Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
Vom Netzwerk:
ehender ab / als biß ich mitten im Schloß-Hof war / dann das Thor stund eben offen.
    Was solte nun der gute Juncker thun? Er muste halt hernach / wiewol er weder Huth / Mantel noch Degen auf- umb- und an sich hatte; der Siegel an diesem Brieff aber / so den Schimpff bekräfftigt oder vielmehr vergrösserte / war / daß der gute Herr auch in der Eil seine Barüque nicht aufgesetzt / da er aufs Knechts Pferd gesessen / und derenthalben mit einem erst neulich beschornen Kopff erscheinen muste. Jch konte das Lachen schwerlich verbeissen / daß man mich nicht hörete; Als das Schloß-Gesind auß allen Winckeln herzu lieffe / das schöne Specktàcul zu sehen; Was wird immermehr der Juncker / gedachte ich / vor eine Außred vorbringen / daß er von seinem auff deß Knechts Pferd: und noch darzu im übrigen so visirlich aufgezogen kommen? Er konte es aber viel meisterlicher als ich mir eingebildet / dann er satzte sich geschwind wieder auff sein Pferd und nahm deß Knechts an die Hand / damit ihn weder Mutter noch Tochter sahe / weil er keinen Hut auf hatte / solchen vor ihnen abzuziehen / und gewöhnliche / zierliche Baßlesmanes zu machen.
    Darauf packte er sich wieder in aller Eil zum Schloß hinaus seinem Knecht entgegen; Er war kaum fort / als die Schloßfrau samt ihrer Tochter daher kamen / und fragten / was da geschehen wäre / denen das Gesind alles erzehlete / was sie gesehen hatten; Die Alte schüttelte den Kopf drüber / weil sie sich nicht darein richten konte / und befahl die Fallbrück aufzuziehen / und das Thor zu beschliessen / dann / sagte sie / es mögten vielleicht rauberische Maußköpffe in der gegend seyn / die / wer weiß was vor einen Anschlag hätten / es sey bey so bestellter Sach nicht zu trauen.
    Jch zoge meine Schuh aus / henckte sie an Gürtel / und fieng an überall im Hause herumb zu schleichen / ob ich vielleicht die viele vorhandene: von dem Junckern gerühmte gelbe Batzen der Alten finden mögte; aber ich trasch leer Stroh / dann ich dorffte / damit man mich nicht hörete / weder Kisten noch Kasten aufbrechen / viel weniger einige Thür aufmachen; so konte ich auch die Schlüssel nicht beym Kopf kriegen / als welche die Alte selbst sehr fleissig an der Seiten trug / welches mich übel verdrosse; ich bildete mir ein / sie müste viel Geld zusammen gekratzt haben / weil es sonst an allen Orten im Hauß sehr kahl und haushalterisch bestellt war / wie es bey den Geitzhälsen zu seyn pflegt / da man nur alles Dichten und Trachten auffs Geld legt.
    Die Alte selbst sasse in einem Zimmer und spanne samt ihrer Tochter so eiferig und fleissig daher / als wann sie es miteinander verdingt gehabt hätten / diese erschiene von Angesicht und Geberden viel schöner und adelicher als von Kleidungen / als mit welchen Gaben sich die Natur viel freygebiger gegen ihr erzeigt hatte / dann daß mißgünstige Glück mit den seinigen; Sie hatte noch nasse Augen / wie ich zu ihnen ins Zimmer schliche / nicht weiß ich / warumb sie geweinet; Aber die Mutter sagte zu ihr: Es ist einmal nicht anders / liebs Kind! wann wir unserm Herkommen und Stand gemäß hinaus langen wollen / so ist vonnöthen / daß wir das wenig / so wir haben / genau zusammen halten / und sich zu Kleidung und Nahrung mit dem jenigen behelffen / so unsere Güter ertragen / und über das aus demselbigen und unserer eignen Hand Arbeit so viel erübrigen und erkargen / daß wir davon zurück legen könten / geschweige daß ich jetzt ein silbernen Tischbecher verkaufen: und das gantze dutzet dardurch trennen und schänden solte; Es ist noch umb drey Wochen zu thun / so ist unser Flachs auffgesponnen / so löse ich aufs wenigst aus dem Garn 12 Reichsthaler / das gibt dir dann wiederumb ein fein Kleid auf die neue Mode / darinn du dich bey Vettern Fritzen Hochzeit gar nicht wirst schämen dörffen.
    Die gute Jungfrau liesse noch mithin unter dieser ihrer Mutter Rede etliche Thränen fallen / welches mich dermassen zum Mittleyden bewegte / daß ich in selbigem Schloß nichts gestohlen hätte / wann ich gleich / 1000. nagelneue Ducaten in specie darinnen gefunden; Jch hätte hingegen lieber noch mehr von der Alten gehöret / und sie war auch fertig gern ein mehres zu sagen / weil sie sich in einem so richtigen Glaiß befand / aber ein schmutziger Stall-Ratz zerstörte ihren Discurs , welcher daher lieff / und sagte: Euer Gnaden / den Pferden nach ist der Kerl wieder draussen vorm Thor / der vor einer halben Stund im Schloß war / er redet mit dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher