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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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unvermerckt einen Löffel / und halff die Suppe verschlingen / und als wir damit fertig waren / erdappt ich auch ein Stück Fleisch / welches ihnen auß den Augen und auß der Schüssel verschwand / und nachdem ich meinen Partickul herunter geschnitten / wieder in der Schüssel erschiene / worüber sich alle entsetzten / und in der Wahl stunden / ob sie mehr essen wolten oder nicht? Jch aber ermaß daraus / daß ich behutsamer seyn müste / wann ich irgendswo meine Gegenwart gantz unvermerckt haben wolte; Jndessen durstet mich / und auf daß meinen / ohne das allbereit bestürtzten Cameraden nit auch die Kande oder das Glas / daraus ich trincken würde / verschwunde / dahero sie noch schelliger worden / oder sich vielleicht resolvieren mögten mit ihren Helleparten im Zimmer herumb zu fechten / umb mich auch wie Eingangs gedachtes Weibsbild hinzurichten; So thät ich auß deß Wirths grosser Schenck-Gelte einen trefflichen Zug / welches sich gar artlich vor mich schickte / packte aus dem darbey stehenden Korb etliche Weisbrod an / damit ich meine Hosen-Säck auf eine Vorsorge spickte / und mich also den Abschied zu nehmen fertig machte; die Stubthür aber selbst aufzumachen trug ich Bedenckens / liesse derowegen einen starcken Leibs-Dunst / den ich zu allem Glück in Vorrath hatte / fein sachte fortschleichen / davon ich die Lufft dermassen verfälschte / daß meine Cameraden selbst die Thür Angel-weit aufsperrten / und alle Hund / denen sie die Schuld gaben / hinaus jagten / mit welchen ich fort passirete / mein bessere Fortun in der Welt zu suchen.
    Es war schon Nachmittag / als ich durch einen Wald gieng / darinnen ich unweit der Strassen einen Edelmann sammt seinem Knecht sahe unter einem Baum stehen / die ihre Pferde angebunden / und ein ernstlich Gespräch miteinander hatten; ich schliche hin / umb zu vernehmen / was sie miteinander zu tractiren haben mögten / der Knecht stäupte dem Junckern die Stiefel ab / der Juncker aber kampelte seine Parüque / und instruirte mithin den Knecht / wessen er sich zu verhalten hätte / wann sie miteinander in das Schloß kämen; ja Hanns / sagte er zu ihm / es ist par dieu jetzt viel an dir gelegen / und du kanst das meinste darbey thun / damit ich das Jawort und die Jungfer hinweg kriege; schaue nur fleissig zu / daß du mein Vermögen in allweg zehenmal grösser machest / als es an ihm selber ist; dann die verhoffende künfftige Schwiegermutter ist eine hauptreiche Wittib / welche viel gelbe Batzen hat / und dannenhero mit ihre Jungfer Tochter nicht geben werde / wann ihr meine Bedürfftigkeit im geringsten bekannt seyn solte.
    Und botz noch eins / wann es vielleicht auf die Nacht einen Rausch setzet / so / daß ich meiner Gewohnheit nach im Schlaff jälen und schreyen mögte / daß man mich hörete / und dich deßwegen fragte / so gib nur zur Antwort / mir träume ohn allen Zweifel / daß ich in meinen Waldungen / deren ich gar viel hätte / auf der Jagt wäre / welches mir zu Zeiten zu widerfahren pflegte / wann ich etliche Tage nacheinander auf der Jagt gewesen / im übrigen laß mich sorgen / ich wills mit einem Kopffstück oder zwey bey der Bett-Magd schon richtig machen; Sey nur vorsichtig in allen deinen Reden / damit du dich nicht verschnappest; Wanns wohl abgehet / so will ich dir meinen gestriffelten Rock den ich erst vor 2. Jahren hab machen lassen / zum Brautstuck schencken / darmit du bey der Hochzeit wie einer vom Adel auffziehen und prangen kanst.
    Er gab ihm sonst noch viel Unterrichtungen / und der Knecht versprach seinen allerbesten Fleiß anzulegen / welcher noch immerhin an seinem Junckern butzte / dem ich hingegen einen Bossen zu reissen gedachte; welches mir auch trefflich angieng / dann als er seine Barüque puderte / lösete ich gantz unvermerckt sein Pferd ab / setzte mich darauf / und ritte dem Schloß zu / allwo der Juncker zu freyen willens war / umb zugleich zu probiren / ob das Pferd sowol als ich / wann ich darauf sässe / unsichtbar seyn würde; aber der Juncker schrie gleich potz Raschparment Hanns mein Pferd ist ledig / gehe fangs; Der Knecht wolte sich dem Pferd nähern / ich aber voppete ihn mit hin und herreiten / daß ers nicht fangen konte / das trieb ich so lang / biß der Juncker auf des Knechts Pferd sasse / das seinige zu fangen; darauf gieng ich im völligen Calopp gegen dem Schloß zu / und liesse den nachfolgenden Junckern sein unschuldig Pferd mit Halß und Bein brechen segnen / so lang er wolte; Jch stieg auch nicht
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