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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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Meyer / thut sich vor Euer Gn. Vettern aus / und begehret mit E. G. zu sprechen; Darauf gickelt die Alte in einem Ercker durchs Glaß-Fenster / wante sich geschwind umb / hiesse ihren Stall-Jungen fortgehen / zu ihm sagende: Der Meyer würde ihn schon bey ihr anmelden; aber zu der Jungfer sagte sie: Potz Krisement Tochter! Es ist der Herr von Drffgkt / geschwind die Spinnräder mit dem Haspel aus der Stub: und dein Plümerant Kleid angethan / auffgeraumbt / ein Rauch in die Stuben gemacht / etc.
    Sie selbst aber warff einen andern Rock über sich / und thät einen Nacht-Mantel umb den Hals / und ehe sie gar fertig war / kam der Meyer und sagte: E. Gn. der Herr von Drffgkt ist vor dem Thor / begehrt herein / E. Gn. aufzuwarten; Gehet / antwortet sie / und lasset ihn herein / iedoch nicht gar geschwind / damit sich mein Fräulein Tochter auch ein wenig ankleiden könne; aber ehe sie sichs versahe / war die Jungfer gebutzt und gemutzt / derowegen lieffe sie selbsten in Hof / und gab dem Meyer mit harten Worten / daß es der Juncker vorm Thor wol hören konte / einen groben Filtz / umb willen er den rechtschaffenen Cavallier so lange warten liesse; mit den Augen aber gab sie ihm zu verstehen / daß er sich an ihr Wort nicht kehren solte.
    Darauf wurd er eingelassen / und von der Schloß-Frauen freundlich bewillkommt / gegen deren er ziemliche Complimenten zu machen wuste. Sie führete ihn in ein Zimmer / und ich schliche mit / als wenn ich zu ihnen gehöret oder dabey hätte seyn müssen / nur zu hören wie doch der Juncker seinen ersten Auffzug ins Schloß bemänteln würde / dann die Schloß-Frau sagte zu ihm / es wäre auch kurtz zuvor ein Cavallier: aber ohne Hut und Degen in ihrem Schloß-Hof gewesen / der er gewest seyn müste den Pferden nach / und wie ihr ihn ihr Gesind im übrigen beschrieben; sie träge derowegen groß Verlangen zu vernehmen / durch was vor eine Abentheur er darzu kommen wäre? Freylich war ichs / antwortet er / aber die Tag meines Lebens / Frau Baß / ist mir kein solcher Poß widerfahren wie heut; und diß soll mir wol eine Witzung seyn / daß ich nimmermehr mit einem eintzigen Diener allein über Feld reite; der schlimme Hund fiele mir im nechsten Wald unversehens übers Pferd herunder / nicht weiß ich in eine Ohnmacht / oder er hat auf dem Pferd geschlafen / oder gestern zu viel gesoffen; einmal er lag dort als wann er todt wäre / derowegen ich wol selbst auch absteigen und nach ihm sehen muste; in solchem gählingen Absprung verblieb mir Hut und Barüque an einem Ast deß Baums bangen / darunter mein Knecht in diesen Zustand geriethe; Jch fande ihn mit verkehrten Augen / und schüttelt ihn / biß ich ihn wieder zu ihm selbst brachte / aber ehe er sich wieder recht besinnen konte / wo er war / gieng mein Pferd durch / wolte ichs nun wieder haben / so muste ich wol auff meines Knechts sitzen / selbiges selbst zu fangen / weil mein Knecht nichts nutz darzu war; Also nun Hochgeehrte Frau Baß bin ich herkommen / und gleich wieder zurück geritten / nicht nur nach dem Knecht / sondern vielmehr nach meinem Hut zu sehen;
    Wann ich eigentlich wüste / daß der Bernhäuter auf dem Pferd geschlafen / ich wolte ihn prügeln wie einen Tantz-Beeren. Ach Herr Sohn / sagte die Alte / es ist vielleicht ein Anfang zu der hinfallenden Kranckheit; wann ihm nun der Diener getreu und deßwegen auch lieb ist / so will ich ihm schon ein Mittel geben / daß er inskünfftig davor gefreyt seyn soll; vornemlich wann ers braucht ehe 24. Stund nach dem Fall vorüber lauffen; Was wolte sich die Frau Baß / antwortet der Juncker / seinetwegen so viel bemühen? Jsts dieser nicht / so ists ein andrer; ich kan Diener genug bekommen / wann ich sie gleich alle Tag prügelte und von mir jagte / weil sie wissen / daß Speiß / Tranck und Kleidung bey mir gut / und der Lohn gewiß ist. Nicht so / nicht so / Herr Vetter / sagt die Alte / sie sind gleichwol auch Menschen / und uns wil gebühren / wann sie in unsern Diensten in dergleichen Zustände gerathen / daß wir ihnen mit Rath und Hülff beyspringen / solches thät sie aber nicht darumb allein / gegen dem Knecht ihre Treuhertzigkeit zu bezeugen / sondern auch dem Monsieur ihrer Tochter Geschickligkeit zu weisen.
    Dann als sie mit einem Glöcklein ein Zeichen gegeben / tratt der Stall-Jung / aber nicht mehr wie das erste mal so schmutzig / sondern in einem saubern Liberey-Kleid herein / und fragte mit tieffer Reverentz / was ihrer Gnaden beliebte zu befehlen? Die Alte
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