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Deine Steuern sollst du zahlen (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)

Deine Steuern sollst du zahlen (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)

Titel: Deine Steuern sollst du zahlen (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
Autoren: Ursula Reist
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Marina kannte ihre Kundin gut genug um zu wissen, dass sie nicht locker lassen konnte. Zum nächsten Termin würde sie einen Zeitschriftenartikel über Migräne mitbringen, oder einen Prospekt über die neueste, garantiert wirksame Therapie auf der Basis von Haifischknorpel – die bald siebzigjährige Frau Füglistaller selbst war robust und gesund, ab er sie befasste sich liebend gern mit den Krankheiten anderer Leute.
    „Jetzt wird es warm, Frau Füglistaller.“ Marina legte ein feuchtes Tuch auf das Gesicht ihrer Kundin, wobei sie nur die Nase freiliess. „Ich weiche Ihre Haut ein wenig auf, damit die Pflege nachher besser einzieht.“ Und damit du wenigstens für einen Moment schweigst, dachte sie, und ich nicht ständig auf der Hut sein muss vor neuen Ratschlägen. Mit geübtem Griff öffnete sie eine Ampulle und liess den Inhalt in eine kleine Schale tropfen. Sie entfernte das Tuch und verteilte das Serum auf Wangen, Stirn, Kinn und Nase, dann arbeitete sie den Wirkstoff gegen Falten mit klopfenden Bewegungen in die Haut und liess ihn einwirken. Sie mischte eine Maske – „Achtung, Frau Füglistaller, es wird kalt“ – und trug sie mit einem Pinsel auf Gesicht, Hals und Dekolleté auf. „Zwanzig Minuten, dann ist Ihre Haut wieder wie neu. Schlafen Sie gut!“ Marina stand auf und nahm die gebrauchten Utensilien mit in die Küche; in kurzer Zeit hörte sie deutliches Schnarchen aus der Kabine. Was ist nur los mit mir, fragte sich Marina. Ich bin doch sonst viel toleranter, lasse meine Kundinnen reden, ärgere mich nicht.
    „So, meine schläft, Ihre auch?“ Diana, die vor kurzem ihre Lehrabschlussprüfung mit Bravour bestanden hatte, kam in die Küche und schenkte sich eine Cola ein. „Ehrlich, wenn sie nicht mit dem Rauchen aufhört, werden die Poren nur noch grösser, da kann ich nicht viel dagegen tun.“ „Psst, nicht so laut, Diana“, sagte Marina mit Ärger in der Stimme. „Wie oft habe ich Ihnen schon gesagt, dass man uns in den Kabinen hören kann!“
    „Schon gut, Chefin, ich werde ab jetzt flüstern.“ Diana schaute ihre Vorgesetzte herausfordernd an. „Warum regen Sie sich eigentlich so auf? In letzter Zeit sind Sie ziemlich gestresst und aggressiv, finde ich.“
    „Ach, bin ich das? Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig als zu schweigen und Ihnen das Reden zu überlassen.“ Marina trank ihr Wasser aus und stellte das Glas etwas zu laut in die Spüle.
    „Jetzt seien Sie doch nicht gleich eingeschnappt, Chefin. Wir haben alle mal einen schlechten Tag, obwohl es bei Ihnen eher ein schlechter Monat zu sein scheint. Kann ich etwas tun, damit es Ihnen besser geht?“
    Marina lächelte ihre Mitarbeiterin an. „Danke, Diana, es geht mir gut und ich schlage vor, dass Sie Ihre Kundin jetzt weiter betreuen. Ich werde dasselbe tun.“
    „Okay, wenn Sie nicht wollen ...“, murmelte Diana, warf noch einen prüfenden Blick in den Spiegel und rauschte zur Küche hinaus. Sie wusste, dass es keine Kopfschmerzen waren, die Marina plagten, dafür kannte sie sie zu gut. Nein, es war wohl eher Beziehungsstress oder sonst eine Krise, die ihrer Vorgesetzten zu schaffen machte, und über diese privaten Dinge redete sie nie. Diana und ihre Kollegin Nicole wussten zwar, dass Nick Baumgarten, der stellvertretende Chef der Kriminalpolizei, seit ein paar Jahren Marinas Freund war, aber Details erfuhren die Mitarbeiterinnen nicht, auch wenn sie neugierig waren und gerne mehr gewusst hätten, zum Beispiel ob die beiden planten, zusammenzuziehen oder sogar zu heiraten. Marina blockte Fragen nach ihrem Privatleben konsequent ab mit der Bemerkung, sie seien eine Arbeitsgemeinschaft und nicht eine Familie, und auch aus dem charmanten Kommissar war nichts herauszuholen, wenn er sich einmal blicken liess im Institut an der Rathausgasse. Diana seufzte, zog den Vorhang zu und widmete sich wieder ihrer Kundin. Es würde sich schon herausstellen, woran Marina Manz litt, da war sich die junge Frau ganz sicher.
    *
    „Andrew, was für eine Überraschung!“ Nick Baumgarten und Angela Kaufmann waren auf dem Weg ins Telli, als es klingelte. Die Nummer auf dem Display seines Mobiltelefons hatte er nicht erkannt. „Wo auf der grossen weiten Welt steckst du?“
    „Actually, ich bin hier in Küttigen, bei Maggie und Selma, und ich wollte dich fragen, ob du Zeit hast für einen Whisky unter Männern heute Abend. Oder steckst du gerade mitten in einem Fall?“
    „Das tue ich, aber für ein Glas mit dir habe ich immer
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