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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich
Autoren: Rebecca Gablé
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Bissen hinunterbringen können. Aber alle weiteren Debatten blieben ihm erspart, denn er war fest eingeschlafen, als die Magd mit Bier und Eintopf kam.
     
    Leise Stimmen weckten ihn. Es war finster.
    »… haben Metcombe niedergebrannt und große Verwüstung angerichtet«, hörte er seinen Vater wispern. »Vier Männer sind tot, sieben verletzt,Gott allein weiß, wie viele Frauen geschändet. Das Dorf liegt in Schutt und Asche. Es ist furchtbar.«
    »Aber wieviel furchtbarer wäre es geworden, wenn Dunstan und Cædmon sie nicht entdeckt hätten und ihr nicht hingeritten wäret«, erwiderte Marie ebenso leise.
    »Das ist wahr.«
    »Und du bist sicher, es waren Piraten?«
    »Ja. Wir haben einen der Anführer lebend erwischt, und er hat beim Blute Christi geschworen, daß sie auf eigene Faust handelten und ihr König Sven nichts damit zu tun hat.«
    Marie schnaubte leise. »Ein fragwürdiger Schwur. Diese gottverfluchten Wikinger sind doch in Wahrheit allesamt Heiden.«
    Ælfric lachte leise. »Und das sagst ausgerechnet du? Es ist nicht viel länger als hundert Jahre her, daß ihr Normannen heidnische Wikinger wart.« Er wurde wieder ernst. »Er hat die Wahrheit gesagt, ich bin sicher.«
    »Dann sei Gott gepriesen. Sind sie geflohen?«
    »Nein. Ich habe fünf Gefangene. Gesunde, kräftige Kerle, wir können sie gut gebrauchen. Sobald sie handzahm sind, schicke ich sie nach Metcombe. Dann können sie wenigstens einen Teil des Schadens wiedergutmachen, den sie angerichtet haben. Die anderen sind tot. Das Schiff haben die Leute von Metcombe in Brand gesteckt.«
    »Und unsere Männer?«
    »Alle unversehrt, bis auf ein paar Kratzer. Wir hatten leichtes Spiel, die Dänen waren vollkommen überrascht, so schnell auf Widerstand zu stoßen. Und jetzt sag mir, wie steht es mit Cædmon?«
    Plötzlich ging dem Jungen auf, daß er lauschte, und er schämte sich, aber jetzt war es zu spät, um sich bemerkbar zu machen. Er wünschte, er wäre nicht aufgewacht, auch wenn es ihn beruhigt hatte, der Stimme des Vaters zu lauschen.
    Durch die geschlossenen Bettvorhänge hörte er seine Mutter antworten: »Das wissen wir morgen oder übermorgen. Wenn er Fieber bekommt …« Sie beendete den Satz nicht.
    »Aber der Pfeil ist heraus?«
    »Ja.«
    Cædmon fand, man konnte ihrer Stimme mühelos anhören, daß sie nicht mehr darüber sagen wollte, aber sein Vater schien nicht den gleichen Respekt vor diesen Warnsignalen zu haben wie er selbst.
    »Sag es mir.«
    »Der Pfeil saß direkt auf dem Knochen. Ich habe versucht, es nicht schlimmer zu machen und ihn auf dem gleichen Weg herauszuziehen, auf dem er eingedrungen ist. Gott helfe mir, ich habe getan, was ich konnte, Ælfric. Aber welchen Schaden er angerichtet haben mag …« »Wird er ein Krüppel sein, Marie?«
    Zu Cædmons größter Bestürzung begann seine Mutter zu weinen.
     
    Die Wunde oberhalb des Knies entzündete sich nicht, sondern begann schnell zu heilen. Cædmon bekam kein Fieber und befand nach einem Tag, daß er das Bett jetzt lange genug gehütet hatte. Seine Mutter machte aus ihrer Erleichterung keinen Hehl. Sie gestattete ihm aufzustehen, allerdings mit der Ermahnung, es sie sofort wissen zu lassen, falls der Wundschmerz sich verschlimmerte. Der Schmerz nahm jedoch mit jedem Tag ab, nur fühlte das Bein sich zunehmend taub an. Selbst nach zwei Wochen konnte Cædmon nur mit Hilfe eines Krückstocks laufen und zog den linken Fuß nach. Nach drei Wochen stellte er immer noch keine Besserung fest, und das gab ihm zu denken. Er fragte seine Mutter, was sie von der Sache hielt, und sie riet ihm, sich in Geduld zu fassen.
     
    »Herrgott noch mal, Cædmon, du kommst einhergehinkt wie ein Tattergreis.« Dunstan lehnte neben dem Tor zum Pferdestall und sah dem Bruder ungehalten entgegen. »Ich meine, du solltest dich langsam mal ein bißchen zusammenreißen.«
    Cædmon hielt entrüstet vor ihm an. »Und was willst du damit sagen?« »Daß du dich gehen läßt und ein Riesengetue um die Geschichte machst, damit alle dich bedauern und du dich vor der Arbeit drücken kannst.«
    Cædmon verzog sarkastisch den Mund. »Zu schade, daß der Pfeil nicht dich getroffen hat, Dunstan. Ich bin sicher, du würdest viel besser damit fertig und könntest wieder einmal unter Beweis stellen, was für ein Kerl du bist.«
    Dunstan machte mit erhobener Faust einen drohenden Schritt auf ihn zu. »Du …«
    Ihr Vater war unbemerkt hinzugetreten und riß seinen Ältesten am Ellbogen zurück. »Schluß
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