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Debütantinnen - Roman

Titel: Debütantinnen - Roman
Autoren: PeP eBooks
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und streckte die Hand aus, um seinen Arm zu nehmen. »Seien Sie nicht so ein Nazi, Samuel! Abgesehen davon war ich’s diesmal nicht. Er war’s!«
    Samuel sah Jack an.
    »Ich fürchte, ich kann nur um Verzeihung bitten«, sagte er und hatte Mühe, ein Lächeln zu verbergen.
    »Sie hat Sie verführt, nicht wahr?« Samuel hatte sie durchschaut. Er schüttelte den Kopf. »Glauben Sie bloß nicht, Sie könnten mich an der Nase herumführen, Herzogin. Abgesehen davon«, er setzte sie behutsam in den Rollstuhl und stellte ihr den Sauerstoffbehälter auf den Schoß, »dachte ich, ich wäre der Einzige, der Sie deckt.«
    »Nun ja, Sie sind mein Liebling, Sammy.« Sie lächelte zu ihm auf. »Aber ich habe nie versprochen, Ihnen treu zu sein. Wie spät ist es überhaupt?«
    Er schaute auf seine Uhr. »Fast halb zwei.«
    »Kommen Sie. Streiten können wir später.«
    »Okay«, sagte er leise.
    Sie runzelte die Stirn, und in ihrer Stimme lag etwas Dringliches. »Ich möchte ungern zu spät kommen.«
    »Wir haben alle Zeit der Welt.«
    Jack stand auf. »Es war mir ein Vergnügen.«
    Sie nahm seine Hand. »Sie müssen mich entschuldigen. Ich muss gehen. Ich erwarte jemanden.«
    »Ja, ja, natürlich.«
    Jack sah zu, wie Samuel den Rollstuhl seitlich am Haus eine Rampe hinaufschob und durch die Doppeltür ins Haus. Sie war ein seltsames Geschöpf, und sie entsprach ganz und gar nicht der Vorstellung, die er sich von den Bewohnern hier gemacht hatte.
    Er tastete in seiner Tasche nach seinen Zigaretten, suchte den Tisch ab, die Bank. Sie waren verschwunden.
    Er schlenderte zurück ins Haus und wollte eben wieder in das Zimmer seines Vaters gehen, als er abrupt vor dem Schwesternzimmer stehen blieb. Erneut tastete er in seinen Taschen herum, diesmal nach Kleingeld. »Verzeihen Sie, gibt es hier vielleicht einen Münzfernsprecher, den ich benutzen könnte?«
    *
    Die U-Bahn schaukelte mit offenen Fenstern von einer Seite zur anderen. Die Hauptstoßzeit war vorbei. Cate saß allein im ersten Wagen, ihre Tasche auf dem Schoß. Zerknittertes Zeitungspapier flatterte durch den leeren Wagen, wie städtische Steppenläufer. Die neuesten Nachrichten aus Brüssel und über die Aufhebung von Clause 28 füllten die Schlagzeilen.
    Cate schaute hinaus in den dunklen Tunnel. Das Gespräch mit Alice hatte in ihr eine Leere hinterlassen, in der sich jetzt Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit breitmachten. Sie hatte unbedingt die Wahrheit erfahren wollen. Trotz all ihres Glamours und ihrer Schönheit war auch Baby Blythe ersetzbar gewesen.
    Sie öffnete ihre Tasche und holte den Schuhkarton heraus. Sie hatte das vage Gefühl gehabt, sie sollte ihn mitnehmen, nur für den Fall. Doch sie hatte ihn niemandem gezeigt, auch nicht Alice.
    Der Zug ratterte um eine Kurve. Eine weitere Zeitungsseite flatterte, vom Wind gepackt, durch den Gang und landete vor Cates Füßen. Der Schlussverkauf hatte dieses Jahr früh angefangen. Und die rothaarige Schauspielerin aus EastEnders würde heiraten. War es das erste oder das zweite Mal?
    Sie nahm den Deckel vom Schuhkarton und wickelte die Schuhe aus. Das feine Silbergewebe schimmerte, ein echtes Paar Aschenbrödel-Schuhe. Doch diesmal strich Cate das zerknitterte Zeitungspapier glatt. Auf der einen Seite waren Anzeigen − Pelzaufbewahrung, Hüfthalter und Elixiere. Sie drehte die Seite um.
    Es war eine Seite aus der Times , die mit den Geburts- und Hochzeitsanzeigen vom 3. Juni 1941.
    In der Mitte der Seite stieß sie auf eine kurze Nachricht.
    »Der Ehrenwerte Nicholas Warburton und seine Braut, die kanadische Ölerbin Pamela Van Outen, wurden gestern Nachmittag in St. James’s im kleinen Kreis standesamtlich getraut. Danach wurden sie von den Eltern der Braut zum Essen ins Claridge’s begleitet, bevor sie über New York nach Ontario flogen, wo sie fortan leben werden.«
    Wie durch ein Kameraobjektiv, das nachjustiert wird, geriet das, was vage und formlos gewesen war, plötzlich in den Fokus.
    Sie hatten Zeitungen gesammelt.
    Der Zug sauste in einen Tunnel, dicht und schwarz.
    Es brauchte nicht viel. Nur ein paar Zeilen in einer Zeitung.
    *
    Jack ging zurück in das Zimmer seines Vaters. Er war jetzt wach, hatte sich eine Lesebrille aufgesetzt und sah interessiert die fotokopierten Seiten durch. Die Schreibschatulle hielt er auf dem Schoß. Als Jack eintrat, schaute er auf.
    »Dad.«
    »Hallo.« Sein Vater grinste ihn über den Rand seiner Brille hinweg an. »Lange nicht gesehen, Sohn.«
    »Ja, zu lange, viel zu
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