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Deadline 24

Deadline 24

Titel: Deadline 24
Autoren: A John
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verblasste das Blut auf seinen Verbänden, dann Padrino selbst. Es blieben seine Kleider, der Pistolengurt, ein Messer, die Stiefel, die schmuddeligen, aber unblutigen Verbände. Baldur und Mariposa verschwanden fast gleichzeitig. Mariposa flüsterte noch einmal: »Joss…!« Dann war sie fort.
    Sally fuhr herum, sprang mit ausgestreckter Hand auf Josie zu, dachte, wenn sie sie halten könnte, nur festhalten … Doch Josie verging wie ihre Mutter, wie die anderen Lords. Solange sie lebte, würde Sally sich an ihren letzten, verstörten Blick erinnern.
    Das Gefolge der Lords aber wurde von heilloser Panik erfasst. »Hexen! Hexen! Sie lösen uns auf!« Wie von Sinnen rannten sie, stießen sich gegenseitig um, torkelten zu Mariposas Kettenfahrzeug, drängten hinein, ohne sich auch nur einmal umzuschauen, aus Angst, im Nichts zu verschwinden, wenn der Hexenblick sie träfe.
    Heulend erwachten die Motoren, das Riesending setzte sich in Bewegung, rollte, so schnell es ihm möglich war, die breite Straße hinunter, verschwand hinter einem Schuttberg. Eine Weile war noch das Jaulen der Motoren zu hören, das Knirschen und Mahlen der Ketten, leiser und leiser, dann war alles still. Nur der Geruch nach Abgasen hing noch zwischen den Ruinen.
    Sally fühlte, wie etwas sie am Hosenbein zog, und drehte sich um. Paul hatte sich aufgerappelt, saß gestützt auf eine Hand, die andere zupfte an Sallys Hose. »He, Sal, was ist hier eigentlich los?«

Kapitel 27
    Es war nur ein ganz kurzes Erwachen, fast sofort sank Paul wieder in sich zusammen. Doch dass er mit ihnen gesprochen hatte, war ein gutes Zeichen, ein wunderbares Zeichen, so verheißungsvoll, dass Sally und Monnia einander schluchzend in die Arme fielen und gar nicht mehr aufhören konnten zu weinen. Endlich brauchte Sally keine Mauer mehr, die Welle rauschte heran, spülte alles fort, die Tränen durften strömen!
    Viele Stunden später, längst war Windmanns wundersame Geschichte erzählt, wenn auch nicht verdaut, erwachte Paul zum zweiten Mal. Er lag mit dem Kopf in Monnias Schoß und erkundigte sich in leicht vorwurfsvollem Ton, warum sie ihm nicht über Funk gesagt habe, dass sie sich die Haare abgeschnitten hatte. Natürlich brach Monnia sofort in Tränen aus.
    »Ist ja schon gut«, beruhigte sie Paul. »Sieht toll aus, ehrlich. Ich hätt’s halt nur gern gewusst!« Und schon sackte er wieder weg. Unter den Lidern bewegten sich seine Augen, er zuckte, bewegte sich, murmelte hin und wieder ein paar undeutliche Worte.
    Sie lagerten alle in dem taghellen Raum unter dem Platz. Natürlich hätten sie auch draußen bleiben können, es gab keinen Grund mehr, sich unter der Erde zu verkriechen. Nach und nach kapierten es auch Jarvis, Jessup und Sausalito, aber die Erkenntnis hockte vorerst noch in ihren Köpfen, hatte die Herzen noch nicht erreicht. Lebenslange Gewohnheiten schüttelt man nicht so leicht ab.
    Doch irgendwann meldeten sich Hunger und Durst. Sally, Caleb und Carlita machten sich auf, die verstreuten Vorräte der Lords einzusammeln. Sie schlenderten über den sonnigen, nachmittäglichen Platz, der Himmel war blau, die Luft wie Kristall, es roch nach nichts als sonnenwarmem Stein und Staub. Der modrige, leicht fischige Geruch, der stets zwischen den Ruinen gehangen hatte, an windstillen Tagen auch über dem Ödland, war verschwunden. Sally atmete tief ein, das Herz wurde ihr weit, sie stieß einen hellen Jubelschrei aus. Caleb umfasste ihre Taille, hob sie hoch, drehte sich mit ihr, und sie breitete die Arme aus, als wollte sie die Welt umarmen. Wie ein jauchzender Irrwisch tanzte Carlita um die beiden herum.
    Als sie mit ihren Vorräten zu den anderen zurückkehrten, war Paul erwacht. Er war hungrig, durstig, verwirrt, doch körperlich unversehrt, selbst seine Kleidung war noch intakt. An seine Tage mit dem Herzfresser hatte Paul nicht die geringste Erinnerung, auch die Zeit unmittelbar vor seiner Ergreifung war wie weggewischt. Er wusste noch vom Tag des Hybridenangriffs, vom Eintreffen der Helikopter-Crew, dem Abend auf der Farm, danach herrschte völlige Leere. Selbst Josie war ihm nur noch nebelhaft im Gedächtnis. Sie sei irgendwie süß gewesen, murmelte er mit einem schuldbewussten Blick auf Monnia und wurde rot. Sally wusste, dass er an das verbotene Teufelsgrasrauchen im Hinterhof dachte. Fassungslos hörte er die Erzählung der anderen.
    »Was bin ich doch für ein außerordentlicher Glücksvogel!«, rief er bitter. »Da spiele ich die Hauptrolle in
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