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Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Titel: Deine Lippen, so kalt (German Edition)
Autoren: Amy Garvey
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Einzige, was zählte.
    Eine Liebe wie diese ist der Stoff, aus dem man Filme macht. Sie ist die eine Sache, nach der man sich verzehren soll, die Antwort auf all deine Fragen, das Lied, in das es einzustimmen gilt.
    Aber eine Liebe wie diese kann auch zu gewaltig werden. Man sollte sie nicht einer Person anvertrauen, die stets die Eier fallen lässt und die Fernbedienung kaputt macht.
    Ich habe entdeckt, dass Liebe nicht so einfach zerbricht. Menschen dagegen schon.

Kapitel eins
    D anny wartet auf dem Dachboden über Mrs Petrellis Garage auf mich. Wir haben uns dort eine Art Nest gebaut, direkt an der Wand, weit weg von dem zerbrochenen Fenster. Zwei uralte muffige Matratzen liegen übereinander in der Ecke, umhüllt von einem alten gestreiften Bettlaken, das ich aus unserem Keller geholt habe. Da sind auch eine Bettdecke (hauptsächlich für mich), eine Holzkiste voller Bücher, Papier und Buntstifte, ein paar Kissen und eine Schachtel mit dicken weißen Kerzen.
    Wir sehen uns nicht besonders oft bei Tageslicht.
    Mrs Petrellis Haus steht hinter unserem, und ich zwänge mich auf dem Weg zu ihrer Garage durch die wild wuchernde Hecke, die unseren Garten umschließt. Mrs Petrelli ist auf die Art alt, die sich nur schwer bestimmen lässt – zu alt, um noch länger zu arbeiten, aber noch nicht gebrechlich genug, um ins Altersheim gesteckt zu werden. Nicht, dass sie je gearbeitet hätte, soweit ich weiß. Als Mr Petrelli vor zwei Jahren gestorben ist, war es, als habe man ihr die Luft rausgelassen. Sie hat sich zusammengerollt wie ein altes, vergilbtes Blatt Papier. Da sie kein Auto mehr fährt, interessiert sie auch nicht, was mit ihrer Garage ist.
    Danny liegt auf den Matratzen, als ich die wacklige Bodentreppe hochkraxle, aber er setzt sich sofort auf. In der Dunkelheit hat es etwas ungeheuer Faszinierendes, ihn zu beobachten; wie sein Oberkörper sich mit einer langsamen, fließenden Bewegung aufrichtet und sein Kopf sich mir zuwendet, damit er mich anlächeln kann.
    »Du bist gekommen.« Er klingt überrascht, dankbar, und bei seinen Worten zieht sich in meiner Brust alles zusammen – zu einem festen, kleinen Knoten geballter Schuld.
    »Das tue ich doch immer.« Ich kuschle mich neben ihn, lege meinen Kopf auf seine Schulter. »Das werde ich immer.«
    Ich fröstle ein wenig, als ich meine Wange in die Mulde an seinem Schlüsselbein schmiege. Es wird immer schwerer, sich an den Danny von früher zu erinnern. Jener Danny hätte nicht so geduldig auf mich gewartet. Er hätte mich angerufen, sich in der Schule im Gang von hinten an mich rangeschlichen und sein Gesicht in meinem Nacken vergraben. Jener Danny hatte Ideen, verrückte, spätnächtliche Fantasien, die miteinander verbunden waren wie die Glieder einer Büroklammerkette. Er wollte mir das Singen beibringen, damit ich Teil seiner Band werden konnte, und dann wären wir getourt. Ryan war derjenige, der unsere Rock-Odyssee finanzieren sollte, obwohl Becker der mit der Kohle war. Aber wie Danny meinte, war Ryan der mit dem Köpfchen. Dannys Charme ging einem unter die Haut wie ein guter Song, der sich in deinem Kopf festsetzt und dir keine andere Wahl lässt, als mitzusummen.
    Dann gab es da noch die Comicstrip-Idee. Danny hatte seitenweise Zeichnungen von mir gemacht. Und eines Tages entdeckte ich ihn dabei, wie er sie mit breiterem Strich neu zeichnete, ihnen klarere Konturen verlieh und mein spitzes Kinn und die Art, wie mein Haar vorne hochstand, übertrieben betonte. Ich fand, ich sah aus wie eine missmutige Baby-Zicke, aber er schüttelte nur den Kopf und zog mich auf seinen Schoß. »Ich mach eine Superheldin aus dir. Es wird umwerfend. Vertrau mir.«
    Und das tat ich, obwohl ich ihn anknurrte, als ich das Vampirbild sah. Darauf war zu bewundern, wie ich auf einen Tisch kletterte, um einem Blutsauger, der einem unserer Sportlehrer verdammt ähnlich sah, Dolche entgegenzuschleudern, die aus meinen Augen schossen. Kein Witz. Ich war klein, na gut, aber das musste man ja nicht dermaßen betonen. Ich stieß Danny dafür den Ellbogen in die Rippen. Er lachte nur.
    Ich vertraute Danny in allem, sogar wenn er mich mitten in der Nacht eine Feuerleiter hochzog, um auf das Dach über dem Kino zu gelangen, von wo aus man die dunklen, gemächlichen Kurven der Bahnlinien auf ihrem Weg in die Stadt verfolgen konnte. Ich ließ mich von ihm mit meinem ersten scharfen Curry füttern und anschließend die Hitze aus meinem Mund küssen. Ich beobachtete im Spiegel, wie er
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