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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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unschätzbarliche Perl) daß ich nun abermal auff einen Jmbs so viel verthun muß / als ich sonst in acht Tagen nicht gebraucht hätte / ich werde / wann ichs wieder durch Gesparsamkeit erkargen und einbringen wil / ein Woche drey oder vier zu darben haben; Sie brumelte noch mehr darzu / welches ich aber nicht alles verstehen konte / noch zu hören begehrte / sondern sie ungeirret die Stegen hinauf gehen: und mich in den Keller sperren liesse / meinen heißbrennenden Durst zu löschen.
    Das thäte ich wegen Mangel eines bequemen Trinckgeschiers auß meinem Hut desto vollkommener / und fande zwar den Wein in geringer quanti tät / aber seinen Kräfften: und dem Geschmack noch weit vortrefflicher umbsonst zu trincken / als er in den Wirtshäusern umbs Geld zu seyn pflegt.
    Ein gantze Stund muste ich gefangen sitzen / ehe die Köchin kam / und den vorhandenen Traufwein zum Kochen abholete; Sie thät zwar einen starcken Zug vom besten Jochem / war aber dannoch so bescheiden / daß sie ihr Portz-Kändigen nur mit Bier füllete / und mit sich nahm: mit dieser wanderte ich auß meiner Gefangenschafft / weil mich der Durst nicht mehr plagte / und kam eben darzu / als Mutter und Tochter deß Monsieurs Knecht mit guten Worten: sein Herr aber mit Bedrohungen nöthigte / die zugerichte Artzney / die er so wenig als der Wagen deß fünfften Rads bedörfftig / einzunemmen; Jch muste mich in die Zunge beissen / das Lachen zu verhalten! Als ich diese überzwerge Thorheit sahe / und wie kotzerliche Minen der arme Tropff machte / biß er dieses unnöhtige Artzney Träncklein in sich schüttet.
    Mithin nähert sich die Zeit deß Nacht-Essens / darumb wurd der Tisch gedeckt / und darauff gethan was darauf gehöret; Jch stellte mich zu dem Tisch / zuvernemmen / was es vor lustige Discurse setzen wurde / es waren aber nur Complimenten / Auffschneidereyen und solche Sprüch / darauß man ihre beiderseits habende treffliche Mittel abzunemmen; weil nun nicht auch vor mich aufgedeckt worden / und ich etwas vom Tisch hinweg zu nemmen Bedenckens trug / kriegte ich eine geräucherte Bratwurst beym Zieffel / und schlug selbige auff Abschlag zu faden / biß ich auch ein Stück vom Schuncken darzu in Magen logirn möchte; aber derselbe wurde nicht allein nicht angeschnitten / sondern nach dem Essen (als dem Juncker durch seinen Diener schlaffen zu ligen die Stiffel ausgezogen wurden) in einen Kasten gesperret / und wegen der verlornen Bratwurst / welche der Hund gefressen haben muste / ein solcher Lermen angefangen / als wann durch das liederlich Gesind nicht nur Candia / sonder auch Venedig selbst verwarlost worden und in deß Türcken Gewalt kommen wäre.
    Nach dem nun der Juncker mit gutem Verstand schlaffen gelegen / dann niemand vorhanden gewesen (der ihm einen dichten Rausch auff alt Teutsche Manier angehenckt) sprach man erst dem Diener zu; der aber / wie die Alte vorgab / auff die eingenommene Artzney sich nicht rechtschaffen bierschellig sauffen: und ohne das keinen Wein trincken dorffte / damit nicht übel ärger gemacht würde; nichts desto weniger unterliesse er nicht habender Instruction gemäß von seines Herrn grossen Reichthumben ein langes und ein breites auffzuschneiden / welchem beydes die Alte und Junge mit Lust und Andacht zuhöreten / er konte auch der Sach ein bessere Gestalt geben / als ich dem Dölpel anfänglich zugetraut; Aber als sein Juncker im Schlaff zu schreyen und jölen anfieng / setzte er den Fleck heßlich neben das Loch; nicht weiß ich hatte er seines Junckern guten Unterricht vergessen / oder war er sonst müth und überdrüssig zu liegen? Einmal als in die Schloß-Frau fragte / was solch Geschrey bedeute / gab er unverholen zur Antwort; Wann sein Herr so zu schreyen beginne / so pflege er gemeiniglich bald hernach ins Bett zu scheissen (mit gunst) warüber die Jungfer dermassen erschrack / daß sie sich im Angesicht entfärbte wie ein glüende Kohl.
    Die Alte nahm solches gleich in acht / und besorgte / ihre Tochter möchte vielleicht deßwegen unlustig werden / und der bevorstehende ansehenliche Heyrath zuruck gehen / lächelte derwegen ein wenig gegen besagter ihrer Fräulin Tochter / und sagte: Jhr müst so eckel nicht seyn / es ist noch gut das er warnet / ehe er Feuer gibt / dann so kan man ihm ja noch wol auß dem Schuß entweichen / oder sich gar auß dem Bette retterir en / biß die Salve verüber; ihr müst deßwegen nicht so hart erschrecken! Ja! Frau Mutter / antwortet die Jungfer / es ist mir
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