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Das Weltgeheimnis (German Edition)

Das Weltgeheimnis (German Edition)

Titel: Das Weltgeheimnis (German Edition)
Autoren: Thomas de Padova
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über ihnen die Glocken, die in Venedig Beginn und Ende eines jeden Arbeitstages einläuten.
    Voller Zuversicht justiert Galilei das neue Instrument, das aus zwei gegeneinander verschiebbaren Rohren zusammengesetzt ist. Seine Begleiter genießen derweil die wunderbare Aussicht vom Campanile, schauen hinunter auf die fünf blitzenden Kuppeln des Markusdoms, die in Form eines griechischen Kreuzes angeordnet sind, lassen ihre Blicke über die Dächer und Säulenreihen des Dogenpalastes schweifen, sehen im Hintergrund die hohen Mauern des Arsenals und den Lido, von wo aus Anfang des 13. Jahrhunderts jener Kreuzzug begann, der den Venezianern ihr Kolonialreich im Mittelmeer sicherte, und haben schließlich die vielen Inseln der Lagune vor Augen – hier die Toteninsel San Michele, dort die Glasmacherinsel Murano –, die sich in der Ferne verlieren. Was für ein Panorama!
    Wie klein dagegen wird das Gesichtsfeld beim Blick durch Galileis langes Rohr, dessen Öffnung nur so groß wie eine Münze ist! Aber wie nah sind plötzlich all die Inseln!
    »Wenn man das Rohr vor das eine Auge hielt und das andere schloss, sah jeder von uns deutlich … bis Chioggia, Treviso und Conegliano, aber auch den Glockenturm sowie die Kuppeln und die Fassade der Kirche von Santa Giustina in Padua«, schwärmt Priuli. »Man konnte sogar diejenigen unterscheiden, die in der Kirche San Giacomo in Murano ein und aus gingen … und erkannte viele andere, wirklich erstaunliche Einzelheiten in der Lagune und der Stadt.«
    Drei Tage nach der Präsentation führt Galilei das Teleskop der versammelten venezianischen Regierung vor. Noch am selben Tag schreibt er in einem Brief an den Dogen Leonardo Donato: »Galileo Galilei, Euer Durchlaucht ergebenster Diener, … tritt nun mit einem neuen Instrument vor Euch hin, einem Fernrohr, dem Resultat hintergründiger Betrachtungen zur Perspektive, welches die sichtbaren Objekte so nahe ans Auge heranbringt und sie so groß und so klar zeigt, dass etwas, das zum Beispiel neun Meilen weit weg ist, uns so erscheint, als wäre es nur eine Meile entfernt.«
    Galilei bietet dem Dogen sein Fernrohr zum Geschenk an und hebt, wie zuvor der Brillenmacher Hans Lipperhey aus Middelburg, dessen Bedeutung als Kriegsgerät hervor. Man könne damit auf dem Meer aus viel größerem Abstand als üblich Schiffsrumpf und Segel des Feindes erkennen, »sodass wir ihn gut und gerne zwei Stunden früher entdecken, als er uns ausfindig machen wird, und indem wir Zahl und Ausstattung der Schiffe auskundschaften, können wir seine Kräfte ermessen, um uns auf die Verfolgung, den Kampf oder die Flucht einzurichten. In gleicher Weise können wir auf dem Land Einblick in die Befestigungen, Quartiere und Deckungen des Gegners nehmen, ob von einem entfernten Hügel aus oder auf offenem Feld, und so zu unserem größten Vorteil jede seiner Bewegungen und Vorbereitungen verfolgen.«
    Seine Worte gegenüber dem Dogen sind klug gewählt. Der Republik Venedig fällt es immer schwerer, die eigenen Handelsinteressen im Mittelmeer zu wahren. Trotz des Sieges der christlichen Allianz gegen die 80 000 Mann starke türkische Flotte in der Seeschlacht von Lepanto im Jahr 1571 sind die Insel Zypern und andere venezianische Handelsstützpunkte inzwischen an das Osmanische Reich gefallen.
    Venedig sieht sich eingeklemmt zwischen den Türken im Osten und den allgegenwärtigen Spaniern, die den Süden Italiens bis hinauf zum Kirchenstaat beherrschen und ihren politischen Einfluss in Rom geltend machen. Selbst das Herzogtum Mailand wird von einem spanischen Gouverneur verwaltet. Angesichts dieser Lage setzt die venezianische Regierung genau wie zuvor die niederländische einige Hoffnungen in das neue Instrument. Es ist ein Meilenstein in der Entwicklung der optischen Medien – und in Galileis beruflicher Laufbahn.
    Ein explosiver Augenblick
    Mit der neunfachen Vergrößerung der Gläser gibt er sich nicht zufrieden. Es steckt noch mehr in dieser Erfindung. Seine Aussicht auf lukrative Aufträge und seine spielerische Neugier spornen ihn dazu an, die Möglichkeiten des Instruments weiter auszuloten. Abermals vertieft sich Galilei in technische Details, versucht, Abbildungsfehler zu korrigieren, und testet massenhaft Linsen.
    Noch ahnt er nicht, dass ihm dieses Instrument die Geheimnisse des Weltalls offenbaren wird. In seinen Briefen gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass ihn der Gedanke antreibt, die Gläser zu astronomischen Zwecken zu verwenden. Das Rohr
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