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Dein Ende wird dunkel sein (German Edition)

Dein Ende wird dunkel sein (German Edition)

Titel: Dein Ende wird dunkel sein (German Edition)
Autoren: Michelle Paver
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war der Bär aus dem Blickfeld getappt.
    Töten oder getötet werden. Darauf läuft es hinaus. Und dennoch finde ich es nicht entsetzlich. Es liegt etwas Wahres darin. Eine Art raue Schönheit.
    Ich glaube, das ist es, was die Arktis für mich bedeutet. Ich glaube, hier oben werde ich imstande sein, «mit beiden Lungen zu atmen», wie Mr. Eriksson sagt: zum ersten Mal seit Jahren klar zu sehen. Direkt bis zum Kern der Dinge.

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    4
    1. August, Advent Fjord, bei Longyearbyen
    Eine Katastrophe. Hugo ist über eine Taurolle gestolpert und hat sich das Bein gebrochen.
    Alle Mann verhielten sich vorbildlich, ganz ruhig und beherrscht. «Kopf hoch, alter Junge, das kriegen wir bald wieder hin.» Die Folgen waren zu ungeheuerlich, um sie laut auszusprechen.
    Der Erste Offizier hat das Bein geschient, und wir haben Hugo in seine Kabine getragen. Mr. Eriksson, mit unergründlicher Miene, hat das Schiff gewendet und Kurs auf Longyearbyen genommen.
    Der Erste Offizier hat für Hugo getan, was er konnte, dann haben Gus, Algie und ich uns in seine Kabine gezwängt und Hugo zu überzeugen versucht, dass er uns nicht im Stich gelassen und nicht die ganze Expedition gefährdet hat.
    «Dämlich, dämlich, Scheiße, Scheiße, Scheiße !» Er hieb mit den Fäusten auf seine Matratze ein. Die dunklen Haare klebten ihm an den Schläfen, seine Wangen waren gerötet von dem Kokain aus dem Arzneischrank.
    «Du kannst nichts dafür», sagte Gus tonlos.
    «Ganz sicher nicht!», pflichtete Algie lauthals bei.
    Ich stimmte zu spät ein, und das ist Hugo nicht entgangen. Es war mir egal. Ich war wütend auf ihn.
    Algie gab ein unsicheres Lachen von sich. «Wir sind anscheinend vom Pech verfolgt, was? Zuerst Teddy und jetzt Hugo.»
    «Vielen Dank für diese Binsenwahrheit», sagte Gus.
    Einen Moment lang sprach keiner. Dann sagte Hugo: «Also, wir machen Folgendes. Ihr setzt mich in Longyearbyen ab, wo ich mich behandeln lasse und den Geldgebern telegraphiere, damit sie mir eine Koje auf dem nächsten Schiff nach Hause besorgen. Und ihr drei», er hob das Kinn, «macht ohne mich weiter.»
    Schweigen. Keiner wollte zugeben, dass er dasselbe dachte.
    Bestürzt fuhr Algie sich mit der Hand durch die roten Haare. «Aber – du bist unser Gletschermann. Wer soll das Lager auf dem Gletscher belegen?»
    «Das müssen wir uns natürlich aus dem Kopf schlagen», schnauzte Gus.
    «Was?», rief Algie. «Aber die Hunde …»
    «Sind jetzt vollkommen überflüssig», sagte Hugo. «Gott, Algie, kannst du beschränkt sein.»
    «Das verstehe ich nicht», sagte Algie. «Was machen wir denn dann mit den Hunden?»
    Gus hob die Arme.
    «Mir scheint», sagte ich, «wir wären ohne sie besser dran. Ich habe Mr. Eriksson gefragt, ob wir sie in Longyearbyen verkaufen können, aber er sagt, der Minenleiter hat schon ein Gespann. Er hat gesagt …» Ich zögerte. «Er meint, wir sollen uns ihrer entledigen.»
    Allgemeine Empörung. Wie ich so etwas auch nur in Erwägung ziehen könne? Die Hunde könnten doch auf vielfältige Weise nützlich sein: Algie bei seinen geologischen Beobachtungen durch die Gegend ziehen, uns vor Bären warnen. Vorschlag einstimmig abgelehnt.
    «Also gut, dann sind wir uns einig», sagte Hugo. Er unterdrückte ein Stöhnen, als er seine Lage veränderte. «Ich gehe nach Hause, ihr drei macht ohne mich weiter. Mit den Hunden. Ja?»
    Keiner wollte der Erste sein, der zustimmte.
    Wir haben den armen Hugo vor einer Stunde im Sykehus in Longyearbyen zurückgelassen. Morgen wird er an Bord des Urlauberseglers nach Tromsø zurückkehren. Er wird mir fehlen. Ich glaube, wir hätten Freunde werden können. Mir wäre es lieber gewesen, der dicke Algie hätte sich das Bein gebrochen.
    Hugo wollte nicht, dass wir bei ihm blieben, und ich atmete auf, denn ich kam mir in Longyearbyen so fremd vor wie die Urlauber von dem Segler.
    Gott, was für ein armseliges Kaff. Eine heruntergekommene Siedlung mit circa fünfhundert Einwohnern ist alles, was von dem großen arktischen «Kohlenrausch» geblieben ist. Vor wenigen Jahrzehnten berichtete eine Gruppe von Kohlesuchern von großen Lagern, und Habgier übernahm die Macht. Länder balgten sich um das Abstecken von Claims, Firmen schossen wie Pilze aus dem Boden, nahmen allein aufgrund von Erwartungen Kredite in Millionenhöhe auf. Die meisten sind bankrottgegangen oder wurden für einen Spottpreis von den Norwegern aufgekauft, die heute das betreiben, was noch übrig ist.
    In den Büchern war zu
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