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Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer

Titel: Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer
Autoren: Deborah Crombie
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Verhalten in letzter Zeit irgendwie anders als sonst? Wirkte er verstimmt oder unglücklich?«
      Mit einem Kopfschütteln antwortete sie: »Con war immer -nun eben einfach Con. Sie hätten ihn kennen müssen ...« Ihre Augen wurden feucht. Sie ballte eine Hand zur Faust und drückte sie an ihren Mund. »Wie albern! Ich neige sonst nicht zur Hysterie, Mr. Kincaid. Oder zum Stammeln. Es ist vermutlich der Schock.«
      Kincaid fand ihre Definition von Hysterie recht übertrieben, sagte jedoch beschwichtigend: »Machen Sie sich darüber keine Gedanken, Dame Caroline. Das ist doch ganz normal. Wann haben Sie Ihren Schwiegersohn zuletzt gesehen?«
      Sie schniefte einmal und rieb sich mit einer Hand über ihre Augen. »Beim Mittagessen. Er kam gestern zum Mittagessen. Das hat er oft getan.«
      »Und Sie waren auch hier, Sir Gerald?« fragte Kincaid, der den Eindruck hatte, daß er von diesem Mann nur auf eine direkte Frage eine Antwort erhalten würde.
      Sir Gerald saß mit zurückgelehntem Kopf, die Augen halb geschlossen, das Kinn mit dem kurzen zerzausten, grauen Bart vorgeschoben. Ohne sich zu rühren, sagte er: »Ja, ich war auch hier.«
      »Und Ihre Tochter?«
      Bei dieser Frage hob Sir Gerald den Kopf, doch es war wieder seine Frau, die Kincaid antwortete. »Julia war hier im Haus, aber sie hat nicht mit uns gegessen. Sie ißt mittags lieber in ihrem Atelier.«
      Das wird ja immer seltsamer, dachte Kincaid. Der Schwiegersohn kommt zum Lunch, aber seine Frau lehnt es ab, mit ihm zusammen zu essen. »Sie wissen also nicht, wann Ihre Tochter ihn zuletzt gesehen hat?«
      Ein rascher, beinahe verschwörerischer Blick zwischen Mann und Frau, dann sagte Sir Gerald: »Für Julia war das alles sehr schwierig.« Er lächelte Kincaid an und zupfte dabei an einem losen Fädchen seines braunen Pullovers. »Sie werden es gewiß verstehen, wenn sie ein wenig - empfindlich ist.«
      »Ist Ihre Tochter im Haus? Ich würde sie gern sehen, wenn ich darf. Und ich würde gern ausführlich mit Ihnen beiden sprechen, sobald ich Gelegenheit gehabt habe, mir die Protokolle Ihrer Aussagen anzusehen.«
      »Natürlich. Ich bringe Sie hinauf.« Dame Caroline stand auf, und Sir Gerald folgte ihrem Beispiel. Ihre unsicheren Mienen erheiterten Kincaid. Sie hatten ein Verhör dritten Grades erwartet und wußten jetzt nicht, ob sie erleichtert oder enttäuscht sein sollten. Keine Sorge, dachte er im stillen, ihr werdet noch froh sein, mich loszuwerden.
      »Sir Gerald.« Auch Kincaid stand auf und reichte Sir Gerald zum Abschied die Hand.
      Die Aquarelle fielen ihm wieder ins Auge, als er sich zur Tür wandte. Obwohl die Frauen auf den Bildern fast alle blond waren, mit zart rosiger Haut und ebenso rosigen Mündern, die halb geöffnet kleine weiße Zähne zeigten, erinnerten sie ihn irgendwie an Dame Caroline.
      »Das war früher das Kinderzimmer«, bemerkte Dame Caroline, nicht im geringsten außer Atem nach den drei Treppen, die sie hinaufgestiegen waren. »Wir haben es zum Atelier für sie umbauen lassen, ehe sie aus dem Haus ging. Ich denke, man könnte sagen, es hat sich als nützlich erwiesen«, schloß sie mit einem Blick zu ihm, den er nicht deuten konnte.
      Sie waren im obersten Stockwerk des Hauses. Der Flur war kahl, der Teppichboden an manchen Stellen fadenscheinig. Dame Caroline wandte sich nach links und blieb vor einer geschlossenen Tür stehen. »Sie erwartet Sie schon.« Sie lächelte Kincaid noch einmal zu und ging davon.
      Er klopfte, wartete, klopfte noch einmal und lauschte einen Moment mit angehaltenem Atem, um ja nichts zu überhören. Das Geräusch von Dame Carolines Schritten war verklungen. Von unten hörte er gedämpftes Husten. Noch einmal klopfte er an, dann drehte er kurz entschlossen den Türknauf und trat ins Zimmer.
      Die Frau saß mit dem Rücken zu ihm auf einem hohen Hocker, ihren Kopf über irgend etwas geneigt, das er nicht sehen konnte. Als Kincaid sagte: »Ah - guten Tag«, drehte sie sich ruckartig nach ihm um, und er sah, daß sie einen Pinsel in der Hand hielt.
      Julia Swann war nicht schön. Er sagte sich das ganz bewußt und sachlich und konnte dennoch den Blick nicht von ihr wenden. Sie war größer, schmaler, kantiger als ihre Mutter, trug ein weißes Herrenhemd und enge schwarze Jeans. Ihre Figur und ihre Gestik hatten nichts Weiches, Rundes. Das kinnlange dunkle Haar folgte mit brüskem Schwung der Bewegung ihres Kopfes, als sie sich
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