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Deadline 24

Deadline 24

Titel: Deadline 24
Autoren: A John
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dachten, an ihre Fröhlichkeit, ihren Mut, ihren Charme – und an ihre Flucht, die buchstäblich im Nichts geendet hatte.
    »Ich versteh das nicht«, jammerte Carlita. »Wenn jemand denkt wie ein Mensch, weint und lacht, ängstlich ist oder mutig, wenn er was falsch macht und es ihm danach leidtut, alles wie ein Mensch, dann ist er doch ein Mensch, oder?«
    »Ach, Carlita«, stöhnte Caleb. »Du kannst Fragen stellen!«
    Um alle etwas aufzuheitern, erzählte Sally ihren Traum von Windmanns Stadt. Fasziniert hörten sie zu. Als sie aber zu der Stelle mit der Brücke kam und das weite, blaue Meer beschrieb, horchten die Seeleute auf.
    »Weiß«, unterbrach sie Sausalito, »das Meer ist weiß.«
    »Stimmt«, nickte Caleb, »da hat Windmann dich verkohlt. Weiß ist die Farbe des Meeres, das wissen wir nun wirklich.«
    »Blau.« Sally blieb fest. »Blauer als himmelsblau. Wartet es ab!«
    Die Seeleute wechselten verstörte Blicke und bestanden von nun an auf ein zügigeres Tempo. Sie konnten es kaum erwarten, Sallys Behauptung mit eigenen Augen zu überprüfen.
    Endlich, gegen Mittag des vierten Tages, tauchte, geradewegs vor ihnen, die mächtige Kuppel der Hayden-Farm aus dem Hitzedunst auf. Ein merkwürdiges Ding war davor aufgebaut, eine Art Gerüst aus Leitern und Brettern, und ganz oben hockten, wie Hühner auf der Stange, vier Personen, die reglos in ihre Richtung zu starren schienen. Vor dem blauen Himmel leuchtete der Kopf einer Person wie ein feuerroter kleiner Ballon.
    »Das ist Elsa!«, schrie Carlita und schon stürmte sie los.
    Leben kam in die Menschen auf dem Gerüst, sie winkten und jauchzten, krabbelten eilig herunter. Eine Person flink und geschickt, die drei anderen eher schwerfällig.
    Es war Mutter, die ihnen mit wehendem Haar entgegenflog! Wie ein junges Mädchen lief sie, kraftvoll, anmutig, ganz und gar sicher! Niemand, der blind war, konnte so rennen.
    Jubelnd schloss Angelina ihre Kinder in die Arme.

Epilog
    Auf der Hayden-Farm war man vorbereitet gewesen, berichtete Großvater später, als sich die erste Wiedersehensfreude so weit gelegt hatte, dass sie miteinander reden konnten. Windmann hatte Angelina eine Vision geschickt, alles werde gut, das Falsche werde verschwinden, die Freude zurückkehren. Und am Tag danach, frühmorgens, als sie in der Küche mit der Zubereitung des Frühstücks beschäftigt war, hatte Angelina plötzlich wieder sehen können. Einfach so, von jetzt auf gleich war der schwarze Schleier über ihren Augen verschwunden.
    »Kinder, Kinder, wir haben geheult wie die Schlosshunde«, schluchzte Marie und verdrückte bei der Erinnerung gleich wieder ein paar Tränchen.
    Danach war der Brotbaum verschwunden gewesen, hatte sich vielmehr in etwas anderes verwandelt. Sally, die sich an ihren Traum erinnerte, dachte, dass es vielleicht ein Eukalyptus sein könnte. Ja, auch Pflanzen waren falsch gewesen. Wenn Sally eine Wette hätte abgeben sollen, hätte sie hundert zu eins auf das Teufelsgras gesetzt – und verloren. Das Teufelsgras war immer noch da.
    Die Funkgeräte im Ödland hatten gequalmt an diesem Morgen, sagte Großvater grinsend. Überall, unter jeder Kuppel, sahen die Farmer fassungslos ihre Brotbäume und ihre Schweber verschwinden, während der Funk besser funktionierte als je zuvor. Niemand aber habe sich hinaus ins offene Land gewagt, obwohl der Himmel nicht mehr waberte und keiner der Farmer, sosehr er auch blinzelte, den Hauch eines Flügelschlags wahrnehmen konnte. Er, Jonathan Hayden, betonte er stolz, sei als Einziger auf die Idee gekommen, eine Ziege durch die Tunnels ins Freie zu treiben. Die habe erst jämmerlich gemeckert, sich aber schnell beruhigt und am spärlichen Gras geknabbert.
    »Alles war gut!«, rief Mutter glücklich.
    Großvater nickte. »Da endlich habe ich zum ersten Mal begonnen, so richtig an diese Windmann-Visionen zu glauben, und gewusst, dass ihr« – liebevoll sah er seine Enkel an – »du, Paul, und du, Sternchen, heil und gesund wiederkommen würdet. Ihr alle! Wir haben den Aussichtsturm gezimmert in die Richtung, die Angelina uns gewiesen hat, und seitdem da oben gewartet. Ihr habt euch gehörig viel Zeit gelassen. Aber nun erzählt!«
    Das taten sie. Ihre Erzählung nahm den ganzen restlichen Tag und einen großen Teil der Nacht in Anspruch. Immer wieder wurden sie unterbrochen. Monnias Familie reiste an, in einem klapprigen Wagen, den sie auf abenteuerliche Weise zusammengebastelt hatten. In aller Eile richteten Mutter, Elsa und
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