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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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Schad ist / der einem Menschen wiederfahren mag; Allein ist diß noch zu mercken daß rechtschaffene ehrliche und dapffere Leut / beydes unter den Soldaten und Burgern nichts auff solche halten die sich fest machen / dann / sagen sie / wann es keine forchtsame feyge Tropffen wären / welche Gattung Leut sonst Hundsfütter mit Gunst genannt werden / so würden sie sich mit keiner solchen Schelmen-Haut zu überziehen begehren.
    Diß sey also von der Festigkeit genug geredet / darbey mir jetzo zufällt / daß ich mir erzehlen lassen / es habe ein forchtsame Meme einen andern Kerl angesprochen / er wolte ihm doch einen Zettel vor die Festigkeit zukommen lassen / dieser bewilligts / und schreibt nichts anders / als dreymal / wehr dich Hundsf. / wickelts zusammen / und gibts jenem in seine Kleider zu vernähen / worauff er sich eingebildet / er seye fest / und ist in allen Occasionen dermassen Hertzhafft unter die Waffen gangen / als ob er blind / und ein gantz Hürnener Seyfried gewesen wäre / ist auch jedesmal unbeschädigt darvon kommen / welches mich an jene alte Histori gemahnt / daß ein Weib von einem Landfahrer einen Zettel vor das Augenweh empfangen / den sie an Hals gehenckt / und dardurch deß Augenwehs befreyt worden / demnach es aber ihr Beicht-Vatter erfahren / und solches als ein aberglaubische Sach nicht gestatten wollen / sondern ihr den Zettel abgefordert und eröffnet / hat er nichts anders darinn gefunden als diß: Der Teuffel grabe dir die Augen auß / und s. h. scheiß dir in die Löcher.
    Diß waren zwar nur lächerliche Sachen / und kurtzweilige Possen / wann nur der Aberglaub nicht darbey gewest wäre; Aber mein Sohn / was vermeynestu wol / daß die jenige unbekandte und unverständliche Wort vor einen Jnhalt haben / deren du dich gebraucht / wann du Reuter ins Feld gemacht / oder besser zu sagen / so viel tausend Teufel daher gebannet hast? Solten sie wol eines andern Verstands gewesen seyn / als daß sie dich dem leidigen Teufel oblig irt und verbunden / umb willen er mit einer Legion mehr oder weniger böser Geister so willig sich eingestellt / und dir gedienet? Nein warhafftig / der Teufel thut nichts umbsonst / es ist gefährlich mit den Juden zu handeln / wann sie miteinander anfahen zu Hebræeln / wie viel mit dem leidigen Teufel / wann man mit ihm in einer unverständlichen Sprach contrah irt; die doch niemahl ohne Betrug gefunden wird / wann er deutlich und verständlich genug redet / eben also wird es auch mit denen Worten beschaffen seyn / die du gebrauchet / wann du andern ihre Rohr zugebannet / oder ihnen ihre Festigkeit auffgethan hast.
    Als der Pater solches gesagt / pausirte er ein wenig / und sahe mich an / als einen Elenden / mit dem man ein grosses Mitleiden und Erbärmnus trägt / welches mich dermassen ins Hertz schnitte / daß ich dort sasse wie ein geschnitzt Bild / und vor Reu und Leyd-Wesen gleichsam in mir selbst erstarb / doch erholte ich mich umb so viel / daß ich sagen konte / nun erkenne ich erst recht die Grösse und Manigfaltigkeit meiner schweren Sünden / so ich zuvor nicht verstanden; Mein Kind / antwortet darauff der Pater , es wäre aber deine Schuldigkeit gewesen / daß du solches wissen und verstehen hättest sollen / dann zu solchem Ende hat uns der getreue Himmlische Vatter seinen Göttlichen und Allerheiligsten Willen offenbahret / auff daß wir denselben erkennen / sich nach demselben richten / unsern eygenen verkehrten Willen brechen / und selbigen dem seinigen gleichförmig machen / und also dardurch erlangen sollen / was uns der Erlöser am H. Creutz erworben; Hierzu hat uns Gott den Verstand gegeben / daß wir seinen Willen gar wol fassen und begreiffen können / und nicht darumb / daß wir solchen auff Aberglauben oder etwas anders / das dem Göttlichen Willen entgegen laufft / mißbrauchen / sondern zu seinem ewigen Lob / und Erhaltung unserer Seligkeit anlegen sollen; Hierzu hat uns auch der gütige Vatter die Gedächtnus gegeben / damit / wann wir einmal unserer Schuldigkeit nach den allerheiligsten Willen Gottes durch unsern Verstand erkand und gefast haben / wir solchen / und was weiters zum Lob Gottes / und Erhaltung unserer Seligkeit gehöret / in unser Gedächtnus legen / solches jederzeit fleissig betrachten / und nimmermehr vergessen sollen.
    Jch antwortet / mein Herr Pater glaube sicherlich / daß ich nicht auß Vorsatz meine liederliche Künste ins künfftig noch ferner zu treiben / die Kunst der Unsichtbarkeit / und anders mehr nicht
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