufgeben. Und meistens dürfen wir noch nicht mal die benutzen. Sie verbrauchen zu viel Strom, sagt Carol, und den sollen wir nicht verschwenden.
    Schließlich sind nur noch wenige Leute vor uns. Eine Krankenschwester kommt mit einem Stapel Klemmbretter und einer Handvoll Stifte aus dem Gebäude und fängt an, sie in der Schlange zu verteilen.
    Â»Bitte füllt alle nötigen Felder aus«, sagt sie, »medizinische und familiäre Vorgeschichte eingeschlossen.«
    Mein Herz klopft mir bis zum Hals. Die ordentlich nummerierten Kästchen auf der Seite – Nachname, Vornamen, Rufname, aktuelle Adresse, Alter – verschwimmen. Ich bin froh, dass Hana vor mir steht. Sie macht sich schnell daran, die Formulare auszufüllen, wozu sie das Klemmbrett auf ihrem Unterarm abstützt und mit dem Stift über das Papier saust.
    Â»Die Nächste.«
    Die Türen gleiten wieder auf und eine andere Krankenschwester erscheint und macht Hana ein Zeichen einzutreten. In der kühlen Dunkelheit hinter ihr kann ich ein leuchtend weißes Wartezimmer mit einem grünen Teppich erkennen.
    Â»Viel Glück«, wünsche ich ihr.
    Sie dreht sich um und schenkt mir ein kurzes Lächeln. Aber ich merke, dass sie jetzt doch nervös ist. Zwischen ihren Augenbrauen steht eine dünne Falte und sie kaut an ihrer Lippe.
    Sie macht sich auf den Weg ins Labor, dann dreht sie sich plötzlich wieder um und kommt zu mir zurück. Ihr Gesicht sieht wild und fremd aus, sie packt mich an beiden Schultern und hält ihren Mund direkt an mein Ohr. Ich bekomme einen solchen Schreck, dass mir das Klemmbrett runterfällt.
    Â»Du weißt doch, dass man nicht glücklich sein kann, ohne manchmal auch unglücklich zu sein, oder?«, flüstert sie und ihre Stimme ist rau, als hätte sie gerade geweint.
    Â»Was?«
    Ihre Nägel bohren sich in meine Schultern und in diesem
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