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Debütantinnen - Roman

Titel: Debütantinnen - Roman
Autoren: PeP eBooks
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wäre zu Hause, doch sie war nicht da. Die Wohnung war leer. Und nicht zum ersten Mal kam sie ihr zugerümpelt vor und in der Zeit erstarrt. Nach ihrer Rückkehr aus New York hatte sie dies zunächst als tröstlich empfunden. Jetzt kam ihr die Wohnung zu groß vor, sogar ein wenig grotesk für eine Person.
    Sie wanderte in die Küche, öffnete den Kühlschrank und kramte, obwohl sie keinen Hunger hatte, zwischen den Resten herum. Sie schloss den Kühlschrank wieder und setzte mit mechanischen Bewegungen, wie betäubt, Teewasser auf. Sie schaltete den Wasserkessel ein, auch wenn das Letzte, wonach ihr der Sinn stand, eine Tasse Tee war. Sie wusste nicht, was sie wollte, nur dass es nicht hier war. Sie fand es einfach nicht. Und sie wusste nicht, wo sie noch suchen sollte.
    Auf dem Küchentisch lag eine Nachricht.
    »Jack hat angerufen, während Du unterwegs warst, und hat auf dem AB eine Nachricht hinterlassen, die ich nicht verstehe − vielleicht ein privater Witz? Er hat nur gesagt: Keine Ausreden mehr, Katie.«
    Sie starrte darauf.
    Las sie noch einmal.
    Das Teewasser kochte.
    Sie setzte sich.
    Keine Ausreden mehr.
    Es war eine Herausforderung, eine Provokation.
    Und eine Erklärung.
    Gerade als es schien, als gäbe es keinen Grund, je wieder an irgendetwas zu glauben, geschah etwas Wunderbares, etwas, das man sich so sehr gewünscht hatte, dass man es sich nicht verdienen konnte.
    Sie schloss die Augen, um den Augenblick fest in ihrer Erinnerung zu verankern.
    Es war auf die Rückseite einer Telefonrechnung notiert, die einen Monat überfällig war.
    Und sie wusste, dass sie sie behalten würde. Hüten würde wie einen Schatz. Vielleicht würde sie sie sogar irgendwo in eine Schachtel tun oder falten und zwischen die Seiten eines Buches stecken, um sie sicher zu verwahren. Wer die Nachricht fand, würde sie für Blödsinn halten.
    Nur sie allein wusste, was sie wirklich bedeutete.
    Nur sie allein verstand sie wirklich.
    Sie dachte wieder an den alten Schuhkarton, zerfleddert und abgewetzt, in ihrer Tasche im Flur auf dem Boden.
    Das Schicksal konnte ein Herz so schnell wieder heilen, wie es es zerstörte.
    *
    Henry nahm mehrere Stapel fest verschnürter Briefe aus der Schatulle. Das Papier war spröde und vergilbt, die Handschrift kühn und charakteristisch, auch wenn die Tinte verblasst war. Er reichte Jack einen Packen. Einige Briefe waren geöffnet, zu Bündeln zusammengefasst, andere waren verschlossen, als wären sie nie zur Post gebracht worden.
    Jack schob die Kordel zur Seite, um sich die Adresse auf den Umschlägen anzusehen, die noch verschlossen waren, und blätterte sie durch. Jeder einzelne war an »Mr Hon. Nicholas Warburton, Belmont, Mayfair, London« adressiert.
    »Gütiger Himmel, Dad!«
    »Ja.« Henry strich sich nachdenklich übers Kinn. »Ja. Genau.«
    »Das ist Privatkorrespondenz. Von den Blythe-Schwestern.«
    »Alle, bis auf den hier.« Er reichte Jack einen ungeöffneten Brief. »Der trägt auch eine andere Handschrift.«
    Jack nahm ihn, ungläubig blinzelnd. »Ist dir klar, was wir hier gefunden haben?«
    »Ja, ich glaube schon.« Er sah seinen Sohn an, und seine Augen blitzten. In ihnen lag das aufgeregte Schimmern, das Jack seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. »Die Frage ist nur, ob deine neue Freundin beeindruckt sein wird.«
    *

* * *
    The Great House
    Ontario, Can.
    15. September 1941
    Geliebte,
    ich habe so lange nichts von Dir gehört, und dies ist mein letzter Versuch, Kontakt zu Dir aufzunehmen. Ich schicke diese Zeilen an Deine Schwester, denn ich habe alle anderen Adressen versucht, die mir nur einfallen wollten, und niemand will mir sagen, wo Du bist.
    Ich verstehe sehr gut, dass Du enttäuscht bist von mir, und vielleicht hasst Du mich so sehr, dass Du mir nicht antworten willst, und dieser Brief ist vergebens, doch ich muss es ein letztes Mal versuchen. Ich hätte nie gedacht, dass ich dies schreiben müsste. Bitte, glaub mir, wenn ich sage, dass es mir – vollkommen – das Rückgrat gebrochen hat, das zu tun, was ich getan habe. Wenn es irgendeinen anderen Weg gegeben hätte, hätte ich ihn eingeschlagen. Doch ich bin bei etwas erwischt worden, dessen Einzelheiten ich Dir ersparen möchte, meine Liebe. Und diesmal war der Strafe nicht zu entkommen. Ich musste das Land verlassen, meine Liebe, oder ins Gefängnis gehen. Die einzige Möglichkeit, dem zu entkommen, war eine Abmachung mit der einzigen anderen Frau, die ich kenne, die mich versteht und die mich beizeiten aus
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