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Das Weltgeheimnis (German Edition)

Das Weltgeheimnis (German Edition)

Titel: Das Weltgeheimnis (German Edition)
Autoren: Thomas de Padova
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Herzogtümer, Grafschaften, Bischofssitze und Reichsstädte raufen sich selbst dann kaum noch zusammen, wenn sie sich gegen äußere Feinde wehren müssen.
    Er hat ein schwieriges Erbe angetreten. Als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches ist Rudolf II. den Interessen der katholischen Kirche verpflichtet, in seinem Königreich Böhmen aber sind von zehn seiner Untertanen neun Protestanten. Immer wieder fühlt er sich von den Regierungsgeschäften überfordert und sitzt die sich auftürmenden Probleme aus. Zwar hat er dem Reich nicht zuletzt durch seine Passivität mehr als 30 Jahre den inneren Frieden bewahrt, seine Herrschaft aber bröckelt. Inzwischen sogar in Böhmen, der einzigen ihm verbliebenen Hausmacht.
    Botschafter und Gesandte aus aller Welt umlagern die Hofburg. Besonders einflussreich sind die spanischen und päpstlichen Diplomaten, momentan jedoch geben die böhmischen Barone den Ton an, die wie viele andere die Schwäche des Kaisers für ihre eigenen Zwecke nutzen möchten.
    Anstatt sie zu empfangen, widmet sich Rudolf II. lieber der Malerei, der Alchemie und den Wissenschaften. Von überall her hat er herausragende Künstler und Gelehrte nach Prag geholt. Johannes Kepler steht mit seiner Leidenschaft für die Astronomie am Hof längst nicht so alleine da wie zuvor in Graz. In der Weltstadt Prag verkehrt er mit brillanten Mathematikern wie dem Instrumentenbauer Jost Bürgi und wissenschaftlich gebildeten Hofräten wie Matthäus Wackher von Wackenfels.
    In die Politik mischt sich Kepler nicht gerne ein, obschon er immer wieder um sein astrologisches Urteil gebeten wird. Rudolf II. verspricht sich, von den Sternen zu erfahren, wie es um Zukunft des türkischen Reiches und um sein eigenes Schicksal bestellt ist. Keplers Vorgänger, Tycho Brahe, hat dem abergläubischen Kaiser seinerzeit prophezeit, Opfer eines Attentats zu werden. Seither interessiert sich der Kaiser noch brennender für Horoskope.
    Kepler sagt von sich selbst, er lebe auf der Weltbühne wie ein einfacher Privatmann. Er sei in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen und über eine Reihe von glücklichen und unglücklichen Zufällen an den Prager Hof gelangt. Adelstitel bedeuten ihm wenig. Er sei zufrieden, wenn er dem Hof einen Teil seines Gehalts entreißen könne.
    Aber selbst das erweist sich als schwierig. Die Reichskasse ist ständig leer. Um die finanzielle Unterstützung für den Druck seiner Neuen Astronomie hat er ähnlich lange ringen müssen wie um die Eingliederung des Planeten Mars in ein geordnetes Weltbild.
    Rudolf II. hatte ursprünglich vierhundert Gulden für die Publikation bewilligt, »zur erweitterung unserer und unserer hochgeehrten Vorfahren am Hauss Österreich angewohnten lieb zur befürderung der Astronomiae«. Der Betrag reichte für den Druck nicht aus. Erst nach langem Hin und Her machte der Herrscher noch einmal fünfhundert Gulden locker.
    Die Summe entspricht einem vollen Jahresgehalt seines Hofmathematikers – nur dass Kepler seinen Lohn kaum noch ausbezahlt bekommt. Während der Kaiser seine vielen Zahlungsverpflichtungen seltener und seltener einhält, muss die Familie den Lebensunterhalt immer öfter aus den spärlichen Rücklagen seiner Frau Barbara bestreiten, was zu gelegentlichen Streitereien im Hause Kepler Anlass gibt.
    Seine Gattin wolle nicht »Hand an ihr geringes Schatzgeldlin legen, als würde sie darüber an den Bettelstab kommen«. »Frau Sternseherin«, wie sie in Prag gelegentlich genannt wird, ist unglücklich über die miserable Lage, sieht sich genötigt, an ihrer Kleidung und allem anderen zu sparen. Ihr Mann, in seine Studien vertieft, reagiert gereizt, wenn sie ihn zu Unzeiten mit häuslichen Dingen belästigt. Doch habe er sich in Geduld geübt und meine es gut mit ihr, so Kepler. »Es hat wohl viel Beißens und Zürnens gesetzt, ist aber nie zu keiner Feindschaft kommen, … wir haben zu beiden Teilen wohl gewusst, wie unsere Herzen gegeneinander seien.«
    Im Dickicht der Gestirne
    Als er im Juli 1609 von einer dreimonatigen Reise zurückkehrt, hadert der Mathematiker weder mit der Knauserigkeit seiner Frau noch mit dem Kaiser und seinem für die Finanzen zuständigen Kammerpräsidenten. Er kommt von der Drucklegung seiner Neuen Astronomie in Heidelberg und hat zuvor die Frankfurter Frühjahrsmesse besucht. Nun hält der Siebenunddreißigjährige einen großformatigen, prächtigen Band in den Händen, und einmal mehr erscheint es ihm als glückliche Fügung, vor neun Jahren nach
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