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Dead End: Thriller (German Edition)

Dead End: Thriller (German Edition)

Titel: Dead End: Thriller (German Edition)
Autoren: Sharon Bolton
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Augenfarbe, und ich erinnerte mich an diese türkisblauen Augen, doch ich konnte kein Bild von seinem Gesicht heraufbeschwören. Was wirklich seltsam war, wenn man bedachte, dass ich ihn ständig im Kopf hatte, jede Sekunde.
    »Lacey Flint, so wahr ich hier stehe«, sagte eine Stimme direkt hinter mir.
    Ich atmete tief durch, drehte mich langsam um und erblickte Mark Joesbury, gut eins achtzig groß, kräftig gebaut, sogar im Januar sonnengebräunt, leuchtend türkisblaue Augen. Mit einer wuscheligen rotblonden Perücke.
    »Ich ermittle verdeckt«, verkündete er. Und dann zwinkerte er mir zu.

2
    Der Behindertenparkplatz vor Dr. Evi Olivers Haus war zur Abwechslung frei. Trotz des gut sichtbaren »Privatparkplatz«-Schildes an der alten Ziegelmauer war es vor allem an Wochenenden nichts Ungewöhnliches für Evi, nach Hause zu kommen und festzustellen, dass ein Tourist mit kaputtem Bein ihn in Beschlag genommen hatte. Heute Abend hatte sie Glück.
    Sie wappnete sich gegen den unvermeidlichen Schmerz und stieg aus dem Wagen. Ihre Medikamente waren eine halbe Stunde überfällig, und sie wirkten einfach nicht mehr so gegen die Schmerzen wie früher. Sie klappte ihren Gehstock auseinander, klemmte ihn unter den linken Arm und holte, nunmehr etwas standfester, ihre Aktentasche aus dem Auto. Wie üblich war sie danach ein wenig außer Atem. Wie üblich half es nicht, dass sie ganz allein im Dunkeln stand.
    Obwohl sie so schnell wie möglich hineinwollte, zwang Evi sich dazu, einen Moment stehen zu bleiben, um sich umzuschauen und zu lauschen. Das Haus, in dem sie seit fünfeinhalb Monaten wohnte, stand am Ende einer Sackgasse, war von ummauerten Collegegärten umgeben und lag am Ufer des Flusses Cam. Dies war wahrscheinlich eine der ruhigsten Straßen von Cambridge.
    Es war niemand zu sehen, und nichts war zu hören außer den Autos auf der nächsten Straße und dem Wind in den nahen Bäumen.
    Es war spät. Neun Uhr abends an einem Freitag, und es war einfach nicht möglich gewesen, noch länger zu arbeiten. Ihre neuen Kollegen hatten sie bereits als trübsinnige, halb verkrüppelte und vor der Zeit gealterte Jungfer abgeschrieben, die kein Privatleben hatte. Damit hatten sie nicht ganz unrecht. Doch was Evi wirklich an ihrem Schreibtisch hielt, bis der Sicherheitsdienst das Gebäude abschloss, war nicht die Leere im Rest ihres Lebens. Es war Angst.

3
    Ich war mir des einen oder anderen Gekichers bewusst, auch etlicher neugieriger Blicke. Entfernt hörte ich, wie Joesbury dem Typ hinter der Bar sagte, er hätte gern ein Bier und die Lady hätte gern noch mal dasselbe. Als ich endlich wieder zu Atem gekommen war und mir die Augen gewischt hatte, sah Joesbury mich ziemlich verdattert an.
    »Ich glaube, ich habe Sie noch nie lachen sehen«, bemerkte er. Mit leisem Kopfschütteln, als wäre ich hier die Verrückte, sah er zu, wie der Barkeeper meinen Drink einschenkte. Bombay Sapphire auf viel Eis in einem hohen Glas. Er schob ihn mir hin, die Augenbrauen hochgezogen.
    »Sie trinken Gin pur?«, fragte er.
    »Nein, ich trinke ihn mit Eis und Zitrone«, gab ich zurück, während mir klar wurde, dass der Mann hinter der Bar und einige andere in der Nähe uns beobachteten.
    »Was zum Teufel ziehen Sie hier eigentlich ab?«, fragte ich ihn. »Haben Sie vor, das Ding da den ganzen Abend aufzubehalten?«
    »Nö, da juckt der Kopf so drunter.« Er nahm die Perücke ab, ließ sie auf die Bar fallen und griff nach seinem Glas. Das entsorgte Haarteil lag vor ihm wie ein totgefahrenes Tier, während er sich hinterm linken Ohr kratzte. »Ich kann’s ja später wieder aufsetzen«, fügte er hinzu. »Wenn Sie wollen.«
    Sein Haar war länger geworden, seit ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, es reichte hinten gerade eben bis zum Kragen. Es war von einem dunkleren Braun, als ich es in Erinnerung hatte, mit einer ganz leichten Welle darin. Die längeren Haare standen ihm gut, ließen die Umrisse seines Schädels weicher und seine Wangenknochen markanter erscheinen; er sah unendlich viel attraktiver aus. In dem gedämpften Licht der Bar war die Narbe um sein rechtes Auge kaum zu sehen. Meine Kiefermuskeln schmerzten. Ich hatte ihn die ganze Zeit angelächelt.
    »Und ich frage noch mal, was ziehen Sie hier ab?« Wenn ich mich unwirsch anhörte, würde er vielleicht nicht merken, wie wahnsinnig ich mich freute, ihn zu sehen. »Sollten Sie nicht eigentlich Mr. Unauffällig sein?«
    »Ich dachte, damit breche ich vielleicht das Eis«,
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